Nachtrag zu der aktenmäßigen Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwalde. Enthaltend vorzüglich auch die Geschichte der weitern Verhaftung, VerUrteilung und Hinrichtung der Mörder des Handelsmanns Jacob Rieder von Winterthur. Nebst einer neueren Sammlung und Verdollmetschung mehrerer Wörter aus der Jenischen oder Gauner-Sprache.
Inhalt
Ad Nrum. XXVIII. p. 79. Attentierter Einbruch zu Külsheim
Durch das Urteil des Großherzoglichen Hofgerichtes zu Mannheim vom 26. Nov. 1811 wurde der Sackschäfer zu Külsheim, Georg Reichert der Vater zu einjähriger, dessen Sohn Georg Michael Reichert zu dritthalbjähriger Zuchthausstrafe verurteilt. Der Mutter, Dorothea Reichert wurde der bisherige Arrest statt der Strafe angerechnet, der Sohn Anton und die Tochter Elisabeth Reichert aber wurden für klagfrei erklärt.
Ad Nrum. XLVII. p. 90. Straßenraub auf der langen Meile.
Nebst den schon genannten fünf Räubern hatten auch noch
- 6. Johann Adam Weis,
- 7. der schwarze Jung, und
- 8. Manne Friederich
hieran Theil. Dieser Letzte beharrte zwar standhaft bei seinem Leugnen, allein es ist, bei den übereinstimmenden Angaben des Hölzerlips, der diesen Raub neuerdings gegen Manne Friederich anzeigte, und Veit Krämers, welche am Walde bei Ostheim mit den Weibsleuten des Porzellanhannes beisammen waren, als die Räuber vom Raube zurückkamen, und in deren Gegenwart die Theilung geschahe, kaum ein Zweifel übrig, dass Manne Friederich auch hierbei beteiligt gewesen sei. Die Räuber waren mit Pistolen bewaffnet. Der Angriff war den Homburger Metzgern bestimmt, deren Ankunft der Schodenheinrich verrathen hatte; – allein die Räuber griffen zu früh an und so waren es Juden von Homburg und Wirheim, unter denen sich zwei Metzger befanden, welche angegriffen und beraubt wurden, es waren zwar der Räuber Viele, der Angegriffenen aber noch Mehrere, welche sich tapfer wehrten, so dass dem Porzellanhannes die Nase entzwei geschlagen wurde. Dessen ungeachtet siegten die Räuber. Sie erhielten jedoch nur etwas weniges Geld und eine Sackuhr, welche Hessenmartin unterschlug.
Ad Nrum. LVIII. p. 94. Einbruch und Diebstahl zu Bonnland
Unter den Teilnehmern blieb durch ein Versehen Georg Fehn, vulgo dicker Jörg, ungenannt, obschon ihm dieses Verbrechen S. 172 richtig auf seinen Stock gesetzt wurde.
Ad Nrum. LXXII. p. 102. Die Entwendung eines Brandweinkessels zu Obrigheim oder Diedelsheim bei Moßbach.
Durch mühsame Nachforschung hat sich ergeben, dass der Diebstaht im Jahre 1809 zu Neckarelz bei Moßbach wirklich verübt worden seie. Der Werth des Entwendeten ist eidlich bestimmt auf 37 fl. 12 kr. –
Ad Nrum. LXXIX. p. 104. Straßenraub bei Bieber
Auch der dicke Bub hat seine Teilnahme hieran zu Darmstadt eingestanden.
Ad Nrum. LXXXIII. p. 106. Beraubung eines Frachtwagens bei Okarben.
Der dicke Bub hat seine Teilnahme hieran zu Darmstadt einbekannt. Er nannte aber als weitere Teilnehmer auch den Martin Rupprecht, und einen Namens Heinrich.
Ad Nrum. XCVII. p. 111. Beraubung des Glaswagens und Totschlag des Fuhrmanns im Walde bei Mittelgründ
Der dicke Bub hat eingestanden, dem Vorspanner einen Schlag gegeben zu haben, wovon derselbe umgesunken seie; – doch versucht er, zu behaupten: er habe ihn nur auf den Arm getroffen. Johann Adam Heußner sagt: der Hirnschädel sei dem Manne entzwei geschlagen gewesen; er, Heußner, habe sein Schnupftuch, womit er den Mann gewaschen habe, nicht mehr brauchen können, so blutig sei es geworden.
In einem nachträglichen Verhöre gab der dicke Bub an der erschlagene Vorspanner sei dem Grasmann im Traume in einer weißen Gestalt erschienen, wie ihm dieser selbst erzählt habe, daraus könne man schließen, dass nicht Er, sondern Grasmann demselben den tödlichen Streich versetzt habe. Grasmann leugnete dieses und so auch die weitere Angabe, dass er dem Vorspanner einen zweiten Streich gegeben habe und behauptete dagegen, der dicke Bub habe jenem, mit seinem mit Blei ausgegossenen Stock, den tödtlichen Streich beigebracht. Der dicke Bub leugnete, einen solchen Stock gehabt zu haben.
Ad Nrum. XCIX. p. 115. Straßenraub zwischen Rheinheim und Spachbrücken auf den 100 Morgen
[Seite 102 bis 108, S. 120, 137, 227, 249 und 265 des Darmstädter Protokolls.]
Teilnehmer:
- Johann Adam Heußner,
- Ueberrheiner Wilhelm,
- kleiner Hann adam,
- Hannfried.
Am 21. März 1809 wurde dieser Raub an einem Juden, welcher sich seine Kramwaaren auf einem Schubkarren durch einen Christen führen ließ, verübt. Der Jude Simon Jacob war von dem Brennsbacher Markt zurückgekehrt und sehr vergnügt, weil er einen guten Markt gehabt hatte, er sah die vier Räuber unter einem Baume neben dem Wege stehen, hielt sie ebenfalls für zurückkehrende Krämerleute und sagte daher zu seinem Begleiter Johann Georg Strumberger und seinem Dienstmädchen Frommet, seht da kommen auch noch Leute vom Markt, wir wollen sie fragen, ob sie auch einen guten Markt gehabt haben.
Kaum hatte er dieses gesprochen, so erhielt er von einem der Räuber mit einem schweren Prügel einen Schlag auf den Kopf, dass er zu Boden stürzte, ein anderer der Räuber trat ihm auf den Hals und rief ihm zu: “Das Geld heraus!” der andere Räuber schrie: “Gebt das Messer her, ich will ihm den Hals abschneiden!” und erhielt darauf von seinen Kameraden zur Antwort: “Wenn er sich mussrt, so schneide ihm den Leib auf, und nimm ihm das Gebütz heraus!” Nun wurde der Jude ausvisitirt, und ihm sein Markterlöß und die Waaren genommen; nach vollbrachter Tat kommandirte der, welcher den Juden niedergetreten hatte, seine Kameraden zum Abzuge, blieb aber noch eine gute Weile mit dem Fuß auf dem Hals des Juden stehen, welcher auf dem Bauche lag, so dass dessen Mussnd ganz in die Erde gedrückt wurde. Auch der Georg Strumberger erhielt gleich im Anfange einen Schlag auf den Kopf, der ihn niederschmetterte; er suchte sich aufzuraffen, einer der Räuber riß ihn aber wieder nieder, trat ihm auf den Hals, drückte ihn so heftig mit dem Fuße, dass er seine Besinnung verlor und erst dann wieder zu sich kam, als die Räuber entwichen waren.
Das Dienstmädchen Frommet wollte entfliehen, sie wurde aber von einem der Räuber eingeholt, mit Schlägen bedroht, ausvisitirt und gezwungen, sich neben den Strumberger auf die Erde zu legen, und so lange liegen zu bleiben, bis der Raub vollbracht war. Der Werth des Geraubten ist von den Beschädigten auf 50 bis 60 fl. Geld und 1100 bis 1200 fl. an Waaren angegeben. Die Verwundungen Strumbergers und des Juden waren sehr bedeutend und besonders der Erste kam durch die lange Kur in großen Schaden; das Geraubte war das ganze Vermögen des Simon Jacob.
Ad Nrum. CI. p. 116. Straßenraub im Baulande
Auch der dicke Bub hat seine Teilnahme hieran zu Darmstadt eingestanden. Bei ihm kommt Peter Petry unter dem Namen der schwarze Johann (er nannte sich bekanntlich damals Johann Wild) und Joseph Jacobi unter dem Namen der Siebmacher Joseph vor. Vielleicht sind beide auch von Andern unter diesem Namen benannt und bezüchtigt
Ad Nrum. CII. p. 116. Einbruch in Zuzenbach und Totschlag des Angelthurmer Martin
Nebst dem was unten, wo von Peter Eichler näher die Rede sein wird, vorkommt, ist hieher zu bemerken: dass nach Joh. Adam Heußners Angahe unter den Kochemern die Sage geht, der Angelthurmer Martin (Martin Ullrich, seines Gewerbs ein Sägenfeiler) seie nicht an der erhaltenen Verwundung gestorben, sondern dessen Ehefrau habe ihm, weil sie, ohne Gefahr verhaftet zu werden, nicht habe bei ihm bleiben und seiner warten können, das Gemäch eingedrückt.
Nach weiterer Angabe Heußners hatte auch noch ein ehemaliger Kais Oestr. Soldat an dem Einbruch zu Zuzenbach Antheil.
Ad Nrum. CIII. p. 117. Straßenraub zwischen Altenhaßlau und Höchst an Ochsentreibern
Den 13 Dec. 1808 wurde der Straßenraub verübt. Einer der Beraubten wurde wirklich durch einen Schuß verwundet. Der Jude Mayer von Schandern war es, welcher zu Pferde war und entkam. Er hatte 13oo f. bei sich; durch das Schießen wurde sein Pferd scheu, warf ihn ab und entlief. Mayer lief nach Altenhaslau, nahm einige Männer und eine Laterne mit zurück und war so glücklich, sein Geld im Walde wieder zu finden. Der Verwundete war Michael Martin, aus dem Amte Bischofsheim; er trug das Geld der andern Juden in einer Gurt, angeblich 1oo Carolins, welche ihm abgenommen wurden. Es geschah über diesen Vorfall keine förmliche Untersuchung, weil das Amt zu Höchst im Zweifel war: ob die Tat auf dem Großh. Frankfurtischen, oder auf Isenburgischem Territorio verübt worden sei.
Zwei Tage später lößte sich dieser triftige Zweifel; die Patroulle wurde über das, was die Beraubten erzählt hatten, vernommen, ein auf dem Platze vorgefundener Prügel, und ein eiserner Ladstock, ad depositum (sic ?) genommen und an das Amt Meerholz eine Requisition erlassen, worin die Räuber beschrieben wurden, so gut die Patroulle sie vom Hörensagen beschreiben konnte. Das Amt zu Meerholz beeilte sich hierunter seine Pflicht zu erfüllen, und fing auch wirklich einen verdächtigen, angeblichen Galanteriehändler ein, welcher sich Carl Hahn von Feldhoven nannte, und mit einem der beschriebenen Räuber viele Aehnlichkeit hatte.
Er wurde an die requirirende Behörde abgeliefert, von dieser wurde er aber sogleich mit dem Bedeuten zurückgeschickt: “dass man ihn, weil er, nach Angabe der Wirthin von Roth, zur Zeit des verübten Straßenraubs in ihrem Hause (wo er sich geraume Zeit, NB. Ohne alle bestimmte Veranlassung aufgehalten hatte, und von wo er vom 14 bis 16 December abwesend und am 17. ejusdem ohne die Zeche zu bezahlen, entwichen war) gewesen seie, als Complicem nicht überweisen könne; “ und dem dienstwilligen Amte Meerholz zugleich sehr freundschaftlich angedeutet: “es müsse sich selbst die Schuld beimessen, dass man ihm keine Kosten vergüten könne, übrigens aber möge es diesen sonst sehr verdächtigen Purschen scharf unter seiner Aufsicht halten.”
Wo solche Reciprocität an der Tagesordnung ist, haben die Gauner ein gewonnenes Spiel! – Es befand sich unter den Angegriffenen auch ein Handwerkspursch; dieser setzte sich zur Wehre. Er ging mit einem Stilet auf die Räuber los; der dicke Bub entriß es ihm aber, zerbrach es, und riß den Handwerkspurschen, vereint mit Stephan Heußner, jedoch nur mit Mühe, zur Erde nieder. Zweimal raffte sich der Handwerkspursch wieder auf; – endlich aber unterlag er verwundet und wurde ebenfalls beraubt. Der unbekannte Theilhaber hieran wird von Johann Adam Heußner und dem dicken Buben als ein Mainzer Soldat angegeben. Auf der Herberge bei Roth hatten sich die Räuber zu dieser Tat versammelt, indem ihnen Zinngießers Ludwig die Rückkehr der Ochsentreiber gebaldowert hatte. Sie begaben sich von da nach Lüzelhausen bei Geisliz zu dem Wirthe, an dessen Haus eine hölzerne Treppe in die Höhe führt und erhielten von diesem die Flinten, deren sie sich bei dem Rauhe bedienten.
Ad Nrum. CIV. p. 117. Straßenraub bei Usenborn
Johann Adam Heußner gibt S. 211 – 217 und S. 828 des Darmstädter Untersuchungs-Protocolls, diesen Straßenraub umständlich, jedoch mit der Abweichung an, dass er unter den Teilhabern den krummen Hannfriedel nicht, dagegen aber den kleinen Johann nennt, bei welcher Angabe er auch beharrt. Nach seiner Angabe hat der Usenborner Lips die Rückkunft der Juden aus Usenborn von dem Markt zu Gedern, gebaldowert. Der Angriff geschah im Walde zwischen Neuhof und Usenborn. J. A. Heußner und Stephan Heußner saßen, wegen dieser Tat, in Gedern, kamen aber wieder los.
Das Amt zu Ortenberg hatte dringende Vermusstung, dass der Usenborner Lips Theit an dieser Tat gehabt habe; – es wurden Steckbriefe erlassen. Ungefähr 8 Wochen nach dem Vorfall kam J. A. Heußner in Ensheim, dessen Bruder Stephan, Veit Krämer und der dicke Bube in Hainchen zu Haften, und wurden, durch Kurhessische Jäger, von dem Amt zu Ortenberg, welches auf Requisition des Amtes Gedern eine Visitation veranstaltet hatte und wohin also dieselben gebracht worden waren, sogleich an das requirirende Amt zu Gedern, in der festen Überzeugung abgeliefert, dass man sie da freudig annehmen, und den verbindlichsten offiziellen Dank für die so regsame Freundnachbarliche Dienstgefälligkeit erstatten werde, besonders da des beraubten Juden David Bruder Jzig von Usenborn dem die Visitation bewirkt habenden Commando eröffnet hatte, dass diese die wahren Täter seien, und da alle Vier, welche ihre wahre Namen zu Ortenberg angaben, mit schlechten Pässen versehen waren. – Aber wie sonderbar wurde der Beamte zu Ortenberg beim Schlaftrunk überrascht, als die ganze Clerisei mit Kreuz und Fahnen, und einer feierlichen auf Weisung der Stollbergischen Regierung in Gedern, erlassenen Protestation zurückkam, und ihm von dieser letzten zu vernehmen gegeben wurde, dass man nur den Usenborner Lips, nicht aber dieses Quadro verlangt habe, und ihm daher die Ausspielung des Quartetts überlasse.
Selbst die vier Revertenten fanden viel Jux an dieser Scene, und trieben, als der Amtmann zu Ortenberg, in gerechter Indignation, zum Fenster heraus, sie zum Teufel gehen hieß, und sich hoch und theuer vermaß, der Regierung zu Gedern künftig keinen Gefallen mehr zu thun, ihren Musstwillen so weit, dass sie gegen diese Loslassung brevimamuss, ebenfalls, voce alta, protestirten; Reparation d’honneur, Kosten- und Schadensersatz, freie Atzung und Herberge für die Nacht und die Zurückgabe ihrer Pässe feierlich verlangten, War es der Schlaftrunk oder der Schlaf selbst, war es der Unwille über die unfreundliche Anerkennung freundnachbarlicher Rechtspflege, oder war es augenblickliche Übereilung des Beamten, genug die vier Räuber wurden, nach ihrer Angabe, frei im Wirthshause verpflegt, erhielten am folgenden Morgen ihre Pässe zurück, und gingen, ohne dass ihnen auch nur ein Haar versengt wurde, wie einst die drei Männer aus dem Feuerofen in dulci jubilo davon.
Zum Glück wird hoffentlich, mit dem alten heiligen Römischen Reiche und der alten incrustirten Reichsstaatsrechtspraxis, jede Möglichkeit zu einem ähnlichen Vorfall dieser Art verschwunden sein.
Ich fühle selbst, dass diese Erzählung zu unglaublich erscheint, als dass ich von irgend einem rechtlichen Manne verlangen könnte, er solle sie so geradehin glauben, ohne wenigstens einigermaßen zu vermussten: es sei ein Missverstand untergelaufen, indem sonst ein Benehmen der Art durchaus unmöglich sei. Um diesen gerechten Scepticismusss zu beseitigen, lasse ich hier aus dem Protocolle des Amts Gedern, das Antwortschreiben dieses Amts in Extenso folgen;
Da hochlöbliches Amt man, wegen des beim Neuenhof verübten Straßenraubs, bloß wegen Arretirung des im Steckbriefe beschriebenen, bei gedachtem Raub erkannt werden wollenden Philipp Wiederspans ersucht hat, gegen die heute hierher geschickte Arrestaten aus dem Ueberschickten keine Indicia, wegen jenes Raubs, sich darbieten, man auch in dem letztern Schreiben lediglich wegen der in das Wirtshaus zu Hainchen gebracht worden sein sollenden Waren, Wohldasselbe aufmerksam machte, und ebenfalls eine Nachsuchung nach diesen Waren anheim gab, so kann man, nach eingeholter höherer Weisung, um so weniger die überschickten Arrestaten hier annehmen, da Hochlöbliches Amt zum wenigsten erst näher dieselben darüber zu konstituieren, und im Falle eines Verdachts, wegen Auslieferung derselben, anhero recurriren sollen.
Wohldemselben muss man also überlassen, gegen diese Leute, die allerdings nicht die ehrlich zu sein scheinen, und deren Pässe um so weniger sie als ehrliche Leute darstellen können, da sie nicht in dem Gebiete einheimisch sind, wo die Pässe erteilt wurden, und überhaupt wegen der Lage des dortigen Amts die Untersuchung geschwinder, wie von hieraus beendigt werden kann. Sollten sich indessen, durch diese Indicia wegen des mehrberegten Straßenraubs hervortun, so wird man, auf mitgethelte Nachricht, nicht entstehen, sie da hier anzunehmen. Der man die Ehre hat c.
Gedern den 9. Sept. 1808.
Der Raub wurde am 3o August 18o8 an dem Juden Legusch und David Dottorus, des Juden Judas Knecht, dem Johannes Gerhard und Johannes Severin, dann an der Tochter des Juden Legusch, Blümchen, verübt. Sämtliche wurden gemißhandelt, besonders die Letzte, welche nicht nur mit auf die Brust gehaltener Pistole bedroht und mit einem dicken Prügel niedergeschlagen, sondern auch auf eine eben so mussthwillige als unzüchtige Weise, auf der Erde liegend, ausvisitirt wurde. Sie erkannte bestimmt den Philipp Wiederspann aus Usenborn für einen der Räuber, und bestätigte dieses eidlich; auch der Jude Legusch selbst erkannte ihn dafür. Der Werth des Geraubten ist von beiden Juden auf 8oo bis 9oos. angegeben. Wiederspann wurde zu Haften gebracht, und mit ihm bei dem Amt Gedern eine weitläufige Untersuchung, im alten Canzleistyle, wobei eine Menge von Zeugen über prämeditirte Articulos et Interrogatoria vernommen wurden, geführt. Auch er hatte aber seine Responsiones ad Articulos et Interrogatoria prämedittrt und blieb der alten Lehre si fecisti nega, getreu. Was aus ihm geworden sei, ist aus dem vorliegenden Protokollar-Ertracte nicht zu ersehen; wohl aber ergab sich später, dass er in dem Zuchthause zu Marienschloß sich befinde und von da nach Giesen in das Stockhaus, zum Behuf der Fortsetzung der Untersuchung verbracht worden sei. Er bekannte hier seine Teilnahme hieran, so wie der scheele Peter und kam mit diesem darin überein, dass der kleine Johann Theit an diesem Raube gehabt habe; dahingegen nannte er, als weitere Teilhaber, den Veit Krämer und dessen Vater. Heidenpeter widersprach dieses und bemerkte dabei, dass Albert Krähmer damals im Fuldischen verhaftet gewesen sei. Wiederspann gab nun nach, dass Albert Krämer keinen Theil hieran gehabt habe, desto fester beharrte er dabei: Veit sei mit dabei gewesen; – obschon es mit der Angabe Görzels, dass der Raub nur in 5 Theile getheilt worden sei, im Widerspruche steht. Veit Krämer leugnete, Antheil an diesem Straßenraub gehabt zu haben, und berief sich desfalls auf J. A. Heußner, mit welchem er in allen übrigen Punkten übereinstimmt.
Ad Nrum. CV. p. 118. Straßenraub bei Steinau im alten Kronauer Walde.
Zinngießers Johann hatte die Ankunft der Juden verrathen. Die Eva Selzerin, Albert Krämers Zuhälterin, war bei I.A. Heußner und dem kleinen Johann; sie wurde von diesen in ein Ort bei Büdingen geschickt, um den Hessenmartin, Hannjost und den scheelen Peter zu holen, welche auch kamen. Zinngießers Johann zeigte den Räubern den Weg, und erhielt von der Beute zu seinem Antheile 2 Carolin, welche ihm die Krämerin brachte. Die Beute bestand in baarem Gelde und zwei Uhren. J. A. Heußner versichert, er habe zu seinem Antheil 118 bis 12o fl. und jeder der andern eben so viel bekommen. Albert Krämers Zuhälterin hat das ihr oben zu Last gelegte eingestanden.
Ad Nrum. CVII. p. 119. Gewaltsamer Einbruch zu Geislitz bei Gelnhausen
J. A. Heußner hat auch dieses Vergehen zu Darmstadt eingestanden, und stimmt in allen Hauptumständen mit Mathes Oesterlein überein; nur darin wich er ab: dass er den Namen des Orts anders angab; indem er dasselbe Lüzelhausen bei Geislitz nannte. Er gab jedoch nach, dass er sich in den Namen dieser beiden, nahe beieinander liegenden Orte geirrt haben könne.
Ad Nrum. CVIII. p. 120. Gewaltsamer Einbruch auf der Aumühle
J. A. Heußner hat seine Teilnahme an diesem Vergehen zu Darmstadt ebenfalls eingestanden; so umständlich und übereinstimmend in der Hauptsache, hinsichtlich der Tat selbst, seine Aussagen sind, so weicht er doch darin von Mathes Oesterlein ab, dass er unter den Teilnehmern den Veit Krämer nennt, welcher diesen Raub selbst gegen Oesterlein denuncirte, und von diesem nicht als Teilnehmer genannt wurde, und dagegen den Zinngießers Johann nicht, statt seiner aber einen Kesselflicker als Theilhaber nennt, welcher Ludwig heißen und gelbe Haare haben soll. Auf näheres Befragen gab J. A. Heußner nach, dass Veit Krämer, vielleicht wegen Krankheit, zurückgeblieben sei, dazu bestellt sei er übrigens, durch ihn selbst, gewesen; – der Kesselflicker Ludwig sei übrigens ganz bestimmt nicht der nämliche, welcher als Zinngießer in Steinau wohne und ein Schwager des großen Johann sei, denn diesen kenne er genau; – der sei nicht dabei gewesen. Zinngießers Ludwigsei es auch nicht gewesen. Mathes Oesterlein behauptet, übereinstimmend mit Veit Krämer, dass dieser zwar bei ihm gewesen sei, als J. A. Heußner ihn zu dieser Chaßne bestellt habe, Veit sei aber nicht dazu eingeladen worden, weil ihrer schon genug gewesen seien.
Beide kommen auch darin miteinander überein, dass sie behaupten: ein Zinngießer (von einem Kesselflicker Ludwig wollen sie nichts wissen) seie dabei gewesen, ein großer Mann. Veit Krämer behauptet, es sei der Zinngießer von Niederahl hinter Fulda.
Ad Nrum. CXXVIII. p. 131. Beraubung der Tuchmacher bei Groß – Reicholsheim
Durch das inzwischen eingekommene Verifications-Protocoll hat sich ergeben, dass dieser Raub am 17. Februar 18o7, unter den schon erzählten Umständen, verübt worden sei. Auch hat sich dadurch bestätigt, dass dem beraubten Tuchmacher Joh. Peter Uhrich von Dorf-Erbach an Geld 75 bis 8o fl. und 6 bis 8 Ellen hellblaues wollenes Tuch, unter harten Schlägen und Todesbedrohung durch das ihm auf die Brust gesetzte Messer, geraubt wurden. Es wurde, durch die ausgesendete Mannschaft, schon am nämlichen Tage, ein verdächtiger Pursch eingefangen, welchen der beraubte Uhrich für einen der Räuber zu erkennen glaubte; das Reicholsheimer Protocoll sagt aber überall nicht, was aus diesem Purschen geworden sei. – – ** Der dicke Bub hat seine Teilnahme hieran nicht nur zu Darmstadt eingestanden, sondern auch den Jacob Erbeldinger, welcher ihn anfänglich gar nicht kennen wollte, zu gleichem Eingeständnisse gebracht. Auch dieser beschuldigt übrigens den Peter Eichler, dass er ihn zu Straßenräubereien verleitet habe.
Ad Nrum. CXXXIV. p. 134. Einbruch bei einer Wittwe unweit Remmlingen
Nach langem, vergeblichem Warten erhielt man endlich, durch die Gefälligkeit des Großh. Hessischen peinlichen Gerichts zu Darmstadt, die ihm unterm 1 May 1812 von der Fürstlich Löwensteinischen Justiz- Kanzlei zu Werthheim gewordenen näheren Notizen hierüber.
Nach ihnen wurde der Einbruch vor 8 Jahren zu Anspach im Amte Rothenfels bei Adam Lescherts Wittwe verübt. Der Werth des Entwendeten, an baarem Geld und Effecten betrug 506 fl. Nach den Angaben des I. A. Heußner hatte auch der Mainzer Hannes hieran Antheil.
Ad Nrum. CXXXIX. p. 136. Straßenraub zwischen Diedelsheim und Hainchen.
J. A. Heußner, welcher, wegen diesem Straßenraub, zu Windeken in Arrest gekommen, und ab instantia absolvirt worden war, hat seine Teilnahme hieran zu Darmstadt eingestanden, und das ganze Vergehen umständlich erzählt. Auch er stimmt mit den hiesigen Inquisiten darin überein, dass ein Einwohner von Diedelsheim, und zwar der Bruder desjenigen, welcher die Juden führte, ihnen die Ankunft derselben baldowert habe. Der wegen diesem Verbrechen zu Gedern in Untersuchung gewesene Pursch heißt nicht Wiedersumm, sondern Philipp Wiederspann aus Usenborn. Er war schon früher auch wegen dem nun von ihm eingestandenen Straßenraub bei Usenborn im Verdachte; konnte aber nicht zum Geständnisse gebracht werden; – dennoch wurde er, wegen andern kleineren Vergehen, als ein höchstgefährlicher Mensch, auf mehrere Jahre in das Zuchthaus verbracht.
Ad Nrum. CXLI. p. 189 und 244. Noch ein Straßenraub bei Königstein.
Auch der dicke Bub hat seine Teilnahme hieran zu Darmstadt eingestanden; und (pag. protocolli. 25. seq.) folgende nähere Umstände angegeben:
Als die Juden, welche, so wie sie, die Räuber, auf dem Altenburger Markte gewesen, an dem Platz, wo sie dieselben erwartet hätten, angekommen seien; sei der Zahnfranzen-Philipp aus dem Gebüsche, worin sie gelegen, hervor und auf die Juden unter dem Zuruf: “Halt! gebt eure Sachen her!” los gesprungen. Verschiedene der Juden, deren 10 bis 12 gewesen, hätten sogleich ihre Päcke abgeworfen und seien, der eine Bergauf, der andere Bergab gelaufen. Es seien auch Weibsleute bei den Juden gewesen, welche mit diesen, unter lautem Schreien, entsprungen seien.
Sie, die Räuber, hätten kein Schießgewehr, wohl aber dicke Stöcke bei sich gehabt, junge Baumstämme, welche sie, unfern des Angriffplatzes, geschnitten gehabt hätten. Mit diesen seien einige der Juden geschlagen worden; Er, Inquisit selbst, habe auch einem, welcher nach ihm geschlagen, einen Streich versetzt.