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Johann Adam Grasmann

vulgo Langel Samel, Großer Hann-Adam

Grasmann wurde am 20. Mai 1765 auf der Bruchmühle bei Etzen-Gesäß geboren.

Kirchenbuch Bad König > Taufregister 1734-1807, Bild 57 (www.archion.de)

Taufregister der evang. Pfarrei Bad König: Johann Adam Graßmann, gebohren den 20ten May. Eltern sind: Johannes Graßmann, ein Catholik, der sich auf der Bruchmühle aufhält, u. Anna Barbara, dessen Ehefrau. Taufzeuge ist Johann Adam May, ein Krämer, so sich in Fürstengrund aufhält. Getaufet am 21ten May

Sein Vater, Johannes Grasmann, ernährte sich teils mit Korbmachen, teils mit Taglöhner-Arbeit, mit Fruchthüten, und zuweilen auch als Viehhirte. Er hatte seinen Aufenthalt mehrere Jahre zu Fürstengrund und dann auf der Bruchmühle bei König in der Grafschaft Erbach. Grasmann hat noch drei Geschwister: einen Bruder, der zu Fürstengrund wohnte, und zwei Schwestern, von welchen die eine die Mutter des Mit-Inquisiten, Johann Adam Heusners, die andere aber an einen gewissen, auch mit Viehhüten in der Herrschaft Breuberg sich ernährt haben, den Purschen, Namens Herold, verheiratet war, aber verstorben ist.

Grasmann war mit des Vaters Schwester des Johann Adam Heusner, dessen Pate er auch ist, verheiratet und wie er angibt, mit derselben zweimal, einmal zu Höchst von dem dasigen lutherischen Geistlichen, und dann zu Otzberg von dem dasigen katholischen Geistlichen kopuliert worden.

den 3ten October [1786] wurden nach vorhergegangener 3maligen Proclamation öffentlich in der Betstunde copuliert, Johann Adam Graßmann, Johannes Graßmanns gemeinen Hirten zu Hetschbach, ehelicher, lediger Sohn mit Maria Elisabeth Heusner, Michael Heusners , gewesenen Hirten zu M. Grumbach , eheliche ledige Tochter.


Bei Pfister (1812) lesen wir weiter:

… Mit ihr hat er eine Tochter, die gegenwärtig ungefähr siebzehn Jahre alt ist.

Seit ungefähr 13 Jahren ist seine rechtmäßige Frau tot, und ungefähr eben so lang führte er bis zu seiner Verheiratung Elisabeth Müllerin von Ilbesheim im Großherzoglich Badischen als Beischläferin mit sich. Sowohl vor als nach seiner Verheiratung nährte sich Grasmann mit Korbmachen, Fruchthüten, oder als Viehhirte: als letzterer hatte er an mehreren Orten in der Grafschaft Erbach und in der vormaligen Herrschaft Breuberg die Viehhüte, teils gemeinschaftlich mit seinem Vater, teils allein übernommen. Zuletzt hatte er mit seinem Schwager Herold die Hüte des Viehes von der Gemeinde Hetzbach zwei Jahre lang. Bis dahin hatte er sich nach seiner Versicherung ehrlich ernährt, und mit Diebereien sich nicht abgegeben. Während er aber in Hetschbach die Viehhüte hatte, wurde er angeblich von einem dasigen Einwohner verleitet, in der Höchster Gemarkung zur Erntezeit Spelz zu strippen. Die Mutter [Anna Barbara] und Schwester hatten als arme Leute auch dergleichen Frucht gelesen, und Grasmann schüttete die von ihm gestohlene Spelze zu dieser gesammelten. Es waren, wie er behaupten will, zwei Schürzen voll, die er gestohlen hatte. Der Eigentümer der Spelz hatte aber unter solche Weizen gesät, und daran wurde bei einer Haussuchung die von ihm Gestohlene Spelz erkannt. Grasmann sollte mit seinem Schwager Herold deshalb arretiert und an das Amt nach Breuberg gebracht werden, nahm aber die Flucht, wie die zu seiner Verhaftung beauftragt gewesenen Zentknechte in seine Wohnung kamen. Er hatte damals, wie er angibt, eine Geise, schöne Kleider, und etwas Kartoffeln im Feld: alles dieses wurde in Beschlag genommen. Die Nacht kehrte Grasmann wieder in seine Wohnung zurück und erfuhr da von seiner Frau, dass die Zentknechte seine Kleidung und Geise mitgenommen hätten, die Kartoffeln aber verkauft werden sollen, sie auch habe schwören müssen, dass sie von seinem Bette nichts verbringen wolle. Dies bestimmte den Grasmann, sein Bett aufzupacken und sich damit fortzumachen, seiner Frau aber die Erklärung zu geben, dass, wenn es wegen der Spelz Weitläuftigkeiten gebe, er nicht wieder zurück und sie zu ihm kommen solle.

Bruchmühle Etzen-Gesäß

Inzwischen wurde seine wenige Habe gerichtlich verkauft, seine Frau erhielt davon 3o kr., und mit diesen in der Hand kam sie zu ihm. Von nun an zog Grasmann ohne festen Wohnsitz umher, und wurde Dieb und Räuber. Nach seiner Aussage ist der vorerzählte Vorfall die Ursache seines gegenwärtigen, wie er sich ausdrückt, Unglücks, indem er wiederholt versichert, dass er vorher nie einen Kreuzer entwendet gehabt habe. Feig von Charakter, gab er sich mehr mit nicht bedeutenden Diebstählen, als größeren Räubereien, bei denen mehr Gefahr zu bestehen war, ab: er beschuldigt seinen Paten, den Johann Adam Heusner, dass er ohne ihn nicht an letztere gekommen sein würde.

Er führt bei seinen Gesellen den Namen großer oder langer Samel, auch großer Hann-Adam und war unter diesen Namen beinahe allgemein den Einwohnern des Odenwalds persönlich bekannt, demungeachtet getraute keiner ihn fest zu halten: er war vielmehr, wie er selbst angibt, so allgemein bei den Landleuten im Odenwald gefürchtet, dass kein Bauer mehr nach eingebrochener Nacht sich in den Hof getraute, sobald es hieß: „der große Samel ist in der Gegend.“ So wie ihn Heusner beschuldigt, dass er es gewesen, welcher ihn zum Diebsleben zuerst angeführt; so gibt auch der zu Breuberg hingerichtete dicke Bube (Christian Haag), sodann der in Wiesbaden einsitzende sogenannte barfüßige Hannes (Johannes Fuchs), die er beide als Buben mit sich führte, und der hier inhaftierte Peter Fleck das nämliche von ihm an.

Grasmann war im April 1809 von der damaligen Großherzogl. Frankfurtischen Regierung zu Aschaffenburg unter seinem Gauner-Namen Samel als der mutmaßliche Anführer einer Räuberbande von 24 – 25 Mann signalisiert, und die an Großherzogl. Regierung da hier kommuniziert gewordenen Signalements auch in der hiesigen Provinz den Beamten mitgeteilt werden. Wie wenig aber dergleichen Vorkehrungen gewöhnlich ihren Zweck erreichen können, wenn besonders die Ortsvorstände nicht aus tätigen, redlichen Männern bestehen, davon liefert namentlich dieses Ausschreiben ein Beispiel. Der Schultheiß zu N. hatte auch ein Exemplar von jenen Signalements erhalten, allein statt die signalisierten Räuber und namentlich den Inquisiten einzufangen, gab er vielmehr solchem selbst davon Nachricht. Seine Frau (Beischläferin) erzählte, Grasmann wäre zu erwähntem Schultheiß gegangen, um einen Nachtzettel zu holen, dass sie auf der Juchhe hätten bleiben können. Bei dieser Gelegenheit habe der Schultheiß derselben erzählt: da habe er etwas, worin der große Samel und seine Mit-Konsorten beschrieben wären, und worin er, Grasmann, oben anstehe. Der Schultheiß habe darauf auch die Steckbriefe vorgelesen, worin er, Grasmann, und noch viele andere, etwa zwölf Mann, beschrieben worden wären, und worin, wie ihm, Grasmann, seine Frau nachher erzählt, gesagt worden, dass einige von ihnen russische Hüte, andere runde Hüte, mehrere rote Westen, einige auch blaue Überröcke angehabt haben sollten. –  So tritt der Fall ein, dass Polizeimaßregeln – welche zur Habhaftwerdung der Räuber dienen sollen, zu ihrem Gespötte werden.

Zum Deckmantel seines Raub- und Diebslebens handelte Grasmann mit Zunder oder porzellanenem Geschirr; eine Zeitlang führte er auch einen Kastenkram.

Derselbe leugnete seine Teilnahme an dem Diebstahl zu Grumbach, welcher seine Verhaftung veranlasste, bei der General-Untersuchung durchaus ab; in der hiesigen Untersuchung gestand er zwar zuerst freiwillig seine Teilnahme daran ein, allein von, anderen Verbrechen wollte er durchaus nichts wissen, und auch die bei dem Diebstahl gewesenen anderen Kerls nicht weiter kennen, sondern in der Trunkenheit von ihnen mitgenommen worden sein. Inzwischen war ein Pate, Johann Adam Heusner, zu einem aufrichtigen Bekenntnis seiner Verbrechen bestimmt worden, und durch ihn wurde auch Grasmann, der nichts weniger glaubte, als dass jener ein Geständnis ablegen würde, dahin gebracht, dass er freiwillig seine Verbrechen zu bekennen anfing.

In Mannheim saß ein gewisser Zimmermann, in dem man den sogenannten Schrammbackigen Buben zu haben glaubte. Die damals dort niedergesetzt gewesene besondere Untersuchungs-Commission wandte sich, um darüber näheren Aufschluss zu erhalten an das Kriminalgericht da hier mit dem Ersuchen, den Heusner und besonders Grasmann, von dem angegeben war, dass er den Schrammbackigen Buben als Knecht bei sich geführt habe, zu vernehmen. Heusner bestätigte dieses  letztere in soweit, dass Grasmann den Schrammbackigen Buben als einen geringen Jungen längere Zeit bei sich gehabt habe. Dieser wollte indessen davon nichts wissen, und noch weniger jenen kennen. Dies veranlasste eine Konfrontation zwischen ihm und Heusner. Auch hier wollte Grasmann noch ferner leugnen, allein da ihm Heusner erklärte: „Petter, wisst ihr wo wir halten? Wir zackern an der letzten Furche. Ihr wisst, dass ich an mehreren Orten gesessen und nichts eingestanden habe, hier aber hat man mich gelehrt, wo ich her bin: ihr versteht mich! “ da fiel er halb ohnmächtig an die Wand und versprach nun ebenfalls aufrichtig zu bekennen: von dieser Zeit an hielt er sein Versprechen.

Seinen letzten Überfall machte Grasmann am 9. März 1810 in Fränkisch-Crumbach. Nachdem er dort von einer Verletzung Heusners hörte, kehrte er in seinen Unterschlupf nach Albersbach zurück, wo ihn Elisabeth Müller erwartete.

Drei Tage später wurde das Paar fast zeitgleich mit Heusner verhaftet und ins Darmstädter Stockhaus gebracht. Am 5. November 1814 wurden der 35 Jahre alte Heusner und der 49-jährige Grasmann zusammen mit einigen ihrer Spießgesellen in Darmstadt enthauptet. Siehe: Hinrichtung einer Räuberbande

Die Taten des Johann Adam Grasmann


PFISTER, LUDWIG: Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwald : enth. vorzügl. auch d. Geschichte d. Beraubung u. Ermordung d. Handelsmanns Jacob Rieder von Winterthur auf d. Bergstraße ; nebst e. Sammlung u. Verdollmetschung mehrerer Wörter aus d. Jenischen oder Gauner-Sprache / von Pfister. – Heidelberg, bei Gottlieb Braun, 1812.