Zum Inhalt springen

Johann Jakob Erbeldinger

vulgo Mordbrenner

Jacob Erbeldinger wurde 1775 in Diedenhofen/Lothringen (Elsaß) geboren. Seine Eltern waren Nicolaus Erpeldinger und Maria Ramlinger.

Jakob Erbeldinger, 40 Jahre alt, ist katholischer Religion, aus Dudenhofen bei Thioville gebürtig, der Sohn eines daselbst vor 5 Jahren verstorbenen Taglöhners, verheiratet und Vater von 7 Kindern. Er hat noch vier Brüder, von denen der älteste das väterliche Haus hat, und einige Stiefgeschwister, deren Zahl und Geschlecht er nicht will angeben können. In seiner Jugend wurde er zwar zur Kirche und Schule angehalten, lernte aber nicht so viel, dass er lesen und schreiben konnte. Die Armut seines Vaters zwang ihn schon in früher Jugend, bei Bauern zu dienen. Im Jahr 1792, also in einem Alter von 19 Jahren, ließ er sich unter das damals in Luxemburg in Garnison gelegene Eigentümliche Regiment des Fürsten von Anhalt Zerbst anwerben. Er stand unter diesem Regiment sechs Jahre, bis dasselbe nach dem Tod des Fürsten von Anhalt-Zerbst nach Heidelberg und von da ins Tal Ehrenbreitstein marschieren musste, und hier unter das Kaiserlich Österreichische Militär untergesteckt wurde. Bei dieser Gelegenheit desertierte er und wandte sich in das Großherzogl. Hessische Oberamt Lichtenberg, wo er bis zu seiner Arretierung sich aufgehalten hat.

Er diente hier an verschiedenen Orten und bei verschiedenen Dienstherren als Knecht, wurde währenddem mit seiner jetzigen Frau, einer Tochter des zu Billings im Ober-Amt Lichtenberg verstorbenen Hirten Matthes Frank bekannt [Anna Catharina Frank (Ehe 5 März 1800 – Groß-Bieberau), insgesamt 9 Kinder], schwängerte sie unter dem Versprechen der Ehe, und wurde unter diesen Verhältnissen, ohne in irgend einer Qualität als Untertan rezipiert gewesen zu sein, vor 13 Jahren von dem Pfarrer zu Gross-Bieberau priesterlich getraut *). Seitdem lebte er zu Billings.

*) Nach einem Schreiben des Großherzogl. Pfarrers Hrn. Frei zu Gross-Bieberau an den Verfasser wurde Erbeldinger von ihm kopuliert, weil er 1) bei dem Ober-Amt Lichtenberg errichtete Ehepakten vorgezeigt hatte / 2) in dem, wegen des antizipierten Beischlafs von dem vormaligen Konsistorium erlassenen Strafdekret ausdrücklich bemerkt war, dass diese Leute kopuliert werden sollten – und es 3) rätlich war, dem aller Sittlichkeit nachteiligen, in dasiger Gegend so häufig gewesenen, und noch häufigen Zusammenleben unverheirateter Personen zu begegnen, und 4) aus eben diesem Grund der damalige Geistl. Inspector die Kopulation des Erbeldingers sehr eindringlich angeraten hatte.

Herr Pfarrer Frey hat nun hierunter zwar bei der Kopulation des Erbeldingers nicht gegen seine Amts-Pflichten gehandelt, allein umso mehr der Beamte, der die Polizei in ihrem ganzen Umfange zu respirieren hatte. Das Zusammenleben unehelicher Personen beider Geschlechter ist der Sitten-Polizei nicht weniger nachteilig, als der Sicherheits-Polizei. Denn der Regel nach haben die Menschen, welche in diesem Konkubinat leben, weder das Vermögen, um als Untertanen rezipiert zu werden, noch Mittel und Fleiß genug, um sich sonst ehrlich zu ernähren. Die natürliche Folge davon ist, dass sie den Unterhalt für sich und ihre Familien auf unerlaubten Wegen zu erhalten suchen, und eben diese Verbindungen eine Haupt-Quelle werden, aus denen Vagabunden und Gauner hervorgehen. Wenn aber die öffentliche Sittlichkeit dadurch auch gewinnt, das dergleichen Verbindungen durch die Hand des Priesters geheiligt werden; so verliert die polizeiliche Sicherheit dadurch umso mehr, da die Verhältnisse zu ihr damit nicht gebessert, sondern vielmehr in sofern noch verschlimmert werden, da durch die Kopulation dergleichen Familien ein gewisses Recht zu ihrer Duldung im Staate erlangen.

Die Sitten-Polizei erfordert, dass das Zusammenleben unverheirateter Personen beider Geschlechter nicht geduldet wird, und es wäre der Staat zu bedauern der hierzu nicht die Mittel hätte; der Sicherheits-Polizei muss aber daran gelegen sein, und sie muss es veranlassen, dass Personen, die aus einem außerehelichen Umgang Kinder gezeugt haben, nur dann durch die Hand des Priesters getraut werden und einen bestimmten Aufenthalt im Staate erhalten, wenn sie beide nicht allein sich als ganz unverdächtig – sondern auch so nachweisen können, dass sie das gesetzliche Inferendum an Vermögen besitzen, dass sie sich auf eine ehrliche Weise zu ernähren im Stand sind, und sonach als wirkliche Untertanen aufgenommen werden können.

Nach seiner Angabe wurde er zu allen herrschaftlichen und Gemeindelasten gezogen, ohne dass er es dahin bringen kennte, als Untertan aufgenommen zu werden, und er schreibt diesem seinem Verhältnis es besonders bei, dass er ich aus Not dem Räuber- und Diebsleben habe ergeben müssen. Er schaffte daneben auf dem Tagelohn, und machte Besen von Birkenruten, die er zum Verkauf herumtrug.

Lichtenberg- Stahlstich von Poppel nach Lange, 1840

Man hatte schon früher bestimmte Anzeigen, dass unter Einwohnern im Amte Lichtenberg eine förmliche Diebsbande bestehe und dass dazu namentlich die meisten der hier inhaftierten Teilnehmer an einem an dem Rent-Amtmann Hannessse begangen wordenen bedeutenden Diebstahl zu gehören schienen: man verfolgte die immer sich hierüber deutlicher gezeigt habende Spuren und war endlich so glücklich, von dem gegenwärtigen Inquisiten, Jakob Erbeldinger, Bekenntnisse zu erhalten, die die Vermutungen in Gewissheit setzten. Wie gefährlich diese Diebs- und Räuber-Bande unter eingesessenen Landes-Einwohnern, wenn sie nicht noch zeitig genug entdeckt werden wären, insbesondere für die öffentliche Sicherheit hiesiger Provinz: und das benachbarte Ausland würde geworden sein, dies zeigt nicht nur ihr Zusammenhang mit andern Eingesessenen in der Standesherrlichen Grafschaft Erbach und ihre Verbindung mit herumziehenden berüchtigten Räubern von Profession, sondern auch insbesondere dies, dass sie schon anfingen, bei Ausführung ihrer Diebstähle mit ausgezeichneter Verwegenheit nach Art und Weise der vormaligen Niederländer und Neuwieder Banden zu handeln.

Erbeldinger wurde durch den Tascher mit dem Johann Adam Heusner und Grasmann zuerst bekannt, und zwar nach jenes Angabe bei Gelegenheit, dass Tascher ihn mit zu solchen auf’s Feld nahm, um von ihnen Kuchen zu kaufen, die sie gestohlen hatten. Heusner machte in dem Lauf der gegen ihn geführten Untersuchung die erste Angabe gegen jene beide, indem er sie der Teilnahme an einem Straßen-Raub beschuldigte. Sie wurden darauf als Menschen von ohnehin üblem Ruf verhaftet und in das Stockhaus hierher zur Special-Inquisition eingeliefert.

Es war, wie Erbeldinger im Stockhaus ankam, gerade damals der dicke Bub von dem Amt Breuberg hier zur Konfrontation und man nahm Gelegenheit, ihn im Allgemeinen nach seiner Bekanntschaft mit dem Erbeldinger zu fragen, und da er solche bejahte, ihm dessen Verhaftung im Stockhaus zu eröffnen. Als man nun in der Folge den dicken Buben über den unter sub No. 3. vorkommenden Straßenraub bei Reichelsheim fragte, nannte er auch den Erbeidinger als Teilnehmer daran, was weder von Stephan Heusner, noch dem Peter Petry zu Heidelberg geschehen war. Man ließ den Erbeldinger sogleich vorführen. Dieser wollte anfänglich den dicken Buben gar nicht kennen; da ihm aber solcher selbst sagte, er sei der dicke Bub; so machte Erbeldinger auch keine weiteren Umstände mehr, seine Bekanntschaft mit ihm – und seine Teilnahme an dem bemerkten Straßenraub einzugestehen, und damit war die Bahn zu weiteren Bekenntnissen gebrochen.


Die bei Brill aufgeführten Verbrechen sind:

BRILL, C.F.: Actenmäßige Nachrichten von dem Räubergesindel in den Maingegenden, dem Odenwald und den angrenzenden Ländern Besonders in Bezug auf die in Darmstadt in Untersuchung befindlichen Glieder desselben Von C.F. Brill, Großherzogl. Hessischem Kriminal-Richter zu Darmstadt. Zweite Abtheilung. Darmstadt 1815


A. Verhaftete Räuber XI. Zu Darmstadt – 40. Jakob Erbeldinger aus Billings

Straßenräubereien:

1. Beraubung der Tuchmacher bei Großreichholzheim. No. CXXVIII.

PFISTER, LUDWIG: Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwald : enth. vorzügl. auch d. Geschichte d. Beraubung u. Ermordung d. Handelsmanns Jacob Rieder von Winterthur auf d. Bergstraße ; nebst e. Sammlung u. Verdollmetschung mehrerer Wörter aus d. Jenischen oder Gauner-Sprache / von Pfister. – Heidelberg, bei Gottlieb Braun, 1812.