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Johann Adam Wehner

vulgo kleiner Johann; auch Schnallenmacher, Hann-Adam

Johann Adam Treber

Johann Adam Wehner wurde um 1775 als unehelicher Sohn in Schwärzelbach bei Hammelburg geboren.

Bei BRILL, C.F. in den Actenmäßige Nachrichten von dem Räubergesindel in den Maingegenden, dem Odenwald und den angrenzenden Ländern Besonders in Bezug auf die in Darmstadt in Untersuchung befindlichen Glieder desselben. Zweite Abtheilung. Darmstadt 1815 lesen wir:

Er ist stark in den dreißig Jahren alt, und sein eigentlicher Name Johann Adam Wehner. Sein Vater, Johannes Wehner, war aus dem Fuldischen gebürtig, und hatte die Schafhut bei einem Hofbauer zu Schwärzelbach. Seine Mutter ist von Kirnach im Würzburgischen gebürtig und die Tochter eines dortigen Soldaten namens Lauck. Johann Adam Wehner ist beider unehelicher Sohn. Sein Vater verlies seine Mutter, trat in fremde Kriegsdienste und verheiratete sich in der Folge mit einem andern Weibsbild. Wehner war neun Wochen alt als seine Mutter, nachdem sie von ihrem Zuhälter verlassen worden war, nach Heiligenbrücken zog, wo sie sich mit Stricken und andern gröbern weiblichen Arbeiten ernährte. In seinem neunten oder zehnten Jahr verheiratete sie sich mit dem damaligen Hirten zu Heiligenbrücken, Gehret Lenz von Baunach oder wie Wehner an einem andern Ort sagt, Brunnenthal, und zeugte mit diesem noch zwei Kinder, eine noch lebende Tochter, und einen zu Walloschen verstorbenen Sohn. Nach dem Tod seines in der Folge auch zu Hain, Laufach und Walloschen Hirte gewesenen Stiefvaters, nährte sich Wehners Mutter mit ihm und seinen beiden Stiefgeschwistern dadurch, dass sie Gänse, Ziegen, Schafe, usw. zogen und verkauften, und zusammen auf dem Taglohn arbeiteten.

Wehner gibt an, dass ihn seine Mutter in seiner Jugend zur Schule angehalten, und ihm überhaupt nach ihren Verhältnissen eine ordentliche Erziehung gegeben habe. Er erzählt in dieser Hinsicht, dass er einmal einem Manne ein Messer mitgenommen habe, worüber ihn seine Mutter nicht nur scharf gestraft, sondern ihn auch angehalten habe, dass er dem Manne das Messer habe wiederbringen müssen. Währenddem Wehner sich bei seiner Mutter, die noch zu Heiligenbrücken lebet, und dort nur unter dem Namen Gehrerts-Greth bekannt ist, aufhielt, wurde er mit einem Kastenkrämer von Kleinwahlstatt bei Aschaffenburg, namens Adolph bekannt. Dieser nahm ihn mit nach Frankfurt, wo er unter dessen Anleitung für 15 Gulden, die seine Mutter aus dem eben bemerkten Handel mit Geißen, Ziegen, usw., und von ihrem Taglohn erspart hatte, kurze Waren einkaufte. Eben dieser Adolph gab ihm einigen Unterricht in dem Handel, den er dann zweit Jahre lang in Gemeinschaft mit seiner Mutter führte und daneben auf dem Taglohn, namentlich bei dem Hofbauer zu Frohnhofen gearbeitet haben will. Seinen Handel trieb er damals besonders in der Gegend von Aschaffenburg.

In seinem zwanzigsten Jahre machte Wehner zu Walldürn, während dem er in der Wallfahrts-Zeit daselbst auf dem Markt feil hatte, mit Maria Magdalene Borgerin von Künzelsau Bekanntschaft, nahm sie als Beischläferin zu sich, trennte sich sofort von seiner Mutter, und zog nach dem Hohenlohischen, nach Künzelsau und in dortige Gegend. Nach seiner Angabe nährte er sich in dieser Zeit außer der Krämerei mit kurzen Waren mit Mannemachen und dem Handel mit irdenem Geschirr. Er sagt, dass er sich auf die oben bemerkte Art ganz gut genährt haben würde, wenn seine Frau nicht so ausnehmend faul gewesen wäre, und auch etwas hätte arbeiten wollen: inzwischen muss er doch selbst eingestehen, dass er damals sich schon mit Felddiebereien abgab.

Mit der Borgerin hat Wehner zwei Mädchen gezeugt, von denen das älteste jetzt 13 und das jüngere 10 Jahre alt sein soll.

Er hatte acht Jahre mit derselben gelebt, und nach seiner Behauptung bis dahin, außer den vorbemerkten Felddiebereien von Obst, Kartoffel, usw. sich keines Diebstahls schuldig gemacht, als er im Anfang des Jahrs 1802 zu Aschaffenburg als verdächtig in Verhaft, und da man Waren bei ihm fand, die in der Yacht vom 1sten auf den 2ten Sept. 1801 zu Mömbris dem dasigen Einwohner Michael Fischer gestohlen worden waren, wegen des Diebstahls in Untersuchung kam. Wehner weigerte aber damahls seine Teilnahme an dem Diebstahl gänzlich und behauptete die bei ihm gefundene Waren gekauft gehabt zu haben. Auch bei feiner jetzigen Verhaftung blieb er bei dieser seiner älteren Behauptung stehen, indem er über den Erwerb der Waren näher angab, dass er einen Teil derselben auf dem Geißenhof von Johann Adam Heusner, und einen andern von dem sogenannten kleinen Justus, dem Sohn des in Marburg hingerichtet wordenen Stumpfarm’s, zu Romsthal gekauft gehabt habe. Wehner kennte indes gegen Heusner, der es in Abrede stellte, dass er einen Treil der Waren von ihm gekauft gehabt, nicht leugnen, dass er um selbige Zeit in Gesellschaft des kleinen Justus und seiner beiden Brüder, sodann dem Mannen-Hanjörg, ihm, Heusner, dem Schmuhbalser (Balthasar Grünewald), des Lutzen Jakob’s Jörg und dem Lumpen-Stoffel (Johann Christoph Schmitt) an der Lichtenau begegnet, und mit jener seiner Kameradschaft darauf ausgegangen war, in einem Ort in dem Kahlgrunde einen Krämer zu bestehlen; Wehner gab zugleich an, dass der Krämer, auf den es er mit seinen Spießgesellen abgesehen gehabt, ein zu Schollbrücken wohnender Tiroler gewesen, dass er aber von den andern zu Heiligenbrücken zurückgeblieben wäre. Eben dieser Tiroler soll nach Heusners Behauptung damals wirklich bestohlen worden sein. Die im Jahr 1802 gegen Wehner stattgefundene Untersuchung hatte die Folge, dass derselbe nach einem Arrest von einem viertel Jahr an das Kaiserl. Österreichische Militar abgegeben wurde.

Er kam unter das damals zu Kommodau in Böhmen garnisoniert haben sollende Regiment Collowrath, desertierte aber schon in den ersten zwei Monaten aus dem Arreste, indem er sich zwei Stockwerk hoch durch den Abtritt an einem Seil herablies. Als Ursache seiner Entweichung gibt er ebenfalls die Faulheit seiner damaligen Beischläferin an, die, wie er sagt, während er das Exerzieren lernen musste, nichts arbeiten wollte. Auf dem Geißenhof traf er wieder mit Heusnern zusammen. Nach seiner Angabe waren ihm zu Aschaffenburg alle seine Waren, und auch seine Hemden und Kleidungsstücke abgenommen, und zur Bezahlung der Kosten verkauft werden. Er war bei seiner Wiederzusammenkunft mit Heusner auf dem Geißenhof von allem entblößt, und musste deshalb seine noch besessen habende Soldaten-Montur verkaufen. Wehner macht hierbei die Bemerkung, man sollte selbst überlegen, ob man nicht, wenn einem von der Obrigkeit alles, und selbst der Rock vom Leibe weg zur Bezahlung der Kosten genommen würde; ob man da nicht auf jede Weise einen andern zu erhalten suche.

Durch diese seine Lage und die verführerische Reden J. A. Heusner’s, sagt Wehner, bin ich zum Spitzbuben geworden. Ungefähr sechs Wochen nach seiner Desertion von den österreichischen Truppen, traf er mit seiner, ihm nachgefolgt gewesenen Beischläferin, der oben erwähnten Borgerin, in der Gegend von Rosenberg wieder zusammen. Er zog nun eine Zeitlang mit einem hinkenden Kesselflicker und Schnallenmacher, aus dem Württembergischen, von dem er nur wissen will, dass er Jörg genannt worden, und dann auch mit einem Kesselficker Namens Johannes Matt umher. Mit der Borgerin lebte er nach seinem Wiederzusammentreffen nur kurze Zeit : er verließ sie dann gänzlich und verband sich mit der Tochter des sogenannten schwarzen Kristel’s oder Löffelhannes ( Johann Christian Valentin Oberländer ) mit welcher er in Hammelburg zusammentraf, und die damals von ihrem früheren Beischläfer schwanger war. Sie ist die bei den Gaunern bekannte Mariane. Ungefähr vierzehn Tage nach dieser Verbindung kam dieselbe zu Elm in der Wohnung des dasigen Einwohner Christoph Treber’s in die Wochen, seitdem legte sich Wehner zuweilen selbst den Namen Treber bei, so wie den auch öfters von ihm geführt wordenen Nahmen Lauck, der Geschlechtsname seiner Mutter ist. Wehner veruneinigte sich indes auch mit seiner neuen Beischläferin, verließ sie zu Kahl und legte sich nun die Tochter eines sichern Kesselflicker Müller’s, Namens Margreth, zu *). Er wohnte mit dieser zu Ramsthal in dem Huttischen Grund, wohin er sich den Schulz erwirkt hatte.

*) Nach Herrn Stadtdirektor D. Pfisters Actenmäßiger Geschichte usw. 2ter Thl. pag. 328. soll diese eine Schwester des sogenannten Überklug gewesen sein. Nach den weiteren Nachrichten daselbst wäre der Name der ersten Beischläferin des Wehner’s nicht Borgerin, sondern Burckhardin; jener versichert indes, dass sie Borgerin heiße.

Wegen eines Diebstahls, den nach seiner Angabe ein gewisser Edelmann begangen haben soll, kam er aber in Verhaft, indem man von den gestohlenen Effekten bei ihm gefunden hatte. Wehner entwich indes aus seinem Arrest, wurde jedoch kurz nachher wieder zu Mittelsinn mit einem andern Kerl Namens Adam Appel eingezogen. Die Zeit dieser seiner Verhaftung will Wehner nicht angeben können, sagt aber dass es etwa acht Tage nach seiner Entweichung aus dem Arrest zu Ramsthal gewesen, und er deshalb arretiert worden sei, weil er mit Steckbriefen verfolgt worden. Nach den Nachrichten, die Herr Stadtdirektor D. Pfister an der vorhin angeführten Stelle gibt, war es im Jahr 1804, Wehner fand Gelegenheit auch aus seinem Arrest zu Mittelsinn zu entweichen. Seine Beischläferin, die Margrethe, hatte er zu Ramsthal zurückgelassen, er traf nun wieder mit der Mariane zusammen und nahm diese zu sich. Er zog mit ihr ins sogenannte Bauland, kam zu Eibingen wieder in Arrest und wurde abermals an die Kaiserl. Österreichische Werbung abgegeben, und nach seiner Angabe bei dieser Gelegenheit mit seiner Beischläferin in dem Werbhaus zu Frankfurt priesterlich kopuliert. Wehner kam diesmal zu dem Regiment Fröhlich, von dem er aber ebenfalls desertierte. Er traf mit der Mariane, die ihm nachgekommen war, nach Verabredung in Elm bei dem oben benannten Treber zusammen. Wehner zog von hier in Gesellschaft seiner Frau in die oberen Maingegenden. Hier fand er den Johann Adam Heusner und verübte kurz hernach in dessen Gesellschaft den bei diesem sub No. 20. pag. 215, vorkommenden Straßenraub zwischen Buchenberg, Kalbach und Miskalbach. Won seinem Anteil an der Bette dieses Raubs schaffte sich Wehner nach seiner Angabe wieder sogenannte kurze Waren an, und trieb damit neben bei seine wenige Kastenkrämerei, indem sein Hauptgewerbe Raub und Diebstahl blieb. Im Jahr 1807 kam er zu Weyher in Arrest, woraus er aber im folgenden, 1808, ebenfalls entsprang. Auch hier in Darmstadt war Wehner, wie bei Johann Adam Heusner pag. 82 erzählt ist, in Verhaft, und entwich aus demselben mit vieler Verwegenheit, indem er mit einem andern Gefangenen die über vier Schuh dicke Mauer des Gefängnisses durchbrach, und dann noch zwei an zwölf Fuß hohe Mauern übersteigen musste, ehe er ins Freie kam. Wehner war damals zu Hammelbach in dem Großherzogl. Hessischen Amte Lindenfels mit dem Albert Kremer verhaftet, als Vagabund in das Stockhaus geliefert, und da man ihn weder seiner Person nach weiter kannte, noch von seinen Verbrechen einige Spur hatte, ungeschlossen in dem Gefängnis aufbewahrt worden. Später kam derselbe noch in Friedberg und zu Miltenberg in Verhaft. Nachdem er im Jahr 1811 auf seinem Transport von dem Großherzogl. Badischen Amte zu Krautheim (er war zu Hingheim als Vagabund arretiert worden ) in das Zuchthaus zu Bruchsal, wie Herr Stadtdirektor D. Pfister in seinem schon angeführten Werk, Thl. 1. pax. 53. seq. näher erzählt, entsprungen war, nahm er seinen Weg gerade nach Froschhausen, wo er bei den Jakob Junkerischen Eheleuten in dem Wirtshaus zum Ochsen, in dem er schon Jahre lang vertraut war, Aufenthalt fand, den in seinem Arrest gewachsenen Bart sich abnehmen ließ, die Kleidung wechselte, und sich dann nach kurzem Verweilen nach Frankfurt und von da jenseits des Rheins wendete. Er will nach seiner Angabe darauf in französische Kriegsdienste getreten und unter dem Regiment Latour d’Auvergne gedient haben, von diesem aber desertiert und darauf Willens gewesen sein, wieder in österreichische Militärdienste zu treten, in diesem seinem Vorhaben sich nah Böhmen gewendet haben, bei Eger aber als Vagabund verhaftet und auf dem Schub zurück transportiert worden, auf dem Transport indes der Bedeckung entsprungen sein. Nach seiner Angabe war dies nicht lange vor seiner damaligen Verhaftung geschehen.

Die Veranlassung zu dieser war folgende:

In der Nacht vom 15ten auf den 16ten Juni 1813 wurde auf dem Heiner See bei Laufach in dem Fürstentum Aschaffenburg ein Diebstahl mit Einbruch und Einsteigen begangen. Der, den erlittenen Diebstahl zuerst den Morgen gewahr wordene Bestohlene, Johann Gros, machte alsbald die Anzeige davon, und bewirkte bei dem einschlägigen Justizamt Rothenbuch die gewöhnlichen Ausschreiben. Der Ortsvorstand zu Jakobsthal erhielt das Ausschreiben in dem nämlichen Augenblick, als er eben im Wirtshaus um Begriff war einen sichern Andres Englert von Sindolsheim, der kurz vorher aus dem Zuchthaus zu Bruchsal entlassen, und neuerer Diebstähle verdächtig war, über seine Verhältnisse zu examinieren. Englert konnte sich nicht ausweisen, und vermehrte den Verdacht gegen sich darin, dass er sich einen Krug Wein füllen ließ, um ihn einem angeblichen Metzger von Gelnhausen zu bringen, der ihn im nahen Wald erwarten sollt? Der Ortsvorstand veranstaltete alsbald einen Streifzug, und ließ sich von Englert an den Ort im Walde führen, wo der angebliche Metzger auf ihn warten sollte. Einen solchen fand man indes nicht, dahingegen die Streifer in einer anderen Gegend des Waldes den J. A. Wehner antrafen, und ihn festhielten.

Er sowohl als Englert wurden zuerst an das Justizamt zu Rotbenbuch und dann in die Kriminalgefängnisse zu Aschaffenburg eingeliefert. Beide wollten sich indes nicht kennen, obgleich starke Verdachtsgründe vorhanden waren, dass sie am 13ten Juni zu Sindolsheim zusammen gekommen, am 14ten mit einander durch den Kudachshof gegangen waren, und obgleich beide sowohl auf dem Transport, als in ihrem Arrest zu Rothenbuch, wo sie unbemerkt zu sein glaubten, verdächtige Reden mit einander geführt hatten. Bei Wehner wurden verschiedene Gegenstände von dem Diebstahl auf dem Heiner See gefunden, die er auf dem Transport auf eine verdächtige Weise von sich zu schaffen gesucht hatte, allein er leugnete seine Teilnahme an dem Diebstahl, indem er vorgab – dass er die Sachen an dem nämlichen Morgen des Tag’s, wo er arretiert worden, von drei Kerls gekauft habe, von denen er nur zwei, und zwar auf eine unverdächtige Weise kennen wollte. Nach seiner späteren hiesigen Angabe, waren diese beide Kerls der Krämer – oder Porzellan – Hannes ( Johannes Vogt) und der Zunder- oder dicke Jörg ( Georg Fehn ) von dem dritten Kerl gab er an, dass es ein aufgeschossener, ihm dem Nahmen nach unbekannter Pursche von etwa 23 Jahren gewesen sei. Er gab also sehr überdacht als seine Verkäufer selbst zwei berüchtigte Diebe an, wodurch er seine Angabe über den Besitz von den gestohlenen Gegenständen, offenbar am glaubwürdigsten machen konnte. Seinen Namen gab derselbe anfänglich Johann Adam Wehner an, allein zu dem Bekenntnis, dass er den Namen Kleiner Johann führe, seiner Bekanntschaft mit andern Räubern und Dieben, und noch weniger eines von den vielen, von ihm durch die in Heidelberg, Gießen und hier von ihm angezeigt wordenen Verbrechen konnte er allen Bemühungen des so tätigen und einsichtsvollen Inquirenten, Königl. Baierischen Appellationsrat, Herrn Hofmanns zu Aschaffenburg, nicht gebracht werden. Man hatte indes die bestimmteste Anzeigen dass J. A. Wehner Niemand als der im Odenwald unter dem Namen Schnallenmacher oder Schnallenmacher- Hann-Adam, in der Wetterau, im Hanauischen, Fuldschen und dortigen Gegenden aber unter dem Namen Kleiner Johann bekannte Räuber war. Dies veranlasste den Herrn Inquirenten sich mit dem Stadtdirektor Herrn D. Pfister zu Heidelberg über die zweckmäßigste Weise in Korrespondenz zu setzen, wie und wo Wehner am wahrscheinlichsten durch Konfrontation mit vormaligen seiner Spießgesellen, die im Bekenntnis waren, zum Geständnis zu bringen sein möchte. Herr Stadtdirektor D. Pfister schlug Herrn Appellationsrat Hoffmann das Kriminalgericht da hier aus dem Grund vorzugsweis vor, weil Wehner mit dem hier gesessenen Johann Adam Heusner und Johann Martin Rupprecht eine größere Anzahl von Hauptverbrehen begangen hatte, als mit den in Gießen verhafteten Räubern und er durch eigne Ansicht die Überzeugung erworben hatte, dass Heusner, bei seinem bestimmten festen Charakter, am ersten geeignet sein möge, durch eine Gegenstellung den Wehner zum Bekenntnis zu bringen.

Der sich um öffentliche Sicherheit so verdient gemacht habende Herr Stadtdirektor D. Pfister veranlasste aber auch zugleich bei dem Großh. Badischen Hofgericht zu Mannheim ein Anschreiben an das Großh. Hessische da hier, durch welches dieses vorläufig ersucht wurde, dem allenfalls von dem damaligen Großh. Frankfurtischen Appellationsgericht zu Aschaffenburg wegen der Konfrontation des Wehner’s mit den hiesigen Inquisiten einlangen werdende Ersuchen zu entsprechen, und der Verfasser erhielt alsbald vom Großh. Hofgericht da hier, dessen Eifer zur Handhabung der Kriminal – Rechtspflege, und seine Bereitwilligkeit gegen auswärtige Behörden zu allem, was zu deren Beförderung dienen kann, bekannt ist, den Auftrag sich sogleich mit dem Herrn Appellationsrat Hoffmann in Relation zu setzen, und die Konfrontation so bald als möglich vorzunehmen. Diesem Auftrag gemäß benachrichtigte der Verfasser den Herrn Appellationsrat Hoffmann von seiner Bereitwilligkeit die Gegenstellung vorzunehmen, und überhaupt von seiner Seite so viel als nur möglich zur völligen Entdeckung des berüchtigten Räubers mitzuwirken. Der hohe Appellations-Gerichtshof zu Aschaffenburg ersuchte bald darauf auch das Großh. Hofgericht da hier noch besonders, dass dem Verfasser der Auftrag geschehe, die Untersuchung gegen den Wehner, in so weit die Einwirkung der hiesigen Inquisiten dabei nützlich sein könne, vorzunehmen, und so wurde dann Wehner am 11ten Jenner vorigen Jahrs an das hiesige Kriminalgericht eingeliefert. Der kleine Johann hatte bereits, wie schon oben bemerkt worden, unter dem falschen Nahen Johannes Jahn mit dem sogenannten Zunder-Albert (Albert Kremer) hier in Verhaft gesessen war aber daraus entsprungen. Über die Identität dieses Johannes Jahn mit dem kleinen Johann, hatte man schon früher durch die Aussagen des inmittelst zu Würzburg in Verhaft gekommen gewesenen Albert Kremers, welche von dem dasigen damahligen Hofgericht mitgeTeilt worden waren, so wie später durch die Angaben I. A. Heusner’s und Grasmann’s völlige Gewissheit erlangt. Auf diese Wissenschaft wurde der Plan gebaut, sich nicht nur vorerst selbst zu überzeugen, ob Wehner der berüchtigte Räuber kleine Johann sei, sondern ihn auch selbst eintretenden Falls zu überzeugen, dass man ihn schon kenne. Sogleich bei seiner Ankunft da hier, befragte man ihn: ob er schon hier eingesessen habe ? er erklärte in einem mürrischen Ton : auf dem Jahrmarkt sei er schon als Krämer gewesen, aber eingesessen habe er hier noch nie. Man ließ ihn sofort, ohne weiter mit ihm in nähere Fragen einzugehen, in das nämliche Gefängnis, aus dem der vorgebliche Johannes Jahn durchgebrochen war- wohl verwahrt allein und so setzen, dass er mit keinem andern Gefangenen sprechen konnte, sondern sich selbst überlassen war.

Am 2ten Februar wurde das Verhör mit ihm angefangen. Man hatte dem oben bemerkten Plan gemäß den, zur Zeit als der angebliche Johannes Jahn durchgebrochen war, bei dem Stockhaus angestellt gewesenen Verwalter vorkommen lassen, und diesem den Wehner, solchem unbemerkt, zur Rekognition ob es der hier durchgebrochene Johannes Jahn sei, vorgestellt. Wehner wurde dafür von dem Verwalter sogleich erkannt, und man ließ sofort denselben in des letzteren Gegenwart alsbald vorführen, und stellte ihm, nach der gewöhnlichen Ermahnung zur Wahrheit, die Frage wiederholt : ob er schon hier in Arrest gesessen habe? Er bejahte nun solches, indem er zugleich verlegen sich nach dem gegenwärtigen Verwalter umsah; man ging nun weiter auf den Namen unter dem er hier gesessen, über die Ursache der Verschiedenheit seines jetzigen Namens und dem, den er sich vermahlen gegeben hatte, den Ort wo er damals arretiert, sodann aber auf die Frage über, ob er allein oder mit noch anderen verhaftet werden sei, und nachdem er auch hier nach einigem Sträuben genügend geantwortet hatte, zu dem Umstand, wer der mit ihm arretiert gewordene, gewesen sei. Davon wollte Wehner nun anfänglich weiter nichts wissen als dass derselbe ein Rattenfänger gewesen, aber weder dessen Namen angeben können, noch weiter ihm etwas von dem selben bekannt sei ; endlich gestand er indes, dass der mit ihm arretiert gewesene, Zunder – Albert genannt worden, und derselbe einen Sohn habe, der Veit heiße.

Auf die ihm darauf gestellte weitere Frage : ob vor seiner und des Zunder – Alberts Arretierung noch andere in ihrer Gesellschaft gewesen seien ? gab er nach einigen Wendungen an : sie wären mit Leuten zusammen gewesen, welche Krämer gewesen seien, den einen derselben habe man den kleinen, den andern den großen Hann-Adam genannt, und dann habe der kleine Hann-Adam noch einen Bruder, der Steffen heiße, von dem er aber nicht bestimmt angeben könne, ob er auch bei ihnen gewesen sei. Nun ließ man plötzlich den J. A. Heusner dem Wehner unter das Gesicht bringen. Gleich bei dessen Anblick erklärte Heusner dies sei der kleine Johann. Man forderte darauf den Wehner auf zu sagen: ob er den ihm gegenüberstehenden kenne; und er erklärte dann, das sei der kleine, auch dicke Hann-Adam.

Er, Wehner, heiße Hann-Adam, sei aber in der Wetterau auch kleiner Johann genannt worden: es gebe aber noch einen, welcher der kleine Johann genannt werde. Wehner wandte sich dann näher gegen Heusner mit der Äußerung: „Du bringst mich da in einen schönen Schlamassel; ich wollte dass Du am Frankfurter Galgen hingst, wo Du längst hin gehört hättest“. Lächelnd antwortete ihm Heusner: „Du brauchst nicht zu sorgen; an den Galgen werden wir alle beide schon kommen, und es wäre schade, wenn Du nicht in meiner Gesellschaft wärst“. Heusner erklärte sodann dem Wehner noch, er habe gesagt was die Wahrheit sei, und ihm nicht zu viel zur Last gelegt der andere kleine Johann sei der Schneider, der seine, Heusner’s, Frau Schwester bei sich gehabt habe (Johannes Kinzinger).

Wehner wurde nun anders gestimmt; er erklärte: er werde die Wahrheit sagen, erwarte aber von ihm, Heusner, dass er ihm nicht zu viel werde nachgesagt haben. Beide Räuber wurden nun vertraulicher gegeneinander; Johann erzählte Heusner von seinen Schicksalen seit dem sie sich nicht gesehen hatten, und dieser dagegen jenem die Veranlassung seiner Arretierung, die Gelegenheit, bei der er einige Finger der einen Hand verloren, usw. Es wurde auch Grasmann und Rupprecht vorgeführt, beide erkannten den Johann als ihren alten Kameraden, und dieser umgekehrt auch sie. So war die Bahn gebrochen; man nahm sogleich den Straßenraub zwischen Schriesheim und Altenbach zum Gegenstand der Untersuchung, und Johann bekannte nun ohne weitere Umstände seine Teilnahme an diesem Verbrechen. Man ließ ihm am Ende des Verhörs seine Bande, so viel es mit Sicherheit des Verhaftes geschehen konnte, abnehmen, und etwas Brandwein, sein Lieblings – Getränke, reichen, und es gelang dem Verfasser durch diese und andere ähnliche kleine Gefälligkeiten, und sonstige humane Behandlung sich das Zutrauen dieses Haupträubers mit jedem Tage mehr, und zuletzt so weit zuzueignen, dass ihm solcher öfter das Versprechen, alle seine Verbrechen zu bekennen, auf eine Art gab, dass er fest überzeugt ist, dass es ihm gelungen sein würde, alle seine Übeltaten zu entdecken, wenn er nicht daran gebunden gewesen wäre, die Untersuchung nur auf die Verbrehen zu beschränken, an welchen die hier verhaftet gewesene Verbrecher entweder Teil genommen hatten, oder die von ihnen angegeben waren. Wehner wurde am 1ten April vorigen Jahres wieder an die Kriminalbehörde zu Aschaffenburg zurückgeliefert, wo er nun der ihn erwartenden gerechten Strafe entgegen sieht.

Die Karoline Höhnin will derselbe nicht als eigentliche Beischläferin, sondern nur als Magd bei sich gehabt haben. Noch vor seiner Wegbringung von hier, äußerte Wehner die Besorgnis, dass er zu Aschaffenburg härter würde bestraft werden, als wie seine hier eingesessene Gesellen, Johann Adam Heusner, Grasmann, Rupprecht, da man ihm aber dagegen erklärte, dass dieser ihre Strafe nicht gelinder sein würde, als die seinige; so erklärte er, dann wolle er gerne den Kopf verlieren, da er wisse, dass er das Leben verwirkt habe.

Wehner gab übrigens in dem Lauf der gegen ihn hier geführten Untersuchung den Aufenthalt des sogenannten Krämer: Johannchen oder Schneider (Johannes Kinzinger ) so genau an, dass dadurch dessen Verhaftung, der bis dahin als ein ehrbarer Galanterie-Krämer in dem Maingrund unangefochten herum gezogen war, bewirkt werden konnte. Mit dem bekannten langen Andres (Andreas Frank ) dem einzigen so viel man weiß, noch auf freiem Fuß sich befindenden Teilnehmer an dem Raubmord zwischen Hemsbach und Laudenbach, stand Wehner in besonderer Bekanntschaft. Durch ihn wurde derselbe unter andern in dem Ochsen zu Froschhausen eingeführt. Man versuchte es verschiedentlich den Wehner über den wahrscheinlichen Aufenthalt jenes berüchtigten Räubers auszukundschaften, allein er wich desfalsigen nähern zuverlässigen Angaben stets aus, so wie Wehner überhaupt sich etwas zu gute tut, keine Kochem Beyes entdeckt, und damit, wie er sich ausdrückt, Menschen unglücklich gemacht zu haben; er äußerte seine desfalsige Selbstzufriedenheit namentlich gegen den Protokoll führenden Actuarium kurz vor seinem Rücktransport nach Aschaffenburg, während der Verfasser nicht in der Verhörstube anwesend war.

Die Verbrehen, welche J. A Wehner in der hier gegen ihn geführten Untersuchung einbekannt hat, sind folgende:

Straßenräubereien:

1. Straßenraub beim Bastelshof No. IV.
2. Beraubung des Fuhrmannskarren auf der Herberge No. XI.
3. Raub bei Aschaffenburg auf der Spessarter Strasse No. XII.
4. Straßenraub bei Heubach. No. XVIII.
5. Straßenraub an einem Fußgänger bei Gelnhausen No. XIX.
6. Beraubung der Schrießheimer Juden No. XCVIII.
7. Straßenraub bei Hanau No. LXXI.
8. Beraubung eines Gutwagens bei Okarben No. LXXXIII.
9. Straßenraub bei Hauswurz No. LXIII.
10. Straßenraub bei Bieber No. LXXXIX.
11. Nach Fasc. W.W.W. Straßenraub im Altenkronauer Walde.
12. Straßenraub zwischen Düdelsheim und Hainchen. No. CXXXIX.
13. Beraubung zweier Juden im Walde bei Hainichen No. CXL.
14. Straßenraub bei Steinau. No. CV
15. Attentierter Raub bei Wimmersbach No. CXIV.
16. Nach Volumen Actorum IV. pag. 142 – Die Beraubung der Ochsentreiber im Fuldischen

Einbrüche und Diebstähle

1. Einbruch zu Neukirchen No. VII.
2. Dürrfleischdiebstahl zu Igelsbach No. C
3. Einbruch bei einer Frau ohnweit Babenhausen No. XXII.
4. Gewaltsamer Einbruch bei Gelnhausen No. CVII
5. Gewaltsamer Einbruch auf der Aumühle hinter Weihers im Fuldischen No. CVIII.
6. Diebstahl zu Gotzenhain im Isenburgischen No. LXXVII.
7. Einbruch zu Alzenau No. LXVI.
8. Fleischdiebstahl auf dem Silberhofe No. CXII.

PFISTER, LUDWIG: Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwald : enth. vorzügl. auch d. Geschichte d. Beraubung u. Ermordung d. Handelsmanns Jacob Rieder von Winterthur auf d. Bergstraße ; nebst e. Sammlung u. Verdollmetschung mehrerer Wörter aus d. Jenischen oder Gauner-Sprache / von Pfister. – Heidelberg, bei Gottlieb Braun, 1812.