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Johann Adam Heusner

vulgo Roter oder Dicker Hann-Adam

Aus seinen Beinamen läßt sich schließen, daß Heusner eine gewisse Körperfülle besaß. Ferner erfahren wir durch einen zeitgenössischen Steckbrief, daß seine Haare braun waren, und er ein frisch rothes Gesicht hatte. Er war der Sohn des Viehhirten Tobias Philipp Heusner aus Grünenwört am Main, (dessen Vater Michael stammte aus Altenbuch bei Wertheim) und Maria Catharina Grasmann, einer Schwester des Johann Adam Grasmann vulgo langer Samel. Heusner war am 8. Mai 1779 in Mümling-Grumbach geboren und wurde als Kind katholischer Eltern aufgrund der in der Gemeinherrschaft Breuberg geltenden Bestimmungen in der evangelischen Kirche zu Höchst getauft, wobei der Onkel Johann Adam, Johannes Grasmanns, Beisaß auf der Bruchmühle Sohn als Taufpate fungierte.

Grumbach
Johann Adam Heußner Eltern: Joh[ann]Phil[ipp] Heußner, Beysaß allda, u. Maria Catharina, uxor [Ehefrau] ejus [ebenda] Taufzeugen: Johann Adam, Joh[annes] Graßmanns, Beysaßen auf der Bruchmühle ehel[ich] lediger Sohn / geboren d[en] 8ten May Nachts um 11 Uhr getauft: d[en] 10.
Ein späterer Zusatz lautet: hingerichtet als Dieb u. Räuber mit seinem Paathen (Grasmann), der ihn verführet, am 5. Nov. 1814 bei Darmstadt.


An Geschwistern hatte er einen Bruder Stephan (*21.01.1783 auf der Bruchmühle bei Etzen-Gesäß), der ebenfalls zu den Odenwälder Räubern gehörte. Am 7. März 1786 wurde in Hetschbach eine Schwester Maria Elisabetha geboren, die eventuell später die Frau des herumziehenden Krämers Johann Adam Vogel geworden ist. In Rimhorn starb im Juni 1800 seine Schwester Eva Margaretha im Alter von 7 Jahren. Ferner existierte ein jüngerer Bruder Franz, der nach Heusners Verhaftung in Albersbach 1810 zusammen mit der Mutter ebenfalls in Darmstadt inhaftiert wurde, wo beide im Stockhaus an Lungensucht (Tuberkulose) starben. Im Kapuzinerkloster von Wertheim fand am 12. Januar 1800 Heusners Trauung mit Maria Barbara Kaufmann, einer Tochter des Daubenhauers und früheren Torwächters Johann Georg Kaufmann zu Freudenberg am Main, statt.

Heiratseintrag von Johann Adam Heusner und Maria Barbara Kaufmann. Die Trauung fand am 12. Januar 1800 im Kapuzinerkloster Wertheim statt

Eine Zeitlang wohnte Heusner nach seiner Heirat bei den Eltern in Vockenrod bei Wertheim und zog mit ihnen anschließend nach Wüst-Amorbach (Wald-Amorbach). Aus dieser Ehe ging mindestens ein Kind hervor – Tobis Philipp Heusner – wurde am 05. Januar 1801 in Rimhorn geboren.

Tobias Philip, des Johann Adam Häusner, eines Fruchthüters und Maria Barbara, geb. Kaufmännin, dessen Ehefrau Söhnlein ist, allhier geboren d. 5ten Januar, Nachts gegen 11 Uhr und den 6then eiusd. getauft worden. Gevatter war Tobias Philipp Häusner, ein Fruchthüter, des Kindes Großvater


Bei Brill lesen wir folgendes:

…ein noch lebender Vater, Tobias Heusner von Grünenwörth bei Werteim gebürtig, ist der Sohn eines Hirten, und nährte sich bei und seit seiner Verheiratung mit Maria Catharina Grasmännin, einer Schwester des Mit-Inquisiten Johann Adam Grasmanns, gleichfalls als Hirt, Taglöhner und Korbmacher, indem er ohne festen Wohnsitz zu haben, an verschiedenen Orten in dem standesherrlichen Amte Breuberg und jenseits des Mains von den Gemeinden die Viehhüte übernahm. Diesen Ernährungszweig behielt derselbe bis vor etwa 6 Jahren, von wo er sich als sogenannter Kasten-Krämer und daneben auch auf dem Taglohn ernährt, und sich gleichfalls ohne festen Wohnsitz in den Ämtern Reichenberg und Schönberg besonders aufhält.

Inquisit hatte bei seiner Verhaftung noch drei Geschwister, die sämtlich jünger waren wie er. Einen Bruder, namens Stephan, der als Räuber und Dieb zu Heidelberg in der Folge verhaftet wurde und sich daselbst im Gefängnis erhängt hat (dieser führte den Spitznamen Langbeiniger Steffe); eine Schwester; die an einen herumziehenden Krämer Namens Johann Adam Vogel verheiratet ist und endlich noch einen Bruder, der mit seiner Mutter verhaftet, hier im Stockhaus an der Lungensucht gestorben ist.

Den Eltern, so wie seinen jüngeren Geschwistern steht durchaus nichts entgegen, was annehmen ließ, dass er nicht, so lange er bei ihnen sich aufhielt, zu einem ordentlichen Lebenswandel wäre angehalten worden. Während seinem ledigen Stande hielt sich Inquisit teils bei seinen Eltern auf, teils diente er in reiferen Jahren bei Bauern als Knecht.

Er war 21 Jahre alt, als er auf diese Weise bei einem Bauer zu Mehnert im Großherzogl. Frankfurtischen Amt Klingenberg diente seine Eltern aber in dem  benachbarten Orte Vockenrode das Vieh hüteten. Während diesem seinem Dienst kam seiner Mutter Bruder und Pate, Johann Adam Grasmann, auf dem Felde zu ihm, wie er eben mit Zackern beschäftigt war, schilderte ihm seinen Zustand in einem möglichst gehässigen Lichte und zeigte ihm dagegen, wie viel besser er es haben würde, wenn er mit ihm gehe, und bestimmte ihn auf diese Weise, einen Dienstherrn heimlich zu verlassen.

Inquisit nahm hierbei diesem ein Betttuch oder Kissenbezüge mit, in welche er seine Effekten packte. Er ging nach Laudenbach, wohin ihn Grasmann beschieden hatte, und traf hier solchen und dessen in seiner Gesellschaft gewesenen Schwager, Michel Herold. Heusner wurde nun von Grasmann zu kleinen Diebereien von altem Eisen, Ketten, alten Hacken und dergleichen angehalten. Er blieb auf diese Weise von Ostern bis Michaeli bei dem Grasmann, wo er denn nach Vockerode zu seinen Eltern, die daselbst noch das Vieh hüteten, zurückkehrte. Während dem er sich nun bei diesen aufhielt, lernte er seine Frau kennen, die nach Würzburg reisen und dort kurze Waren kaufen wollte, hierbei aber bei seinen Eltern, die sich mit der Beherbergung armer Leute abgaben, Nachtquartier genommen hatte, und wenige Tage nach dieser ersten Bekanntschaft wurden beide zu Wertheim in dem Kapuzinerkloster getraut. Diese seine, des Heusners, Frau ist eine Tochter eines sichern Johann

Georg Kaufmanns, der ehedem Torwächter zu Freudenberg war; dann Krämerei trieb und Daubenholz machte und den dieser Beschäftigung den Namen Daubenhauer führt. Sie hat mehrere rechte und Stiefgeschwister und unter ersteren eine Schwester, namens Elisabeth, die eine Zeit lang mit Georg Fehn, vulgo dicken Jörg und dann auch mit dem sogenannten kleinen oder Krämer-Johannchen, auch Schneider genannt, (Johannes Kinzinger) auch mit dem sogenannten Schmuh-Balser als deren Beischläferin herumzog und unter andern im Jahr 1805 bei dem Großherzogl. Würzburgischen Centamt Homburg verhaftet war.

Nach seiner Verheiratung blieb Heusner noch etwa ein Jahr bei seinen Eltern und zog dann mit diesen nach Wüstamorbach bei Umstadt. Hier kam Johann Adam Grasmann wieder zu ihm, und beredete ihn abermals, mit ihm zu gehen. Heusner blieb nun aufs Neue von Neujahr bis Ostern bei jenem, indem er mit demselben die kleinen Diebereien fortsetzte.

Die Lebensweise, bei der seine Frau dennoch betteln gehen musste, fing inzwischen an dem Heusner zu missfallen, und er entfernte sich daher wieder von Grasmann, und begab sich zu seinem Schwiegervater nach Monbrunn, und arbeitete mit demselben eine Zeitlang als Holzmacher in einem Walde bei Miltenberg. Auf Pfingsten, in einem Zeitpunkte, wo Heusner mit seinem Schwiegervater überspannt gewesen sein will, kam Grasmann wieder zu ihm und beredete ihn nochmals mit ihm zu gehen. Er zog mit demselben wiederholt bis zur Ernte auf die nämliche Weise wie früher herum: um die angegebene Zeit wurde er aber von seinem Vater bei Hammelbach abgeholt und mit nach Rimhorn genommen. Er wohnte hierauf hier mit seinen Eltern im Hauszins, und machte gemeinschaftlich mit seinem Vater Körbe, brach während dem Winter mit demselben Tannäpfel.

Heusner, der wahrscheinlich doch der Lebensweise, zu der er nach seiner Angabe von seinem Paten Grasmann angeführt worden war, mehr Geschmack abgewonnen hatte, als anhaltender Arbeit, blieb im mittelst nicht sehr lang bei seinen Eltern, sondern entfernte sich abermals von denselben in Gesellschaft des sogenannten Schrammbackigen Jörgs, (Georg Fontsch), und von nun an wurde er Dieb und dann Räuber von Profession.

Seine erste Ausflucht mit dem Schrammbackigen Jörg war nach Obernburg und von da nach Schippach, wo er die Bekanntschaft des sogenannten Mahnenjörgs und des Lumpenstoffels machte. Er kam bald nachher mit dem Balthasar Meinhard, vulgo Schmuh-Balser (Schmuh heißt in der Jenischen Sprache weibliche Scham) in Bekanntschaft, mit dem die obgenannte Schwägerin Heusners, Elisabeth, ebenfalls eine Zeitlang herumgezogen war, und welcher unter dem Namen Balthasar Grünewald in dem ehemaligen Zuchthaus da hier gesessen und darin gestorben ist. Meinhard war ein Hauptgenosse des Schinderhannes und nach Heusners Angabe derjenige, welcher in jenes und anderer Gesellschaft am 25ten Mai 11801 einen Kurmainzischen Korporal zu Kleinrohrheim erschlagen hat.

Dieser Meinhard, der nach Heusners Aussage grade wie ein Schornsteinfeger die Leiter auf der Achsel des Nachts in den Ortschaften herumging und in ein Haus nach dem andern einstieg, bis er etwas fand, was der Mühe wert war, mitzunehmen, war sein Lehrmeister in nächtlichen Diebstählen, und der zu Mannheim im dasigen Zuchthaus verstorbene Peter Eichler, vulgo Hainstädter Peter, mit dem er später bekannt wurde, führte ihn zum Straßenräuber an, und er kam seinen Lehrmeistern nicht nur bald gleich, sondern übertraf sie auch. Selten war er auf einer Unternehmung ohne Gewehr bei sich zu führen, was gewöhnlich Pistolen waren, er stand bei seinen Genossen in großem Ansehen, erkannte keinen über sich, sondern war bei Haupt-Unternehmungen gewöhnlich der Anführer. Er führt den Namen dicker oder  Krämer, auch rother Hann-Adam, er zog als sogenannter Kastenkrämer herum, hatte gewöhnlich nicht unbedeutende Warenvorräte und führte der Regel nach gute Pässe.

Von seinen ersten unter der Anleitung des Johann Adam Grasmanns begangenen Diebstählen sagt Heusner, dass sie nichts als Kleinigkeiten betroffen hatten. Im ersten Sommer, wo er mit jenem herumzog, stahlen sie unter andern, zu Breitenbrunn ein oder zwei Stücke Tuch, die von dem Eigentümer aus Vergessenheit auf der Bleiche liegen gelassen worden waren. Einmal musste Heusner zu Ober-Kinzig aus einer Scheune einen Sack Spelz fort – und bis nach Ober-Laudenbach tragen, wo Grasmann die Frucht mit dem Sack an einen dasigen Müller verkaufte. Heusner sagt, dem Grasmann sei keine Kleinigkeit zu schlecht gewesen, dass er sie nicht mitgenommen, und er ärgere sich noch, -dass er demselben bei solchen Lumpereien geholfen hätte.

So groß und vielfältig übrigens die von Heusner einbekannten Verbrechen sind, so begreifen sie doch noch nicht die Summe der von ihm begangenen. Er behauptet zwar beharrlich, dass kein größeres von ihm begangenes Verbrechen sei, das er nicht eingestanden habe, allein er sagt hinsichtlich geringerer Verbrehen, wohin er attentierte Straßenräubereien, Diebstähle durch Einbruch oder Einsteigen oder mit Führung von Waffen verübt, rechnet, selbst wenn man ihn noch fünf Jahre ins Verhör nehme, so würde er am Ende dieser Zeit doch nicht behaupten können, dass er alles angegeben habe, denn der Kleinigkeiten könne er sich unmöglich alle noch so genau erinnern.


Die Verbrechen


PFISTER, LUDWIG: Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwald : enth. vorzügl. auch d. Geschichte d. Beraubung u. Ermordung d. Handelsmanns Jacob Rieder von Winterthur auf d. Bergstraße ; nebst e. Sammlung u. Verdollmetschung mehrerer Wörter aus d. Jenischen oder Gauner-Sprache / von Pfister. – Heidelberg, bei Gottlieb Braun, 1812.