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30. September 1810

Teilnehmer:

Johann Martin Rupprecht (Hessen-Martin)
Johann Friedrich Koch (Krummer Hannfriedel)
Johann Adam Treber (Kleiner Johann)
Wilhelm Vogt (Sohn des Porzellan-Hannes)
Friedrich Schütz (vulgo Manne-Friedrich)

Rohrbrunn im Spessart

Dieser Raub wurde am 30. September 1810 Morgens zwischen 2 und 3 Uhr im Spessart, unweit Rohrbrunn, an dem Kaufmann Johann Richard Söltel von Nürnberg verübt. Die Räuber waren ausgegangen, um in der Nacht einen Fuhrmannskarren vor einem Wirtshause aufzuschneiden und zu berauben. Es wurde auch wirklich einer aufgeschnitten; das sich aber fand, dass er bloß Säcke mit Wolle enthalte, so verliesen ihn die Räuber und setzten ihren Weg weiter fort. Oberhalb Aschaffenburg fanden sie in einem Dorfe wieder Frachtwagen vor einem Wirtshause stehen, es befanden sich aber Hunde dabei. Der Kleine Johann war auf diesen Fall mit Krähenaugen versehen und brachte auch wirklich den Hunden welche bei. Es krepierte aber nur einer der Hunde und sie mussten ihr Vorhaben aufgeben. Am anderen Morgen hatten sie die Frechheit, sich in das nämliche Wirtshaus zu begeben und sich von dem Wirte die Vergiftung seines Hundes erzählen zu lassen. Sie zogen dann weiter, um in der folgenden Nacht, bei einem im Walde leigenden, einzelnen Wirtshause, vor welchem auch Frachtwagen zu halten pflegten, ihr Heil zu versuchen. Sie kamen an, fanden aber keine solchen Wagen und traten nunmehr den Rückweg an. Auf diesem Rückwege führ eine Chaise an ihnen vorüber. Hannfriedel versuchte den Koffer abzuschneiden; er war aber angeschraubt oder mit Ketten festgemacht und darum mislang sein Versuch. Die Reisenden in der Chaise hatten inzwischen Unrath gewittert, und sdahen sich nach dem Koffer um. In dem selben Augenblicke sprang der Kleine Johann, welcher der Chaise gefolgt war, bei und schlug das eine Pferd mit einem Steine nieder. Die anderen kamen auch bei und schlugen mit ihren Prügeln auf den Chaisenkasten. Die Reisenden, welche das Commando des Einen der Räuber: “haltet die Pferde an, werft die Chaise um!” und das Schlagen und Werfen auf die Chaise bang gemacht hatte, sprangen heraus und entflohen; auch der Kutscher entsprang. Sämtliche wurden mit nachgeworfenen Steinen und Prügeln verfolgt, entkamen aber glücklich. Die Räuber brachen nun mit Gewalt den Koffer ab, zertrümmerten und plünderten ihn; eben waren sie im Begriffe, auch die Chaisenkiste zu plündern, als, auf die von den Entflohenen gemachte Anzeige, schon Hilfe herbei kam. Sie entliefen in den Wald, so eilig, dass sie mehrere Rollen Geld, 1200 Stück Brabanter Thaler, im Fond der Chaise zurückliessen. Der empfindlichste Verlust des Herrn Söltel war der seiner Messbücher, wovon sich jedoch später ein Teil im Walde fand. Sein Verlust an Geld und Effekten betrug, nach eidlicher Angabe 1200 fl.

PFISTER, LUDWIG: Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwald : enth. vorzügl. auch d. Geschichte d. Beraubung u. Ermordung d. Handelsmanns Jacob Rieder von Winterthur auf d. Bergstraße, Seite 70 Nr. XII


Am 30ten September 1810 fuhr der Handelsmann Johann Richard Söldel von Nürnberg, welcher die Frankfurter Messe besucht hatte, auf seinem Rückweg zwischen zwei und drei Uhr Morgens von Aschaffenburg ab. In seiner Gesellschaft waren Leonhard Murr, bei der General-Mauth-Direktion in Nürnberg angestellt, und der Commis eines Nürnberger Handelshauses nahmens Starcke. Eine kleine Viertelstunde von Rohrbrunn im Spessart, geschah plötzlich ein Schlag auf den Wagen und zugleich wurde gerufen: „ Halt, ihr Himmel -Sackerment! gebt Geld und alles her!“

Der Postillon sprang sogleich vom Bock und lief davon; auch der Handelsmann Söldel und Starcke sprangen aus der Chaise und sahen nach ihrer Meinung 7 bis 8 Kerl auf sich zustürmen ; einer der Räuber rief: „halt die Pferde und werft den Wagen um!“ Handelsmann Söldel und Starcke entsprangen; Murr suchte aber die Pferde durch Hiebe und Steinwürfe zum Laufen zu bringen: inzwischen warf einer der Räuber das eine Pferd zu Boden, und Murr, gegen den die Räuber nun mit Steinwürfen und Prügel vordrangen, suchte sich jetzt auch mit der Flucht zu retten. So wie er noch besonders angibt, so erhielt er einen Schlag auf den Kopf, dass sein runder Hut davon ganz eingedrückt wurde.

Mit diesen Aussagen der Beraubten , Handelsmanns Söldel und Handlungs-Commis Starcke , stimmt das Bekenntniss Johann Martin Rupprechts in allen wesentlichen Umständen überein: Rupprecht, Manne: Friedrich und Wilhelm Vogt lagen zusammen auf den sogenannten Pfaffenhöfen bei Ostheim im Fürstentum Hanau. Hier stieß der kleine Johann zu ihnen. Es wurde beschlossen , in den auf der Landstraße von Frankfurt nach Aschaffenburg liegenden Orten sich nach mit Kaufmannsgütern beladenen Karren umzusehen , und von ihnen zu stehlen, was für sie (die Räuber) brauchbar sein könne. Die Räuber zogen zu dem Ende von den Pfaffenhöfen auf das sogenannte neue Wirthshaus bei Hanau. Auf dem Wege dahin trafen sie den Hannfried , der sich zu ihnen gesellte. Auch Krämer- Matthes und der dicke Jörg waren bei ihrer Ankunft in dem bemerkten Wirtshause anwesend; diese wurden indess in die Kameradschaft nicht aufgenommen, da der kleine Johann wegen eines kurz vorher in dem Wald bei Hanau an einer Chaise durch Abschneiden der Koffers vorgefallen gewesenen Diebstahls mit ihnen in Uneinigkeit gekommen war, die bei dem jetzigen Zusammentreffen veranlasste, dass der dicke Jörg von dem Johann mit Hilfe Rupprechts tüchtig durchgeprügelt wurde.

Von dem neuen Wirtshaus aus zogen die andern Räuber hierauf nach dem Ort Kahl wo sie zwar mehrere Fuhrmannskarren auf der Straße vor dem Wirtshause antrafen, aber nichts davon stahlen, weil sie fanden, das ihre Ladung in Wolle bestand.

Am folgenden Tage zogen dieselben die Straße weiter nach Aschaffenburg hin. Manne Friedrich wurde in die Stadt geschickt, und musste eine Wurst und Krähaugen kaufen , die andern nahmen ihren Weg um Aschaffenburg herum.

Wilhelm Vogt wurde auf dem weiteren Weg zuerst nach Waldbessenbach hinein geschickt, um sich umzusehen ob da Frachtkarren übernachten würden. Er brachte die Nachricht, dass zwar dergleichen vor dem Wirtshaus hielten, aber von Hunden bewacht würden. Johann und noch ein zweiter gingen daher in das Ort hinein und warfen dem Hund die vergiftete Wurst vor. Inzwischen war der Hund nach der Aussage des Johanns von dem genossenen Gifte nicht krepirt, die Räuber fanden daher, wie sie des Nachts den Diebstahl ausführen wollten, die Frachtkarren noch von den Hunden bewacht und mussten mit leeren Händen abziehen.

Sie zogen nun auf gut Glück weiter nach dem Spessart. Sie kamen hier an mehrere Jägerhäuser (wahrscheinlich Rohrbrunn), konnten aber auch hier nicht ankommen, weil die Einwohner noch munter waren und Licht hatten. Die Räuber beschlossen , nun zurückzukehren und mitzunehmen , wozu sie Gelegenheit finden würden. Nachdem sie etwa eine Viertelstunde gegangen waren; so lagerten sie sich zum Schlafen an die Straße unter einem Baum mit der Verabredung, dass, wenn einer etwas kommen höre, er die andern benachrichtigen solle: Hier wurden sie nun zuerst einen vorbeireitenden Husaren gewahr und nicht lange hernach durch das Geräusch einer Chaise aufgeweckt, die, als sie sich aufmachten, eben in ihrer Nähe war. Der Hannfried, der kleine Johann und Rupprecht suchten den hinten aufgepackt gewesenen Koffer los zu schneiden, vermochten dies aber nicht, weil er aufgeschraubt war.

Der Postillon wurde, wie Rupprecht und der kleine Johann angibt, die Rauber hierbei gewahr und rief: „Wer da!“ hatte sich aber schon dem Bock herunter und in den Wald gemacht, als der kleine Johann die Chaise anrief: „halt!“ – Der kleine Johann und Rupprecht sprangen an beiden Seiten um die Chaise voran an die Pferde und ersterer schlug einem derselben, um sie zum Stehen zu bringen , mit seinem Prügel auf den Kopf, dass er zusammenstürzte. Den Schlag auf den Kopf empfing Murr, der mit seinem Säbel um sich hieb, von Manne-Friedrich. Nachdem Murr von den Räubern zuletzt auch genötigt war, sich mit der Flucht zu retten, so wurde der Koffer von der Chaise abgebrochen, der kleine Johann dagegen , oder, wie dieser behauptet, Hannfried, stieg in die Chaise und durchsuchte dieselbe. Erfand eine Chatoulle, ein Spanischrohr und eine Parthie zusammengebundener Spazierstöcke, so wie die Messbücher des Kaufmanns Söldel. Nach vollzogenem Raub wurde der Koffer gewaltsam aufgesprengt und die darin vorfindlich gewesenen Kleidungsstücke und Leibgerät in Bündel gepackt. Etwa eine Stunde von dem Ort des Raubs teilten die Räuber bei angemachtem Feuer im Wald, wobei die Messbücher zum Teil mit verbrannt wurden. Die Beute bestand nach Rupprechts Angabe außer den schon bemerkten Gegenständen , in 6 bis 7 Dukaten, einer goldenen und einer silbernen Uhr und drei goldenen Ringen. Die goldene Uhr kaufte Rupprecht heraus, zwei von den Fingerringen aber ließ einer der andern Räuber in ein Papierchen eingewickelt bei der Teilung, ohne es wahrzunehmen fallen, und Rupprecht unterschlug sie.

Die goldene Uhr besaß derselbe bei seiner letzten Arrestierung zu Ramsthal noch) und hatte sie der Ehefrau des Wirths Michel Widerspohrs mit 3 Carolin Geld, welche dessen Beischläferin von dem Verkauf des Batist’s, der auf der neuen Herberge bei Gelnhausen [Lieblos] nach Pfister’s Aktenmäßiger Geschichte 1. Thl. pag. 69 XI von einem Fuhrmannskarren gestohlen worden war, unterschlagen hatte. in Verwahrung gegeben. Man hat davon die Kriminal Commission der Großherzogl. Frankfurtischen Regierung zu Fulda in Kenntnis gesetzt, um dem Beraubten wieder zu seinem Eigentum zu verhelfen , bis jetzo aber keine Antwort erhalten.

Der Kaufmann Söldel schätz seinen Verlust auf 1200fl. Eine Specification von den einzelnen Gegenständen des (Beraubten wurde mit dem Verifikations- Protokoll nicht mitgeteilt. Nach jenes weiterer Aussage befanden sich in der Chaise noch 1200 Stück Brabanter Thaler, welche die Räuber nicht fanden. Als man dem kleinen Johann davon Eröffnung machte, äußerte er: „ ja, wenn wir die gefunden hätten, das wäre noch etwas gewesen , allein so war es nicht der Mühe wert, und hat doch viel Lärmen gemacht. “

BRILL, CARL FRIEDRICH: Actenmässige Nachrichten von dem Raubgesindel in den Maingegenden, dem Odenwald und den angrenzenden Ländern : besonders in Bezug auf die in Darmstadt in Untersuchung befindlichen Glieder desselben, Teil 2 Seite 328 Nr. 6