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Wetterauer Bande Seite 392 – 442

Actenmässige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandener Verbrecher, Nebst Personal-Beschreibung vieler in alle Lande teutscher Mundart dermalen versprengter Diebe und Räuber – Von Friedrich Ludwig Adolf von Grolmann, Giessen 1813

XLII.) Johannes Borgener, vulgo Pohlengängers Hannes

Eingebracht den 1ten September

Signalement

Er ist 24 1/2 Jahre alt, 5 Fuß 4 1/2 Zoll groß, untersetzt, stark und breitschulterig. Haare und Augenbraunen sind bräunlich-blond, letztere karg; der Bart ist hellblond und schwach, ohne Seitenhaare. Sein Gesicht ist länglich, mehr schmal, als breit geformt; die Ohren stehen weiter nach hinten, als gewöhnlich. Die Stirne ist rund und klein, das Augenpaar hellbraun, irrenden Blicks, jedoch voll Lebhaftigkeit und Feuer. Die Nase ist grad, stark, platt, mit weiten Öffnungen. Er hat ein breites rundes Kinn und einen ziemlich großen Mund mit aufgeworfenen Lippen, besonders nach, unten. Auf seinem rechten Backen befindet sich eine ungefähr 3 Zoll lange nach oben hin doppelte Narbe, angeblich von dem Biss eines Hundes. Auf der rechten Seite des Scheitels hat er eine rundliche, ungefähr einen Zoll lange, dermalen ziemlich mit Haaren bewachsene Schlag-Narbe. Auf der linken Seite des Hauptes sieht man drei, Finger breit über dem Ohr eine dergleichen, welche aber etwas. kleiner, tiefer und dermalen noch ziemlich ohne Haare ist. Sein Kopf sitzt mehr als gewöhnlich in den Schultern, und hat starke vorstehende Backenknochen. In beiden Ohren trägt er Ringe.

Nie hatte er eine bleibende Wohnstätte. Sein angeblicher Geburtsort ist Romsthal, vulgo Romspel, bei Eckardenrot unweit Saalmünster. Neben der Gaunerei gab er sich ab mit Mahnen- oder Korbmachen, und wurde daher auch der Mahnenmacher oder Mahnenhannes genannt. Er bekennt sich zur katholischen Religion, und ist ein jüngerer Bruder des XVIII. beschriebenen Michael Borgener, vulgo Pohlengängers Michel.

Seine Beischläferin heißt Christine Grosin, ist angeblich geboren zu Hüttengesäß im Isenburgischen, und war mit Conrad Werner, der ihre Schwester Mariane zur Zuhälterin hatte, zu Langenselbold verhaftet. Die Mutter dieser beiden Weibsleute, Elisabetha Grosin, eine Schwester des hier sitzenden Jacob Heinrich Vielmetter (XXXI.), hütete zu Issigheim, im Hanauischen, die Gänse.

Christine Grosin, Borgeners Beischläferin, die mit ihrer Mutter an vielen Verbrechen desselben Schuld oder entfernten Anteil hat, ist ungefähr 40 Jahre alt, und etwa 5 Schuh groß ; hat schwarze Haare, gewöhnliche Nase und Mund, und ein rundes blatternarbiges Gesicht. Sie brachte ihm einen Buben zu, der sich Nicolaus Rüssel nennt, und jetzt 12 Jahre alt ist. Mit Borgener hat sie ein Mädchen von ungefähr 5 Jahren, namens Marianne; außerdem aber keine Kinder.

Schicksal

Der Vater des Inquisiten, Wilhelm Borgener, versilberte – wie wir wissen – sein weniges Vermögen, zog nach Polen, kam nach einigen Jahren wieder zurück, durchstreifte den Vogelsberg, und starb bei Schotten unter freiem Himmel. Die Mutter Elisabetha lebt noch, und hält sich in und um Gelnhausen auf. (S. XVIII.)

Inquisit gibt zwar seinen Eltern das Zeugnis, sie hätten ihn nicht zum Stehlen angeführt, im Gegenteil, wenn sie so etwas gemerkt, streng bestraft. Indessen wurde er doch durch ihre Lebenzart zum Landstreicher gebildet und der Gaunerei nahegebracht. Sein Bruder Michael war lange vor ihm Gauner, und nahm ihn schon mit zu Diebstahlen, als er noch nicht zur Hälfte erwachsen war. Früh geriet er dadurch in Bekanntschaft mit Adolph Diederich und andern vorzüglichen Gaunern. Jung, feurig, kräftig, aufrichtig und unerschrocken, wie er war, wurde er bald berüchtigt und gesucht, und blieb nirgends auf halbem Wege stehen. Schon im Jahr 1801 wurde er wegen Landstreicherei mit seiner Mutter im hiesigen Land eingezogen, und nach Gießen gebracht. Nach Verlauf einiger Wochen wurden beide, da keine besonderen Verbrechen gegen sie vorlagen, unter Landesverweisung wieder entlassen.

Am 18ten Februar 1808 kam er abermals zum hiesigen Stockhaus. Er war in dem neu akquirierten von Riedeselischen Gebiete aufgegriffen und eines Schaf-Diebstahls beschuldigt. Die Untersuchung gab keinen vollständigen Beweis; er erlangte daher nach etlichen Wochen, unter Landesverweisung abermals die Freiheit. Beide Male war er im Vogelsberg arretiert worden, und die zweite Landesverweisung wurde mit seinem Signalement in die Zeitung gesetzt. Dies wahrscheinlich und die Eifersucht, die zwischen beiden Brüdern herrschte, trieb ihn aus dieser Gegend. Er zog nun höher hinauf nach der Wetterau. Die Verbindung mit seiner Beischläferin Christine Groß verschaffte ihm bald nähere Bekanntschaft mit der Wernerischen und Vielmetterischen Familie, wie sich aus der Genealogie Nummer XXXI. entnehmen lässt. Jetzt war sein Haupt-Aufenthalt im Hanauischen und Isenburgischen, wo seiner Beischläferin Mutter, und mehrere Glieder der Familie Werner und Vielmetter, Schutz und Aufnahme genossen. Bedenkt man, dass das Hanauische Gebiet, nach dem Sturz der alten Regenten-Familie, lange Zeit ein verwaistes, bloß administriertes Land war, und die Durchkreuzung seines Territorial -Umfangs von fremdem Gebiet noch dazu jede solide Polizei-Anstalt lange darin erschwehrte; so sieht man, dass alle Umstände dahin wirkten, den Inquisiten bei obiger Verbindung zum vollendeten Räuber zu machen, und wie es möglich war, dass er ohne Scheu und ungehindert mehrere Jahre sein Unwesen fort. treiben konnte, wodurch er immer tollkühner und verwegener wurde. Im Jahr 1809 war er zwar wegen getriebenen Unfugs mit Kindern, die er mit gezucktem Messer zwischen Kilianstädten und Wachenbuchen auf öffentlicher Straße verfolgte und ihres Brotes beraubte, zwanzig Wochen zu Hanau in Arrest. Allein dieser Vorfall war, da kein förmliches Urteil ihn condemnirte, bald vergessen, – und einer Untersuchung, die ein Jahr später zu Bergen gegen ihn eingeleitet werden sollte, wusste er sich durch Ausbruch aus dem Gefängnis bald genug zu entziehen.

Jetzt hatte die Untersuchung zu Burggemünden, die den Grund zur hiesigen Räuber-Untersuchung legte, ihren Anfang genommen, und Inquisit war dabei als Dieb angegeben worden. Ob man gleich aus den dortigen Angaben nur wenig, oder eigentlich) gar nichts Bestimmtes abnehmen konnte ; so veranlasste dies doch seine Aufnahme in das Gauner-Verzeichnis, das im Oktober 1810 in Gießen auf Verordnung des um die Sicherheits-Polizei sehr verdienten Herrn Regierungs-Präsidenten Freiherrn von Stein verfasst, und den Benachbarten von Großherzoglicher Regierung mitgeteilt wurde. Nach und nach erfuhr man durch die hiesige Untersuchung mehreres über seine Verbrechen. Man kommunizierte nunmehr noch besonders mit den Behörden im Hanauischen Lande, das seinem neuen Regenten eine bessere Polizeiverfassung verdankte. Inquisit wurde hierauf ergriffen und ohne Umstände hierher geliefert. Am 2ten Sept, 1811, am Tag nach seiner Einlieferung, begann sein Verhör und das Geständnis seiner Verbrechen. Es war in allen zur General-Untersuchung gehörigen Punkten bis zum 5. Dezember vollendet.

Charakter

Folgende Grund-Linien bezeichnen seinen Character.

Er ist aufrichtig, wahrheitsliebend, beherzt, leichtsinnig, feurig, schnell hingerissen, jedoch bei einmal gefasstem Entschluss standhaft; dankbar, aufbrausend, racheliebend, in jeder Hinsicht wollüstig und unangenehme Empfindungen scheuend; begabt mit lebhafter Einbildungskraft; gutem Gedächtnis und überwiegendem Hang zu guter Laune; bei hellem Verstand, doch öfters reiflicher Überlegung und Nachdenken ermangelnd; naiv, selbst zu Zeiten witzig; etwas eitel, musikliebend, selbst musikalisch; sanguinisch, unbekümmert um die Zukunft, und mehrenteils lustig. Er tentierte während seines hiesigen Arrestes nie einen Ausbruch. Man erinnert sich nicht, dass er irgendeine Züchtigung erhielt oder notwendig machte. Er schien dem Verfasser, der seine Untersuchung allein führte, und ihm wegen seines ordentlichen Betragens einige kleine Wohltaten erwies, sehr zugetan und verpflichtet.

Verbrechen

1.) Straßenraub im Büdinger Wald

Teilnehmer:

Georg Philipp Lang, vulgo Hölzerlips (in Heidelberg am 31. Juli 1812 enthauptet)

Mathäus Oesterlein, vulgo Krämer- Mathes (in Heidelberg am 31. Juli 1812 enthauptet)

Konrad Werner, vulgo Gräu- oder Krüg-Konrad, auch schwarzer Konrad, (Am 25. Sept. 1812 in Offenbach hingerichtet)

Johannes Werner, vulgo Gräu- oder KrügeHaunes, auch Wutwutwut. (Starb zu Offenbach im Gefängnis, und wurde mit einem Strick um den Hals unter den Galgen begraben.)

Dicker oder krummer Görg. (Heißt wahrscheinlich Georg Fehn und ist noch in Freiheit)

Die Beraubte und Misshandelte waren die Butterhändler Carl Nagel von Waldensberg, und Paul Bell nebst Ehefrau von Vierstein. Sie erlitten bedeutende Verletzungen. Der Wert des Geraubten ist eidlich erhärtet auf 126 fl. 20 kr;

2.) Straßenraub im langen Wald, beim dreieckigen Stein unweit Hainchen. 17. April 1811

Teilnehmer:

Conrad Werner

Johannes Werner

Dieser Raub geschah an dem Juden Herz (Heyum) Strauß von Lindheim, und Salomon Meyer Katz von Himbach. Sie gingen mit einem Christen, Johann Peter Altvater, von Hanau nach Lindheim. Dieser trug ein Reff, worin sich Welschkorn befand, warf solches ab, als die andern angegriffen wurden, und entsprang. Die Juden wurden unter starken Misshandlungen beraubt. Die Beute war, gegen Erwarten der Räuber, unbeträchtlich. Sie bestand in etwas über 3 fl. an Geld und etwa 15 bis 20 Gulden an Effekten.

3.) Straßenraub bei dem Kinzigheimer Hof, unweit Hanau. 17. April 1811

Teilnehmer: Die Vorigen.

Auf dem Rückweg von dem vorigen Straßenraub griffen die Räuber am angeführten Ort eine Butter-Frau aus Lisberg an, welche nach Hanau wollte. Die Beute bestand in 40 Pfund Butter, einem Kaffeekessel und ein paar Schuhen. Wert 18 fl. 50 kr.

4.) Notzucht. 17. April 1811

Beide Werner hatten die Reuße der in voriger Nummer erwähnten Butterträgerin abgehängt. Pohlengängers Hannes hatte letztere unterdessen um den Leib gefasst und gehalten. Während nun seine Raubgenossen die Reuße forttrugen, in einiger Entfernung aufschlugen und plünderten, zog Inquisit die erschrockene Frau in die Hecken, und nötigte sie zu seinem Willen. Sie war hochschwanger der Schrecken beschleunigte ihre Niederkunft. Ihr Kind lebt zwar noch, ist aber schwächlich.

5.) Raubmord bei Heckenbergheim, Amts Ortenberg.

Teilnehmer: Die Vorigen.

Wegen dieses Raubmords war vordem ein Einwohner von Bindsachsen, Namens Martin Beram, unschuldigerweise in Verdacht gewesen. Sehr unbestimmte Anzeigen hatten den vorigen Beamten zu Ortenberg veranlasst, diesen Mann mehrere Monate im Kerker schmachten zu lassen. Das hiesige Großherzogliche Hofgericht hatte indessen durch verordnete Loslassung bereits seinen Leiden ein Ende gemacht, als die hiesige und Langenselbolder Untersuchung die wahren Täter entdeckte, und Martin Beram völlig schuldlos darstellte.

Der Tatbestand jenes grausamen Verbrechens ist folgender. Drei Butterhändler von Bleichenbach, A. Ortenberg, – Friedrich Gräuling, Conrad Liebegott und Augustin Koch ist ihr Name, – wurden ungefähr eine halbe Stunde von Bergheim, im Wald, auf dem sogenannten Bette, überfallen. Dem Liebegott gelang es, seine Reuse, als er auf solche einen Schlag erhielt, eilends abzuwerfen, und nach Bergheim zu entspringen. Gräuling wurde auf der Stelle niedergeschlagen und geplündert. Noch sieht man auf seiner Stirne eine drei Zoll lange, breite, tief in das Stirnbein dringende Narbe. Sie rührt von dem Schlag her, der ihn zu Boden streckte, und den Pohlengängers Hannes, nach eignem hiesigen Geständnis, ihm versetzte. Fünf Wochen war er der Behandlung des Wundarztes unterworfen. Mehrere Stückchen der Hirnschale wurden ihm, unter großen Schmerzen, herausgenommen. Obgleich die Wunde verharscht ist, verursacht sie ihm noch immer, besonders bei veränderter Witterung, Schmerzen (*).

(*) Es ist daher entweder ein Druckfehler, oder ein in Ansehung Konrad Werners irrelevanter, in Ansehung Johannes Borgeners aber erheblicher Irrtum, wenn in den Aktenmäßigen Nachrichten über die Verbrechen des Conrad Werner (Offenhach 1812.) pag. 33. gesagt wird: „Gräuling kam mit einer nicht bedeutenden Kontusion am Stirnbeine und dem Verlust seines Geldes davon.“

Verfasser dieses hat den Gräuling selbst gesehen, und das oben Angeführte beruht auf Augenschein, eidlicher Aussage des Beschädigten, und eigner Nachgabe des Inquisiten. Ohne Arzt oder Wundarzt zu sein, kann sich jeder durch den Anblick von der sehr bedeutenden Verletzung des Stirnbeins noch jetzo überzeugen.

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Der unglücklichste von allen drei Angegriffenen war Augustin Koch, Gatte und Vater. Er erhielt einige Schläge, und versuchte noch zu entfliehen. Verfolgt und eingeholt, wurde er überwältigt und niedergeschlagen. Flehentlich bat er um sein Leben, wurde aber fortwährend ohne Schonung misshandelt. Sprach- und besinnungslos lag Er zu Boden; der ganze Hirnschädel wurde ihm zerschmettert. Die so schleunig als möglich angewandte ärztliche Hilfe war vergebens: Der Tod erfolgte in einigen Stunden. Die Verletzungen wurden, nach angestellter legalen Sektion, für absolut tödlich erklärt, an Rettung des Ermordeten, – sagt der Fundschein – war nicht zu denken. Denn eines Teils hätte der ganze Hirnschädel wegtrepanirt werden müssen; andern Teils war die Wirkung der fürchterlichen Erschütterung auf das Gehirn keineswegs zu beseitigen. Bei dem Ermordeten fand man noch in einer verborgenen Rocktasche das bei sich gehabte Geld. Gräulings geraubte Barschaft bestand in 19 fl. Die übrige genommene Effekten der drei Angegriffenen betragen an Wert ungefähr dasselbe. Johannes Borgener gesteht selbst, dass er den Vorschlag zum Angriff dieser Leute gemacht habe; behauptet aber, dass weder der Raub noch der Mord in seiner Absicht gelegen, sondern dass er bloß sich durch Schläge an Einem von den Leuten, welcher ihn ehemals auf eine Kirchweil beleidigt, habe rächen wollen. Er gibt zwar nach, aus dieser Absicht den Friedrich Gräuling niedergeschlagen zu haben, wirft aber die Schuld dessen Beraubung auf den bei ihm gestandenen Johannes Werner; und die der Ermordung Augustin Kochs auf Conrad Werner, welcher denselben allein geschlagen, und da Koch fortlaufend wollen und wie er eingeholt worden, sich zur Wehre gesetzt, mit den Misshandlungen fortgefahren habe, obgleich er, Borgener, hinzugesprungen sei, und gerufen habe, er möchte den Mann geben lassen. Er behauptet, wohl gewusst zu haben, wo Augustin Koch sein Geld gehabt, und will daraus, dass es demselben nicht abgenommen worden, den Schluss ziehen; es sei ihm um Beraubung der Leute nicht zu tun gewesen.

Der Glaubwürdigkeit dieses Angebens stehen indessen mancherlei Umstände entgegen: Er selbst hatte in den Akten eingestanden, dass er schont 14 Tage früher diesen Leuten aufgepasst hatte, um sie zu berauben (Vergleiche unten Nummer 6). Erst später leugnete er, zwar nicht jenes Conat, aber die eben erwähnte Absicht zu rauben, und behauptet, er sei missverstanden worden, habe vielmehr auch damals nur die Absicht gehabt, die Leute durchzuprügeln. Ganz gegen diesen Vorwand erklären sich aber seine eigne Beischläferin, Christine Grosin, und sein Schwager und Gehilfe Conrad Werner. Beide versichern übereinstimmend, Borgener habe ausdrücklich den Vorschlag gemacht, die Leute zu berauben. Auf Vorhalt aus Borgeners Vorgeben beharren sie fest bei dieser ihrer Aussage. Christine Grosin setzt hinzu: Borgener hätte damals Geld nötig und keine Schuhe gehabt, und daher den Vorschlag getan, etwas zu verdienen, – und Conrad Werner fügt an: Er und sein Bruder hätten bezweifelt, dass der von Borgener vorgeschlagene Raub ausführbar sei, dass sie nämlich zu drei die Leute bezwingen könnten; aber Borgeners Beischläferin habe ihnen die Bedenklichkeit ausgeredet.

Zudem kann Johannes Borgener selbst nicht leugnen, muss vielmehr ausdrücklich eingestehen, dass er anderen geraubten Sachen Teil genommen, und nicht nur einige Gulden Geld, sondern unter andern auch eine Kappe, davon erhalten hat. Bei einer andern Gelegenheit führte er sogar an, er habe über die Teilung des Raubes mit Johannes Werner eine blutige Schlägerei gehabt, und zwar aus dem Grunde, weil Werner nicht alles dem beraubten Gräuling abgenommene Geld habe zur Teilung bringen, sondern unter dem Vorwande, dass er allein solches abgenommen, sich eine größere Portion davon zueignen wollen.

Hieraus lässt sich nun wohl vermuten, dass wenn Augustin Koch nicht seiner Barschaft beraubt wurde, solches mehr Zufall, als Absicht der Räuber war. Wahrscheinlich wusste keiner, selbst Borgener nicht, die verborgene Rocktasche, worin Koch sein Geld hatte, und sie getrauten sich, aus Furcht entdeckt zu werden, nicht länger zu verweilen und danach zu suchen. Wirklich kamen auch einige Einwohner von Gelnhaar bald des Weges, und der ihnen entsprungene Conrad Liebegott hatte bereits nach Bergheim zu Lärmen gemacht.

Auch die Behauptung Johannes Borgeners, dass der von ihm geschlagene Friedrich Gräuling einst mit ihm auf einer Kirchweih Streit gehabt, hat sich bei angestellter Untersuchung durchaus nicht bestätigt. Eher passte so etwas auf den ermordeten Augustin Koch. Dieser nämlich soll, wie sein Schwager Gräuling zugibt, auf einer Kirchweih einmal mit einem unbekannten Menschen über das Spiel Streit gehabt haben, das aber schon vor länger als acht Jahren geschehen sei.

Als dem Inquisiten hierüber Vorhalt geschah, und Gräuling ihm in das Gesicht sagte, dass er nie mit ihm oder einem andern auf einer Kirchweih Streit gehabt, behalf sich Borgener mit der Ausrede: „Es könne sein, dass er sich in der Person geirrt habe. Er selbst nämlich habe den Mann, der ihn im Gedränge geschlagen, nicht gesehen. Vor etwa zwei Jahren habe ihn aber der s. g. lahme Bauer zu Bleichenbach gefragt: Ob er auch wisse, wer ihn auf der Kirchweih geschlagen? Er habe die Frage verneinet, und darauf habe ihm derselbe den Friedrich Gräuling, welcher vorbeigegangen, als den Täter gezeigt.“

Bei näherer Untersuchung dieses angegebenen Umstandes fand sich aber, dass der s. g. lahme Bauer von Bleichenbach, der dieses vor etwa zwei Jahren, dem Borgener gesagt haben sollte, schon sechs und ein halbes Jahr tot war. Als dem Inquisiten auch über diese Ungereimtheit Vorhalt geschah, wusste er sich nur mit der kahlen Ausflucht zu helfen. „Er werde sich dann in der Zeit, wo der lahme Bauer dieses gesagt, geirrt haben.“

Hören wir nun, wie Conrad Werner, der Schwager und Mitschuldige Borgeners, sich über die Ermordung Augustin Kochs erklärt hat! „Ich“, sagte er, „habe zwar den Koch zuerst geschlagen, während Pohlengangers Hannes den Gräuling niederschlug. Aber Koh lief fort und suchte nach Gelnhaar zu entfliehen. Als ich ihn einholte, setzte er sich zur Wehre und fasste mich an der Brust. Darauf kam Johannes Borgener herbeigesprungen, schlug ihn nieder, und versetzte ihm die tödliche Streiche. Als er kein Zeichen des Lebens mehr von sich gab, visitierte er ihn durch, nahm ihm seine Mütze und ließ ihn liegen.“

Conrad Werner mag immer unserem Inquisiten darin zu viel nachgesagt haben, dass er ihm allein die tödliche Streiche zuschreibt. Da es aber faktisch richtig und von Johannes Borgener selbst eingestanden ist, dass Koch anfänglich fortgelaufen, und dass Borgener hinzugesprungen, so ist es auf der anderen Seite kaum denkbar, dass er einen müßigen Zuschauer abgegeben, und dass Conrad Werner allein und ohne sein Zutun, den flüchtigen Augustin Koch habe festhalten, und wie geschehen zurichten können. Selbst das Visum repertum lässt vermuten, dass die Verletzungen Augustin Kochs, namentlich die tödliche an dem Kopf, aus verschiedenen Richtungen herkamen. Zwar nicht beweisend, aber doch einigermaßen beachtungswert, ist der folgende Umstand. Als Conrad Werner kurz vor seiner Hinrichtung gebeichtet und das Hl. Abendmahl genommen, auch seine Strafe als gerecht und verdient anerkannt hatte, beharrte er, laut offizieller Nachricht, bei allen dem, was er über den Anteil Borgeners an der Ermordung Augustin Kochs früher hin zu Protokoll gegeben hatte. Eine seiner letzten Äußerungen war, dass Pohlengängers Hannes an seinem Unglück schuld sei, und doch wohl auch die nämliche Strafe als er leiden würde. – Werner starb übrigens mit Ruhe, und war mit einer allgemeines Aufsehen erregenden Standhaftigkeit zum Richtstuhl gegangen. Endlich verdient auch die Angabe des in Heidelberg gesessenen, nunmehr ebenfalls hingerichteten und, unverzagt gestorbenen Hölzerlips nicht unberührt zu bleiben. Hiernach soll Jehannes Borgener sich selbst gerühmt haben, er hätte einem Bleichenbacher Butterhändler die Nase eingeschlagen; und ihn um deswillen, ob er gleich sehr um sein Leben gebeten, ohne Schonung ermordet, weil ihn derselbe gekannt, und mit Namen genannt habe.

Nimmt man nun die vorgemeldete Umstände zusammen, so dürfte kaum ein Zweifel übrig bleiben, dass Borgener sowohl an der Beraubung der Bleichenbacher Leute, als an dem dabei verübten Mord, hauptsächlichen Anteil hatte. Und so viel Aufrichtigkeit derselbe sonst bewiess, so ging doch in dieser offenbar kapitalen Sache sein Bestreben wohl dahin, seine Schuld auf Kosten der Wahrheit in den Augen der Richter zu vermindern. Der Mitschuldige Johannes Werner war übrigens, ehe er über diesen Raubmord vernommen werden konnte, im Gefängnis verstorben. Aus seines Bruders und Borgeners Geständnissen geht aber hervor, dass er dem Augustin Koch keinen Schlag gegeben, sondern sich während der Misshandlung des letzteren, mit Verfolgung des flüchtigen Liebegotts und Beraubung des Gräulings, beschäftigt hat.

9.) Tentierter Straßenraub bei Heckenbergheim

Teilnehmer: Kaspar Mathus aus Reichenhausen, im Sächsischen, vulgo gelber oder schwarzer Kasper

Vierzehn Tage vor Ausführung des obigen Verbrechens passte Inquisit, nach seinem Geständnis, auf demselben Platz schon auf die später angegriffene Leute, oder einen von ihnen. Es kam aber damals keiner des Weges.

10.) Straßenraub im Wald bei Hirzenhain

Teilnehmer: Jacob Zeitz von Hirzenhain.

Dieser Straßenraub betraf den Butterhändler Matthäus Scheppel von Schwickertshausen, Großherzogl. Hess. Just. Amts Lisberg. Die Veranlassung dazu gab Zeitz, damals Hirte in Hirzenhain, Stiefbruder der Margretha Neinhard, ehemals Beischläferin des Bruders des Inquisiten, Michael Borgener (XVIII). Er erzählte nämlich, es werde ein Butterfahrer von Schwickertshausen andern Morgens nach Hirzenhain kommen, und weil er dort Ziegeln zu bezahlen hatte, vielleicht Hundert Gulden bares Geld bei sich haben, und tat den Vorschlag, demselben unterwegs aufzupassen und das Geld abzunehmen. Dabei erbot er sich, den Inquisiten auf den Platz zu führen, wo dem Mann am schicklichsten aufgepasst werde, sagte ihm aber gleich, dass er, Borgener, die Beraubung allein verrichten müsse, weil er, Zeit, von dem Anzugreifenden gekannt sei, und daher aus dem Hinterhalt, worin er sich verbergen werde, nicht hervorkommen könne. Unser Inquisit war der Mann nicht, der eine Gelegenheit vorbeiließ, Geld zu verdienen, und seinen Mut zu zeigen. Er folgte daher der Einladung, übernachtete zu Hirzenhain in der Nachbarschaft von Zeitzens Wohnung, und brach früh in der Dämmerung mit ihm auf, um das Wagestück zu vollziehen. Ungefähr eine Stunde von dem Ort, an dem Weg, der von Schwickertshausen nach Hirzenhain zieht, wurde er von Zeitz angestellt, und dieser lagerte sich, in einiger Entfernung, hinter die Hecken. Scheppel, ebenfalls ein Butterhändler, war früher, als der Mann, dem es galt, von Schwickertshausen zum Butter-Einkauf abgegangen, und kam des Weges. Borgener, der ihn für denjenigen Butterhändler hielt, wovon Zeitz ihm gesagt hatte, schlug ihm, ohne sich lange zu besinnen, auf den Kopf, dass er sogleich stürzte, und nahm ihm, was er hatte. Die Beute bestand in zwölf Gulden Geld, etwa drei Pfund Tabak und sonstigen Kleinigkeiten, die Scheppel zum Butter-Einkauf mitgenommen hatte. Zeitz teilte mit dem Inquisiten die Beute, und entdeckte ihm den Irrtum.

8.) Tentierter Straßenraub zwischen Wirtheim und Aufenau, unfern Gelnhausen. April 1811

Teilnehmer:

Hölzerlips

Conrad Werner

Johannes Werner

Die Räuber stellten sich auf Gradewohl an. Sie hofften, dass eine Chaise vorbeifahren, und ihnen Passagiere mit gespickten Beuteln zufuhren würde. Denn Hölzerlips und Johannes Werner hatten mit Heinrich Pfeiffer und Sebastian Lutz einige Monate früher, schon an der nämlichen Stelle, einen reichen Fang getan. (vergl. Hrn. Stadt-Direktor Pfisters Aktenmäßige Gesch. Th. 1. p. 66. n. VI.) Diesmal aber ward ihre Erwartung getäuscht. – Hölzerlips, der den Anschlag zu dem Vorhaben gab, war mit einer Pistole bewaffnet. Borgener und die Übrigen hatten sich mit dien Prügeln versehen.

Vielleicht interessiert manchen Reisenden die nähere Beschreibung des zu diesem Unternehmen gewählten Platzes. Er ist am Abhang des Auffenauer Berges. Au fder einen Seite ist Wald, auf der andern Wiesengrund. Jenseits des Abhanges erhebt sich abermals ein Berg mit Waldung bedeckt. Im Tale geht eine Brücke über das Wasser, das seitwärts von Orb her fließt, und die Landstraße durchschneidet. Hier lagen die Räuber im Hinterhalt.

9.) Kirchenraub hei Höchst, unfern Gelnhausen, attentierter Glocken-Diebstahl daselbst, April 1812. Teilnehmer:  die Vorigen

Als die Räuber von vorerwähnter Expedition unverrichteter Sache zurückgingen, brachen sie unterwegs in die Kapelle bei Höchst, unfern Wirtheim ein. Conrad Werner, oder, wie dieser behauptet, Johannes Borgener, machte den Vorschlag dazu. Ihre Absicht war hauptsächlich auf Entwendung der Glocke gerichtet. Sie hatten solche wirklich zum Teil losgeschraubt, konnten aber damit nicht fertig werden. In der Kirche fanden sich keine Sachen von Wert. Sie nahmen daher nichts daraus mit, als 4 bis 5 Rosenkränze. Dagegen trieben sie darin, bei angezündeten Wachslichtern, allerlei schändlichen Unfug. Die wachstuchene Altarbekleidung wurde zerrissen, und Hölzerlips warf die darauf gestandene Bilder auf den Boden, mit den Worten? „Was tut man mit den katholischen Teufeln?!“ Der Hl. Wendelinus wurde vor die Kapelle auf den Kirchhof Schilde wache gestellt, und zum Andenken seiner Finger beraubt. Der angerichtete Schaden ist auf 15 fl. geschätzt worden.

10.) Kirchenraub zu Herren-Haag. März 1810

Viermal in einem Zeitraume von nicht gar anderthalb Jahren wurde die Kirche zu Haag oder Herren-Haag, im Isenburg- Büdingischen, erbrochen und beraubt, wiewohl von Seiten der Behörde alles Mögliche zur Sicherung derselben durch Anschaffung neuer Türen, Fenstereisen usw. geschehen war. Der gesamte durch die viermalige Plünderung angerichtete Schaden ist auf 596 fl. 25 kr. berechnet. Unter diesen Einbrüchen war der bedeutendste und schädlichste der im März 1810, dem Inquisit beigewohnt zu haben gestehet. Gemeinde und Kirchenkasten kamen durch diesen mit dem schändlichsten Mutwillen begleiteten Einbruch, in eine Ausgabe von 507 fl. 17 kr.

Teilnehmer:

Conrad Werner

Johannes Werner

Ludwig Vielmetter, Konrads Sohn, vulgo Mahnen-Konrads Ludwig

Anna Margretha Vielmetter, älteste Schwester des Vorigen

Mit einem Stab Eisen, der von einem zu Assenheim geraubten Treppen-Geländer herrührte, wurde die Kirchentüre aufs gesprengt, und durchaus zertrümmert. Es galt zuerst der Glocke; (*) die Räuber konnten solche nicht loszwangen und begnügten sich daher mit Entwendung des Schwengel. Darauf wurde die ganze Orgel zerstört, und die Windlade zerschnitten. Von den Pfeiffen nahmen sie mit, was sich fortbringen ließ (**) alle übrige wurden unbrauchbar gemacht. Auch ein Pfarrers-Mantel, zwei Leichen-Tücher, sogar der Klingelbeutel und zwei Gesangbücher, – wurden entwendet. Die Glocken-Seiler wurden abgeschnitten und der Altar umgeworfen. Einer schlug von der Kanzel sein Wasser ab, während er mit umgehängtem Mantel den Prediger affektierte. Die drei andern hörten dessen aus Zoten und Lästerreden bestehenden Vortrag zu, und verrichteten a posteriori ihren Unflat in die Kirche.

(*) Der Jude W*** zu Burggräfenrod hatte Glocken-Metall bei ihnen bestellt, und schon vorher den Preis bestimmt, um welchen er ihnen das Pfund abnehmen würde | (**) Auf dem Wingerts-Häuschen bei Ilbenstadt, wo die Diebe öfters ihre Niederlage hatten, verkauften sie in der Folge den Glockenschwengel und die Orgel-Pfeiffen an den ebengedachten Burggräfenroder Juden.

21.) Qualifizierter Diebstahl eines Kessels und Bettes zu Bernsfeld, A. Grünberg.

Dieser Diebstahl geschah vor 5-6 Jahren, als Inquisit noch sein Wesen mit der Vogelsberger Bande trieb.

Teilnehmer:

Friedrich Adam Thomas (XII.)

Leonhard Lang (X.)

Sie hatten bei dem Einbruch eine geladene Pistole, welche Friedrich auf dem Rückweg losfeuerte. Der Wert des Entwendeten beträgt ungefähr 18 fl. (S. X. 10. u. XII. 26.)

12.) Qualifizierter Diebstahl eines Braukessels zu Freiensteina

Dieter Diebstahl ereignete sich noch früher, ungefähr im Jahr 1805

Teilnehmer:

Adolph Diederich

Michael Borgener (XVIII.)

Johann Georg Pfeiffer (XVII)

Balser Pfeiffer (CXXIII.)

Inquisit war damals noch sehr jung, und, wie wir sehen, schon in Verbindung mit den vornehmsten Gliedern der Vogelsberger Bande, so wie wir ihn oben, bei Erwähnung seiner später verübten Räubereien, in Kameradschaft mit den Wetterauer Haupt-Räubern erblickten. Schon um jene Zeit verließen sich die Gauner auf seine Unerschrockenheit. Diederich gab ihm seine geladene Pistole, und stellte ihn damit bei dem Einbruch auf die Wache. – Wert 100 fl. (Vergl. XVII. 8. und XVIII. 14.)

13.) Qualifizierter Diebstahl dreier Esel auf einer Mühle bei Lisberg

Auch dieser Diebstahl geschah im Jahre 1805, oder noch etwas früher, und war mit Einbruch begleitet. Der Wert ist gewürdigt auf 54-60 fl.

Teilnehmer:

Michael Borgener

Adolph Diederich. Vergl. XVII.

14.) Qualifizierter Frucht-Diebstahl zu Salz, Palr. Ger. Freiensteina, geschah im Jahr 1807 mittelst Einsteigen auf einer Leiter durch das Strohdach

Teilnehmer:

Jacob Heinrich Vielmetter (XXXI.)

Christoph Seitenwand aus Kerbersdorf

Johannes Seitenwand aus Kerbersdorf

Graben- Schneider N. von da. (Heißt nach erhaltener Nachricht, Johann Adam Hanisch.)

Die Diebe führten bei diesem Diebstahl einen geladenen Karabiner. Der Wert des Entwendeten beträgt ungefähr 20 fl. (Vergl. XXXI. 41.)

15. und 16.) Zwei Gänse-Diebstähle in einer Nacht, zu Mittelgründau, im Isenburg-Büdingischen, Jenner 1809

Teilnehmer:

Conrad Werner

Peter Schnitt aus Hainchen, vulgo Bundes.

Die Diebe holten verschiedenen Eigentümern, aus verschiedenen Ställen, zusammen 9 Stück Gänse, deren Wert auf 9 fl. eidlich gewürdigt worden. Schon vorher hatten sie sich deshalb in der Behausung des zu Hainchen wohnenden Peter Türk, vulgo Bienen-Peters, verabredet, und dieser hatte ihnen den Juden Abraham Ebersdorf, vulgo Meerkätzchen, von Lindheim, zum Käufer ausgemacht. Die gestohlenen Gänse wurden zuerst in Schnitts, dann in Türks Behausung getragen. Türk verbarg sie in seinem Keller, und trug sie, bis auf eine, die ihm selbst für seine Bemühung ward, in der folgenden Nacht mit Pohlengängers Hannes nach Lindheim zu dem Juden, der zwei Treppen hoch auf einer Oberstube wohnte. Conrad Werner und Peter Schnitt waren nicht mit zugegen; ersterer, weil ihn das Fieber befallen; letzterer, weil er sich bei dem Diebstahl erkältet. Der Jude nahm die Gänse ab, mit der Erklärung, dass er dem Türk die Bezahlung bringen wolle, und hielt Wort. Nach einigen Tagen stellte Türk dem Pohlengänger und Conrad Werner das Geld zu. Es betrug nicht mehr als 20 kr. per Stück, und Türk leugnete mehr von dem Juden erhalten zu haben, obgleich dieser im Verhör behauptet, dass er 30 kr. für das Stück bezahlt habe. Schnitt bekam von dem Erlös nichts, als einige Kreuzer, die ihm Borgener zuwarf. Conrad Werner wendete nämlich vor, es habe ihm derselbe eine Pfeife gestohlen, und gab ihm deswegen nichts von dem Gelde. Die Sache wurde gegen Schnitt, Türk und den Juden genau untersucht. Alle drei gestanden endlich. Nur blieb der Jude bei der Behauptung, er habe nicht gewusst, dass die gekauften Gänse gestohlen gewesen. Dieses Vorgeben konnte aber natürlich bei den oben angeführten Umständen nur wenig Berücksichtigung verdienen. Schnitt und Türk waren außerdem überführt und geständig, noch auf mancherlei andere Art mit Gaunern zugehalten und solche begünstigt zu haben. Schnitt besaß ehemals, so wie Türk noch jetzt, ein eignes Haus in Hainchen. Er verliederlichte aber seinen Verstand und den größten Teil seines Vermögens. Darauf wurde er unter Kuratel gesetzt, und bekam den Spieß zu tragen. Mit andern Worten, er war zur Schande der Orts-Polizei wohlbestellter Tagwächter oder Spießmann in Hainchen, als er arretiert wurde. Er brachte den Räubern in die Waldung zu essen, avertierte sie, wenn eine Streifung heranrückte, besorgte ihnen gegen Bezahlung Gänge, und war ihnen in allerlei Stücken behilflich zu ihrem Geschäfte.

Das Urteil gegen gedachte drei Komplizen ist gleich nach beendigter Untersuchung über diesen Diebstahl erfolgt. Peter Schnitt, vulgo Bundes, wurde mit halbjähriger Zuchthausstrafe, Peter Türk vulgo Bienen-Peter, mit vierteljähriger Zuchthausstrafe, und der Abnehmer Abraham Ebersdorf aus Lindheim, vulgo Meerkätzchen, mit achttägigem Amts-Gefängnis bestraft.

Von sämtlichen gestohlenen Gänsen hatten die Diebe selbst, nach obiger Erzählung, nicht mehr als 2 fl. 40 kr. Wenn sie daher gleich geteilt hätten, würde es einem nur 53 und 1/3 kr. ertragen haben. Der Jude dagegen, der sie abkaufte, gewann daran wenigstens 5 fl. 20 kr., wenn er, wie Türk behauptet, nur 20 kr. per Stück bezahlte, und Türk, der den Käufer ausmachte, erhielt noch über dies eine Gans für sich, die 3 fl. Wert war.

Aus diesem Beispiel lässt sich abnehmen, wie hoch sich der Vorteil der Hehler bei Objekten von größerem Werte belauft. Man sieht daraus, wie gemeinschädlich sie sind. Sie begünstigen nämlich nicht nur den Diebstahl, der sonst unterbleiben müsste; sondern zwingen auch durch ihren grenzenlosen Eigennutz den Dieb, viel öfter zu stehlen, als er sonst zu seiner Erhaltung nötig hätte. Denn die beträchtlichste Beute, wenn er sie nicht selbst benutzen kann, wirft ihm verhältnismäßig nur äußerst wenig ab.

Bei dem Kleinrechtenbacher Straßenraub (S. XXXIV, no. 1.) wurden vier wohlstehende Eigentümer an Gesundheit und Vermögen beinahe zu Grunde gerichtet. Was ihnen geraubt worden, beträgt, laut eidlicher Würdigung, 2332 fl. 53 kr. Dennoch hatte jeder Räuber nicht mehr als drei bis vier Carolins davon. Es hatte ihnen sicher ungleich weniger ertragen, wenn sich unter dem Geraubten nicht über 300 fl. bares Geld befunden hatte. Die Münzenberzer Juden bezahlten nämlich für die Waren, die ungefähr 2000 fl. an Wert betrugen, nicht mehr als 143 fl.

Sollte diese Erwägung nicht zu der Überzeugung führen; dass es notwendig sei, dem wissentlichen Hehler dieselbe gesetzliche Strafe anzudrohen wie dem Stehler, worin die französische neuere Gesetzgebung um Beispiel vorangegangen ist (*) so wird man doch zugeben müssen, dass um Räuberbänden auszurotten, unter andern eine größere Strenge des Verfahrens und der Bestrafung hinsichtlich der der Hehler und Abnehmer nötig ist, als bisher gewöhnlich in Deutschland beobachtet wurde.

(*) Napoleons Straf-Codex im 2t3n Buch, oder Code Penal, Livre II. Als ich dieses geschrieben hatte, ersehe ich mit Vergnügen, dass auch Herr Stadt-Director Pfister l.c. II. Th. P. 58 no 4 der nämlichen Meinung ist.

17.) Einbruch und Dörrfleisch-Diebstahl zu Mittelgründau. Anfang Februars 1809

Teilnehmer:

Hölzerlips

Conrad Werner

Der Bestohlene heißt Peter Diederich, und seine Ehefrau wird vulgo die rote Lies genannt. Conrad Werner hatte in diesem Haus Zuwandel. Er gab, nach Borgeners Behauptung, den Anschlag zu dem Diebstahl. Ich habe, sagte er angeblich, die Schweine der roten Lies schlachten, einsalzen und in den Rauch hängen helfen, jetzt wollen wir auch davon essen. Der Wert des Gestohlenen Fleisches beträgt 45 fl. 40 kr. Es wurde zu Oberissigheim, bei Werners und Borgeners Schwiegermutter verzehrt.

18.) Diebstahl zweier Schafe zu Hainchen.

Teilnehmer: Conrad Werner

Die Schafe wurden dem Gerichtsschöffen Peter Ruppel aus einem nicht verschlossenen Stall geholt, und bei der Schwiegermutter der Diebe von ihnen und mit ihren Weibsleuten verzehrt, Wert circa 10 fl.

19.) Tentierter Geisen-Diebstahl zu Ilbenstat vor etwa 4 Jahren

Teilnehmer: Conrad Werner

Die Diebe konnten damals nicht ankommen. Späterhin haben die beiden Vielmetter mit Hölzerlips diesen Diebstahl wirklich vollführet.

20.) Einbruch und Diebstahl zu Niederroden 15. März 1809.

Teilnehmer:

Hölzerlips

Conrad Werner

Der Diebstahl betraf eine Wirts-Witwe zu Niedorroden. Zuerst brachen sie in die Küche ein, und entwendeten daraus Fleisch, Würste, Zinn, Fett, und einen eingemauerten kupfernen Kessel. Dann zwängten sie einen Laden vor einem Kammerfenster auf, und Hölzerlips, von Pohlengängers Hannes hinaufgehoben, drückte an dem Fenster einige Scheiben ein, öffnete solches, und plünderte den Kleider-Schrank und eine Kiste mit Weißzeug. Die Diebe waren zwar sämtlich starke Kerls, aber sie hatten zu viel und zu schwer geladen. Zudem wurde Conrad Werner auf dem Rückweg von dem Fieber befallen, womit er schon geraume Zeit geplagt war, (s. oben n. 16.) Vielleicht hatte er solches dadurch rege gemacht, dass er, wie Hölzerlips behauptet, zu viel von den Gestohlenen rohen Bratwürsten genossen. Kurz, er konnte nicht mehr fort, und verkroch sich in ein Rüben- oder Kartoffelloch. (*) Hölzerlips und Borgener versteckten darauf den Gestohlenen Kessel im Wald, teilten auf Gradewohl das Übrige, und trennten sich voneinander. Jener ging mit seinem Anteil nach Roßdorf, – dieser aber, beladen mit zwei Teilen, seinem eignen und dem seines Schwagers Conrad Werner, schlug sich nach Oberissigheim. Erschöpft durch die allzu schwere Last, machte er Halt bei dem Neuhof. Er legte sich unweit der Lampers-Brücke in dem Tannenwald zur Ruhe, und wurde vom Schlaf überwältigt. Der Tag war unterdessen angebrochen. Pechbrenner, die sich im Wald aufhielten, sahen ihn neben den Gestohlenen Sachen liegen. Sie gingen mit Prügeln auf ihn los. Er hatte kaum Zeit, seine Person zu retten, und musste die gefüllte Diebssäcke im Stich lassen. So behielt er, nach seiner Behauptung, von allem nichts, als einen gestohlenen Hut. Diesen trug er bei seiner Flucht auf dem Kopf, und vertauschte ihn nachher gegen ein seidenes Halstuch an Heinrich Pfeiffer.

(*) Eine Feldgrube, worin die Bauern Rüben oder Kartoffeln überwintert hatten

In der Folge gab ihm Hölzerlips zu Heldenbergen von seinem Anteil, das er eben im Begriff war, an einen dortigen Juden, (wahrscheinlich Schimme) zu verschachern, noch ein Betttuch. Werner erhielt gar nichts. Doch holten er und Borgener sich heimlich den im Wald versteckten kupfernen Kessel, und trugen ihn nach Oberissigheim zu ihrer Schwiegermutter, Elisabetha Grosin. Hier wurde er in Stücke gehauen, und mit Hilfe der Weibsleute an einen Kupferschmied zu Hanau verkauft, der in der Nähe des Steinheimer Thores wohnt. Das Geld teilten die beiden Schwäger untereinander. Hölzerlips bekam nichts davon. Er wurde weiß gemacht, sie hätten den Kessel nicht gefunden. Die Eigentümerin erhielt in der Folge die dem Inquisiten abgejagte Effekten, wiewohl beschädigt, größtenteils wieder. Diesem unerachtet schätzt sie ihren Verlust noch auf wenigstens 200 fl.

21.) Diebstahl eines eisernen Brunnen-Gitters zu Ostheim, Amt. Windecken. 26. Febr. 1810. Teilnehmer:

Conrad Werner

Michael Borgener

Ludwig Vielmetter

Das losgezwängte Brunnen-Geländer ist zu 25fl. geschätzt. Es wurde für 2 fl. auf dem Ilbenstädter Wingertshäuschen an den Juden W**f zu Burggräfenrod verkauft. (S. XVIII. 21.)

22.) Diebstahl eines Wagenrades an der Aue bei Ilbenstadt.

Teilnehmer: Conrad Werner

Von einem Karren, der auf dem Wege von Niederwöllstadt nach Ilbenstadt an der s. g. Aue gestanden, stahlen die verschwägerten Diebe vor einigen Jahren ein Rad, zerschlugen es, und verkauften das daran gewesene 52 Pfd. schwere Eisen, an den mehr erwähnten Burggräfenröder Juden, das Pfd. zu 2 kr.

23.) Diebstahl eines Schafs auf dem Pfaffenhof. Sommer 1810

Teilnehmer: Conrad Werner

Das Schaf wurde aus dem Pferch geholt, im Kornfelde getötet, und von den Dieben und ihren Weibsleuten verzehret. Wert ungefähr 5 fl.

24.) Einbruch und Diebstahl in dem Gartenhaus des Herrn Prinzen Friedrich von Hessen-Kassel Durchl. zu Rumpenheim. 21. Juni 1810

Teilnehmer:

Conrad Werner

Wetterauer Hanneschen, (Johannes Heiland, Jacob Heinrich Vielmetters Eidam)

Die Diebe glaubten Silberwerk und Kostbarkeiten zu bekommen. Als sie sich getäuscht fanden, versuchten sie zwei durch Röhren in Verbindung gestandene kupferne (Bad-) Kessel zu entwenden; das Unternehmen gelang aber nicht. Darauf machten sie sich an die Möbel, und zerschlugen, was sie konnten. Die Überzüge von zwei Kanapees-Sitzen und acht Kopfkissen nahmen sie mit, und ihre Weibsleute machten in der Folge davon Kleidungsstücke. Auch die mit Pferdehaaren gepolsterte Sitze trugen sie fort. Borgener versichert aber, sie hätten den Wert der Pferdehaare nicht gekannt, und sie deswegen nicht behalten, sondern nach Abschneidung der Überzüge, in das Gebüsch geworfen. Wenig fehlte, und die Räuber wären, bei der nächtlichen Rückfahrt über den Main, ertrunken. Des Fahrens unkundig, wurden sie lange von der Flut getrieben. Das zerbrechliche Boot, das sie trug, war schon zum Teil mit Wasser gefüllt; als sie das gegenseitige Ufer erreichten.

25.) Einbruch und Schaf- Entwendung zu. Hetzkirchen; F. Isenburgischen Amts Bierstein- Frühjahr 1811

Teiltnehmer: Gelber Kaspar

Die Schafe, zwei an der Zahl, wurden, dem Schullehrer Heinrich Kaiser mittelst Einbruch aus dem Stall gestohlen, und von den Dieben und ihrem Anhang verzehrt. Sie sind auf wenigstens 7 fl. eidlich gewürdigt. Borgener trug, als er hierher kam, noch ein paar Strümpfe, die ihm seine Beischläferin aus der Wolle von jenen Schafes gefertigt hatte.

26.) Einbruch und Diebstahl von Dörrfleisch usw. zu Hirzenhain. April 1811

Teilnehmer:

Lumpenstoffel (Christoph Schmitt.)

Dieser war kurz vorher im Werra-Departement Königr. Westphalen gefänglich eingezogen gewesen, und auf dem Transport entsprungen. Er kam auf den Krügbau bei Steinau, (der aus XVII. und XVIII. bekannten Räuber-Niederlage) und traf dort den Inquisiten. Nach veränderter Kleidung, wozu Borgener seinen Hut hergab, zogen sie beide auf Gradewohl aus, um etwas zu verdienen (zu stehlen). Bei Hirzenhain liegen mehrere einzelne Weber-Häuser. In dem ersten davon durchbrachen sie ein Gefach von Backsteinen, und leerten eine Kammer. Die Beute bestand in dem Fleisch von zwei Schweinen, Würsten, etwas Tuch, Wolle usw. – Wert 50-60 Gulden.

Soweit das Bekenntnis des Inquisiten. Wir Übergehen Bezichtigungen Anderer, deren er weder überfuhrt noch geständig ist. Bloß um der Komplizen willen erwähnen wir noch zwei weitere Diebstähle, an welchen er nach Angabe der beiden Werner Teil genommen hat. Er leugnet diese Teilnahme, gesteht aber im Übrigen davon zu wissen.

27.) Diebstahl eines eisernen Geländers in dem gräflichen Garten zu Assenheim. Febr. oder März 1810

Teilnehmer:

Conrad Werner

Johannes Werner

Conrad Vielmetter, Bruder von XXXI. (tot)

Ludwig Vielmetter, Sohn des Vorigen

Der Wert des Treppen-Geländers ist in den Selbolder Untersuchungs-Akten zu 8 fl. angegeben. Das Eisen wurde, bis auf eine Stange, deren sich die Diebe zum Einbruch bei anderen Gelegenheiten bedienten, (s. oben Nummer 10.) “an den Juden W** * zu Burggräfenrod verkauft.

28.) Kirchenraub zu Holzhausen. (+)

Angebliche Teilnehmer:

Conrad Werner

Johannes Vielmetter (*)

Ludwig Vielmetter (**)

Anna Margretha Vielmetter (**)

(+) Wir geben die Erzählung dieses Verbrechens größtenteils mit denselben Worten, wie sie in den Aktenmäßigen Nachrichten über die Verbrechen des Conrad Werner p. 39 und 40. mithalten ist.

In der Meinung, kostbare Gefäße in dieser Kirche zu finden, waren die Räuber auf diesen Diebstahl, und zwar auf Anraten Ludwig Vielmetters, ausgegangen. Letzterer erbrach mittelst eines Pflugeisens die Kirchentüre. Die heiligen Gefäße wurden genommen, und die geweihten Hostien in der Kirche zerstreut umhergeworfen. Die Diebe hielten die geraubten Gefäße wirklich für Gold, und der Burggräfenroder Jude W**f war ihr Abnehmer. Er gab ihnen einstweilen 12 fl. und versprach, wann er das Metall probieret und es Gold wäre, ihnen noch weit mehr, – nach Pohlengängers Hannes Angabe 100 fl. – zu geben. Allein als die Diebe sich wieder einfanden, um dieses Mehr zu erhalten; erklärte der Jude, es sei nichts als vergoldetes unedles Metall gewesen, und verlangte seine 12 fl. zurück, mit der Drohung, sonst die Sache anzuzeigen. Der Kirchenraub war ruchbar geworden, und die Diebe wollten wohl oder übel, sie mussten dem Juden die 12 fl. zurückzahlen, und ließen die gestohlene Sachen im Stich, welche dem von hieraus erhobenen Tatbestand zu Folge, 266 fl. 25 kr. an Wert betrugen; ein Ziborium ungerechnet, das in der Folge bei Umpflügung eines Burggräfenroder Ackers vergraben gefunden; und der Gemeinde Holzhausen restituiert wurde. Johannes Borgener schien sich, als er Obiges erzählte, lustig darüber zu machen dass Conrad Werner und Konsorten geprellt werden.

(*) Johannes Vielmetter leugnete etwas davon zu wissen, und auch Johannes Borgener bezweifelt die Richtigkeit der Wernerischen Angabe in diesem Stück, und meint, dass Johannes Vielmetter damals in Bergen gesessen habe.

(**) Johannes Borgener hat zwar diese beide als mutmaßliche Teilnehmer genannt, getraut sich jedoch nicht, seine Behauptung für völlige Gewissheit austageben. Er selbst leugnet übrigens alle eigne Teilnahme und will, was er weiß hauptsächlich aus der Erzählung Conrad Werners haben.

Zum Schluß der Biographie Johannes Borgeners folgt noch ein Bruchstuck aus dessen Verhör, nebst einer Anekdote von ihm; und einem Räuber-Lied, das er von Jacob Heinrich Vielmetter gelernt haben will, und in einer sehr angenehmen Melodie aus E dur gesungen wird.

Bruchstück aus Borgeners Verhör

Am 22. May 1822 wurde er gefragt: „Zu welcher Religion bekennt Ihr Euch?“

Antwort: „So viel ich weiß, zur katholischen. Mit Religion habe ich mich nicht viel abgegeben. Meine Eltern führten mich nicht dazu an, und in die Schule bin ich gar nicht gekommen. Meine Mutter lehrte mich bloß so viel Gebete, dass ich konformiert werden, und um Ostern beichten konnte. Seit vier Jahren ist aber auch dieses unterblieben. Ich weiß von Religion eigentlich nur so viel, dass ich kein Jude bin.“

Frage: „Ihr wusstet doch, dass Rauben und Stehlen verboten sei?“

Antwort: „Das wusste ich wohlz, fragte aber nicht danach. Hingegen dass es Sünde sei, davon hatte ich keinenBegriff.“

Frage: „Warum habt Ihr Euch nicht durch das erlernte Handwerk ernährt?“

Antwort: „Das hätte ich wohl gekonnt, denn ich verstand das Korbmachen aus dem Fundament. Durch Verführung geriet ich in das Diebsleben; und dass ich darin solche Fortschritte machte, verdanke ich besonders meiner Beischläferin und deren Mutter.“

Frage: „Habt Ihr noch etwas zu Eurer Verteidigung anzuführen“

Antwort: „Nein.“

Frage: „Wollt Ihr Euch unter den hiesigen Advokaten einen Verteidiger wählen?“

Antwort: (Praev. expl. Benef. defens.) „Das über, lasse ich Großh. Hofgericht.“ – (Nach einer Pause) „Doch wenn ich einen wählen soll, so verlange ich den allerjüngsten. Entweder soll der Lehrgeld geben, oder ich.“

Anekdote

Nach in der Hauptsache beendigter Untersuchung verlangte er den Inquirenten ohne Beisein anderer Gefangenen zu sprechen. Als ihm willfahrt wurde, tat er folgende Erklärung:

„Ich habe eine Bitte an Sie. Machen Sie doch, wenn Sie können, dass ich gar kein Urteil bekomme. Ich will ohne Urteil lebenslänglich hier bleiben, und das Ihnen zu Gefallen, Es wird ja einerlei sein, ob ich ohne Urteil im Gießener Stockhaus, oder mit Urteil zu Marienschloß im Zuchthaus sitz.“ (*)

(*) Die später erfolgte Hinrichtung des Jonas Hoos machte indessen auf Borgener und andere Seinesgleichen einen starken Eindruck, dass sie an dem Tag der Vollstreckung ihr Essen stehen liesen. Jetzt scheint alles wieder vergessen.

Vogelsberger und Wetterauer Räuber-Lied

1. Lustig ist das Kochemer Leben,

Wenn wir uns in d‘ Wehsch a) begeben,

In dem Jaar b) ist Lust und Freud

Lustig sind wir Kochemer Leut.

Trallerallera, Trallerallera,

Trallerallera, Trallallallalara.

2. Wahn uns tut der Buttlack c) plagen,

Tun wir uns ein Balo d) jagen

Jagen wir im Gefahr e) (in dem Jaar) herum,

Eins davon ist unser Lohn.

Trallerallera …

3. Wann wir im Gritschimme f) liegen,

tun wir flugs die Gahtsche g) betrügen.

Gritschimari h) schenk ein vom besten Malain!

Laßt uns Kochemer lustig seyn!

Trallerallera…

4. Thut uns dann der Gahtsche k) nexen,

Lassen wir unsre Driknalschker l) wechslen,

Machen dann unsre Kochemer Kunst, m)

Kommen d‘ dri Knalschker gleich wieder zu uns.

Trallerallera …

5. Wann wir ein’n jungen Kochemer machen,

Tut das Kuder im Buhch n) schon lachen,

Sie kommen zum Treff zum Knalschke heraus,

Sie schauen wie der Bingo o) aus.

Trallerallera …

6. Hinter dem Bajes p), hinter der Schorne q)

Treiben wir unsre Kochemer Skorne r).

Aber jetzt ist alles umsonst;

Das macht unsre Kochemer Kunst.

Trallerallera, Trallerallera,

Trallerallera, Trallallallalsara.

a) Wald, b) Wald, c) Hunger, d) Schwein, e) Dorf,  f) Wirtshaus, g) Leute, h) Wirt, i) Wein, k) Bauer, Wirt. l) Dreibätzner, m) Diebs-Handwerk, n) Kind im Leib, o) Teufel, p) Haus, q) Scheuer, r) Kunst, Handwerk

Den 7ten August 1812 wurde die Untersuchung völlig geschlossen, und tags darauf gingen die Akten, in V starken Bänden, an Großherzogliches Hofgericht zur Entscheidung ab. Das Urteil wird erwartet.

XLIII.) Johann Heinrich Vogt aus Gilsenberg, vulgo Schoden- Heinrich

Wurde den 29. Oktober 1811 von Bergen, wo er unter dem Namen Winkler saß, hierher ausgeliefert.

Signalement

Alter 35 Jahre, Größe 5 Fuß, 4 Zoll, 3 Strich. Statur ziemlich stark; ist jedoch mit einem Hodenbruch behaftet. Haare hellbraun. Augenbraunen von gleicher Farbe, klein, sehr gebogen, und weit auseinander stehend, Bart rötlich, Stirn klein, gewölbt, tief mit Haaren bewachsen; zieht die Haut daran stark in Falten, Augen dunkelgrau. Nase groß, stark, grad, die, an der Spitze gewöhnlich geformt, und zwischen den Augen etwas eingedrückt, Mund von mehr als mittelmäßiger Größe, mit derben Lefzen, Kinn und und ziemlich stark. Gesichtsform schmal und länglich; sie läuft von den ziemlich starken Kiefer-Knochen jäh zu nach der Rundung des Kinns und von ersteren nach oben beinahe in senkrechter Linie. Ohren ziemlich groß, und stark hach hinten stehend. Gesichtsfarbe gewöhnlich, an der Nase etwas rötlich. An dem linken Arm und in der linken Seite sieht man die Spuren eines erhaltenen starken Schrot-Schusses, und am rechten Arm und rechten Schenkel nach hinten große Narben, angeblich von gehabten Geschwüren. Er ist Gauner, versteht etwas von der Schmiede- Profession und bekennt sich zur reformierten Religion. Seine Beischläferin heißt Elisabetha Sommerkorn, und ist aus Freienseen, im Großherzogl. Hessischen Gräfl. Solmsischen Amt Laubach. Er hat mit ihr ein Mädchen, Namens Maria Catharina, ungefähr 4 Jahre alt. Sie war bei seiner Arretierung zum zweiten Mal schwanger.

Schicksal und Betragen

Er ist der eheliche Sohn angesessener Eltern. Sein Vater Jacob Vogt war Bauer in Gilsenberg, und nach Inquisitens Angabe einst so wohlhabend, dass er mit 6 Pferden fuhr; kam aber späterhin zurück, – durch welche Umstände? ist unbekannt; – und starb ohne Vermögen. Er verließ im 15ten Jahre seinen Geburtsort und ging nach Elberfeld, dort die Schmiede-Profession zu erlernen. Nach 2 1/2 Jahren entlief er, trieb sich als Knecht und Taglöhner herum, tat aber nirgends gut, und wurde bald im eigentlichen Verstand Tagdieb und Gauner. In Frankfurt saß er dreimal, wegen Diebstahls und gebrochener Urfehde, und wurde mit Arrest und Ausstellung an dem Halseisen bestraft. Dies geschah in den Jahren 1803 – 1805. In letztgenanntem Jahr kam er zu Marburg in Arrest und peinliche Untersuchung. Er leugnete bis zu Ende hartnäckig, wurde aber dessen unerachtet eines großen, an dem Grafen von Seibelsdorf auf der Fiddemühle begangenen Diebstahls für überführt gehalten, und „in Hinsicht auf seine vorher schon begangene, wiewohl mehrmals vergebens an ihm bestrafte Verbrechen, und daher genugsam bewiesene Unverbesserlichkeit“, zu lebenslänglicher Eisenstrafe erster Klasse und Ausstellung an den Pranger, am 5. April 1806 verurteilt.

Nach sechswöchigem Arrest zu Ziegenhain, wohin er zu Verbüßung der Eisenstrafe gebracht worden, brach er daselbst aus, wurde wieder ergriffen, und brach am 31. Dezember 1806 mit II. und XXXIX. abermals aus. Seitdem hielte er sich fast beständig in der Wetterau auf, und saß unter verschiedenen Namen zu Niederweisel, zu Hungen und zu Homburg an der Höhe. An allen diesen Orten gelang es ihm, sich wieder durch Flucht oder Ausbruch zu befreien. Im Oktober 1820 wurde er weiter von Großherzogl. Frankfurtischem Militär auf einem Hof in der Nähe von Frankfurt, arretiert, und gefänglich nach Bergen gebracht. In der Nacht von dem ersten auf den zweiten Christtag 1810 brach er aus, wurde endlich am 29. April 1811 wieder ergriffen, und von neuem nach Bergen in Arrest gebracht. An diesem Orte hatte er sich den Namen Heinrich Winkler gegeben, und sowohl seinen eigentlichen Namen und Beinamen, als alle Beschuldigungen die ihm gemacht wurden, selbst gegen Zeugen-Aussagen, auf das hartnäckigste geleugnet. In Gießen hatte man unterdessen von seinen enormen Verbrechen, so wie von seinem Arrest in Bergen, durch die große Räuber -Untersuchung Kenntnis bekommen. Es wurde daher mit dem dortigen Justizamt seinethalben eine Korrespondenz eröffnet, worin man sich diesseits erbot, seine Auslieferung anzunehmen, sobald die vermutete Identität seiner Person mit Heinrich Vogt vulgo Schoden-Heinrich, außer allen Zweifel gesetzt sei. Dieses zu bewirken schlug man vor, ihn zur Recognition vordersamst auf Heidelberg zu schicken, wo die dortige Inquisiten ebenfalls auf ihn bekannt hatten. Dies geschah. Er wurde nach Heidelberg, und von da nach Mannheim gebracht. Seine dort verhaftete Mitschuldige rekognoszierten ihn. Nach vieler vergeblichen Mühe gelang es darauf der Heidelberger Behörde, ihn nicht nur zum Geständnis der Identität seiner Person mit Heinrich Vogt vulgo Schoden-Heinrich, sondern selbst zum summarischen Bekenntnis dreier mit den dortigen Inquisiten begangener Diebstähle, zu bringen. Von Heidelberg wurde er sodann an das Kriminalgericht zu Darmstadt geschickt, um auch mit den dort Verhafteten, die ihn kennen mussten, konfrontiert zu werden. In Darmstadt aber hielt man sich hierzu noch nicht für hinlänglich unterrichtet, und remittierte ihn ohne Weiteres nach Bergen. Von da langte er am 29. October 1811 in Gießen an.

Nach seiner Ankunft in Gießen ermahnte man ihn sogleich in allen Stücken die Wahrheit zu sagen. Er erklärte, dass was er begangen, von ihm bereits in Heidelberg eingestanden worden, und dass falls ihm noch etwas weiter beifalle, er solches im demnächstigen Verhör anzeigen wolle.

Die überhäuften Geschäfte erlaubten nicht, ihn eher als am 4. Dezember 1811 zu verhören. Jetzt hatte er die unbegreifliche Frechheit, die drei zu Heidelberg bekannte, und bei seiner Einbringung hierher nicht geleugnete Diebstähle, wieder in Abrede zu stellen, und in allen Stücken seine Unschuld zu behaupten. Zur Entschuldigung seines Widerrufs bediente er sich der kahlen Ausflucht: Er habe zu Heidelberg aus bloßer Gefälligkeit gegen den dortigen Inquirenten, und um sich eine bessere Behandlung zu erwirken, Diebstähle die er nicht begangen, auf sich genommen. Bei weiteren hiesigen Verhören brachte man ihn zwar dahin, zwei der dort bekannten Diebstähle von neuem einzugestehen. Zum wiederholten Bekenntnis des dritten aber, nämlich des Einbruchs zu Kaichen, war er schlechterdings nicht zu bringen.

Ebenso standhaft leugnete er alle andere Beschuldigungen. Er wurde wegen des Straßenraubs hei Kleinrechtenbach mit seinen hiesigen Komplizen konfrontiert. Drei davon sagten ihm in das Gesicht, dass er dabei eine Hauptrolle gespielt. Er leugnete. Der vierte, – Schwarzer Jung, – wurde durch seine Mienen; (wie er nachher selbst gestand) irre gemacht. Schoden-Heinrich hatte ihn nämlich von oben bis unten verächtlich angesehen, das Gesicht in Falten gezogen, und vor ihm ausgespieen. – Späterhin sagte ihm jedoch auch jener; wiewohl vergeblich, unter die Augen, er sei dabei gewesen. Man schickte Schoden-Heinrich nach Darmstadt, und ersuchte das dortige Kriminalgericht um Konfrontation mit den dort verhafteten Mitschuldigen. Aber diese Maßregel verfehlte ihres Zweckes. Unterdessen hatten sich hier die Verdachtsgründe gegen den Inquisiten noch mehr gehäuft. Unter andern war noch ein Komplize des Kleinrechtenbacher Straßenraubs hier eingezogen worden, welcher ebenfalls auf ihn bekannte. Nach seiner Rückkunft von Darmstadt konfrontierte man ihn mit demselben. Es trat nun in der Person dieses Neuverhafteten auch der fünfte Mitschuldige gegen ihn auf, der ihm in das Gesicht sagte, dass er diesem Straßenraub beigewohnt habe. Dem unerachtet blieb Schoden-Heinrich bei dem Leugnen.

Das Spezial-Verhör wurde jetzt Punkt für Punkt gegen ihn eröffnet. Alle Vernehmungen und Konfrontationen blieben vergebens. Zuletzt versuchte man noch, so viel möglich Zeugenbeweis gegen ihn zu sammeln, und ihn dadurch in die Enge zu treiben.

Das Resultat der ganzen Untersuchung beschränkte sich indessen auf das Geständnis noch dreier vorher nicht gestandener Diebstähle. Von Straßenräubereien wollte er aber durchaus nichts wissen. Die gegen Schoden-Heinrich vorgelegene Bezichtigungen wird man nun unter der Rubrik: Verbrechen, der Reihe nach anführen, und diejenige darunter; welche er als wahr gestanden hat, mit einem Sternchen bemerken.

Charakter

Er ist  der eines ausgelernten durchaus verdorbenen Taugenichts und Spitzbuben, bei dem keine Ermahnungen und Vorstellungen Wirkung hervorbringen.

Verbrechen

A.) Bezichtigungen von Seiten hiesiger Mitschuldigen

1.) Straßenraub im Königsteiner Wald an einem Juden und einem Christen. XX. 10.

2.) Straßenraub ebendaselbst an Metzgern. XX. 11.

3.) Tentierte Beraubung und vollzogene Misshandlung eines Bäckers von Seulberg, ebendaselbst: XX. 12

4.) Schwere Misshandlung zweier Leute aus Köppern. XX. 13.

5.) Versuchter Straßenraub bei Münzenberg. XXXIII. 7, XXXVIII.3

6.) Versuchter Straßenraub zwischen Hainchen und Himbach. XXXIII. 8., XXXVIII. 4.

7.) Vollzogener Straßenraub ebendaselbst, XXXIII. 8., XXXVIII. 4.

8.) Straßenraub an Licher Juden, XXXV. 50.

Die beraubte Juden, drei an der Zahl, waren eine Stunde vor Tag von Lich weggegangen, um am 16. November 1808 den Grünberger Jahrmarkt mit Waren zu besuchen. Sie wurden eine Stunde von Lich, unfern der Saubrücke, angegriffen. Einer von ihnen wurde stark misshandelt. Der Wert des Geraubten beträgt nach eidlicher Würdigung, 312fl.

Anschuh, der mit zugesehen haben will, nennt als Teilnehmer:

Schoden-Heinrich

Veit Krämer

Hessen-Heinrich

Hannfried

Albert Krämer

Lahmer Hannjost

Joh. Adam Steininger

Überrheiner Wilhelm

Doch ist er nicht ganz fest in seiner Behauptung. Mühlarzt (XLI.) gibt an, Albert Krämer vulgo Zunder-Albert habe ihm ein von diesem Raub herrührendes krummes Messer zum Verkauf angeboten. Mühlarzt will ebenfalls davon gehört haben, dass Hannfried und Joh. Adam Steininger (XXXIII.) bei diesem Raub gewesen sei, Heidenpeter (XXXIX.) will weiter niemand bestimmt zu nennen wissen, als den Joh. Adam Steininger, welcher ihn selbst habe engagieren wollen, daran Teil zu nehmen.

9.) Versuchter Einbruch zu Heldenbergen, bei einem Krämer. XXXIII.9. XXXVII. 23. und XXXVIII. Zu Ende

10.) Diebstahl eines großen Brandweins-Geschirrs im Wirtshaus zu Heldenbergen

Wert 130 fl. XXXIII. 10, XXXVII. 24. und XXXVIII.

11.) Bestürmung des Hauses eines Juden zu Erbstadt, und intendierte Ermordung desselben, XXXIII.,11., XXXVII.24. und XXXVIII.

12.) Großer Straßenraub bei Kleinrechtenbach, zwischen Butzbach und Wetzlar. XXXIV.1., XXXV. 1, XXXVI.1., XXXVII.1 und XXXIX. 1.

13.) Tentierter Raub bei Gelnhausen. XXXIV.4, XXXV. 46., XXXVII. 3., XXXVIII. 2. und XXXIX. 21.

14.) Tentierter Braukessel-Diebstahl zu Oberwiddersheim. XXXIV. 18. usw.

15.) Einbruch und Diebstahl eines Kessels und mehreren Hemden zu Weckelsheim. XXXV. 33.

16.) Öl- Diebstahl mit Einbruch auf der Dorheimer Mühle. XXXV.42.

17.) * Diebstahl von Kühhäuten mit Einbruch Münzenberg. XXXV. 44.

18.) * Qualifizierter Diebstahl zu Hörgern mit Misshandlungen gegen Leute. XXXVI. 3.

Den Diebstahl hat er eingestanden, die Teilnahme an den Misshandlungen aber geleugnet.

19.) Einbruch und Zinn- Diebstahl in dem Pfarrhause zu Muschenheim. XXXVII. 22.

20.) * Braukessel-Diebstahl zu Ziegenberg. XXXIX, 18.

21.) Diebstahl einer Glocke bei Friedberg. XXXIX.44.

22.) Qualifizierter großer Diebstahl in dem Berg-Wirtshaus zu Gedern. XXXIX. 45.

23.) Qualifizierter großer Diebstahl bei Hrn. Grafen Rohde auf der Oberburg bei Heldenbergen. XXXIX. 48.

24.) Wäsche-Diebstahl auf dem Pfaffenhof. XXXIX. 49.

B.) Bezichtigungen von Seiten Heidelberger Inquisiten

25.) Straßenraub bei Vilbel. S. Pfisters Aktenm. Gesch. Th. 1. n. XXXVI.

26.) Straßenraub auf der langen Meile, Ebend. p. 90. n. XLVII.

27.) Entwendung eines Bierkessels auf dem Pfaffenhof. Wert 68 fl. Ebendas. p. 95. n. LIX

28.) * Qualifizierter Diebstahl zu Kaichen. Ebend. p. 102 n. LXXIV.

Eingestanden und widerrufen. Dieser Diebstahl geschah in der Wohnung des Wirtschafts-Beständers Carl Stoll zum Adler, mittelst Einsteigen auf einer Leiter und Einbruch in die Oberstube. Der Wert des Entwendeten ist eidlich angegeben auf 95 fl. 20 kr.

29.) Einbruch zu Steinheim, Großh. Hessischen Amts Nidda. Wert 139 fl. Ebend. p. 105 usw. no. LXXXII

30.) * Kessel-Diebstahl auf der Scharrmühle, Ebend. p. 109. n. XCIII

Der Kessel war eingemauert, und wurde nach eidlicher Erhärtung des Eigentümers, Müllers Heinrich Hock, mittelst Erbrechung von vier verschlossenen Türen entwendet. Der Schaden überhaupt beträgt 28-30 fl., der Wert des Kessels wenigstens 12 fl. Teilnehmer dieses Diebstahls war der in Heidelberg hingerichtete Mahnen-Friedrich.

31.) Diebstahl eines Stück Tuchs auf dem Pfaffenhof.

Wurde aus dem kleinen Garten an der Nied gestohlen. Wert 36 fl.

C.) Bezichtigungen von Seiten zu Darmstadt verhafteter Mitschuldigen; insonderheit Joh. Adam Heusners

32.) Diebstahl mit Einbruch und Waffen bei einem Krämer zu Langenbergheim, Isenburg-Meerholzischen Amtes Marienborn. 12/13. Juni 1809

Teilnehmer:

Hessen-Heinrich

Lahmer Hannjost

Johann Adam Heusner

Der Bestohlene heißt nach dem Verifikations-Protokoll Heinrich Schneider. Sein Verlust besteht in 8 Pfd. Kaffee, 3 Pfd. Zucker ; 1/8 Ctr. Rauchtabak, drei Packen Knöpfen, jeden zu 12 Dutzend, sodann etwas Zwirn und Schnüren. Holzapfel soll die Gelegenheit gewusst haben; und Heusner führte; nach seinem Geständnis eine geladene Pistole.

33.) Diebstahl eines Brandweinkessel -Hutes auf einer Mühle unfern des vorigen Ortes

Auf dem Rückweg von vorigem Diebstahl soll Schoden-Heinrich diesen Diebstahl allein verübt und den gestohlenen Hut in Höchst verkauft haben. Nach dem eingegangenen Verifikations-Protokoll ist der Bestohlene der Müller Friedrich Schatz. Mit dem Hut wurden ihm noch einige andere kupferne und messingene Gerätschaften, welche zur Brandweinbrennerei gehören, entwendet. Auch wurde dem Brenner ein blau tuchenes Wams, und noch einige kurze Kleidungsstücke; wobei ein Messer war, mitgenommen.

34.) Straßenraub zwischen Kloppenheim und Niedwöllstadt; unfern der neuen Herberge Febr. 1809

Teilnehmer: Johann Adam Heusner.

Ein Fuhrmann von Niederwöllstadt, Namens Hartmann Kost, wurde nach eingetretener Nacht durch die beiden Räuber von hinten angefallen, überwältigt, in den Chaussee-Graben geworfen, und gebunden. Die Räuber nahmen dann von dem Karren so viel Kaffee und Zucker als sie bei sich packen konnten, auch einige Tausend Näh- und Stecknadeln, und einige Pfund Rosinen. Der Wert der geraubten Sachen ist auf 150 fl. eidlich erhärtet. Die Räuber hatten die Ballen und Säcke aufgeschnitten, wodurch, außer dem Mitgenommenen, noch Vieles zu Grunde ging, und im Kot zerstreut wurde. Übrigens trieben sie den Mutwillen so weit, dass sie dem gebundenen Fuhrmann von den geraubten Rosinen in das Maul steckten, und ihn davon zu essen zwangen, ob er gleich aufrichtig versicherte, dass er gar keinen Appetit danach habe, weil sie so teuer zu stehen kämen. Odenwälder Hann-Adam hat angegeben, dass die geraubte Waren in dem Beyernheimer Wirtshaus geteilt worden, und diese Angabe hat sich auch durch die Abhör des Wirtes selber bestätigt, welcher Schoden-Heinrich in das Gesicht sagte, dass er um jene Zeit Kaffee in sein Haus gebracht habe. Schoden-Heinrich war dem unerachtet nicht zum Geständnis zu bringen.

D.) Bezüchtigung von dem zu Langenselbold verhaftet gewesenen, modo zu Offenbach hingerichteten Conrad Werner

35.) Zinn-und Dörrfleisch-Diebstahl in dem Schloß Ilbenstadt, mit Einbruch

Angeblicher Teilnehmer Mahnen-Friedrich

Hölzerlips hat die Wahrheit der Wernerischen Aussage bekräftigt. Indessen hat Mahnen-Friedrich sowohl, als Schoden-Heinrich, die Beschuldigung geleugnet. Der Diebstahl geschah in der Nacht vom 18ten auf den 19ten März 1811 und beträgt an Wert 65fl. 36 kr. Die Diebe mussten, um ihn zu begehen, eine dicke Mauer durchbrechen.

Die VI die Bände starke Untersuchungs- Akten wurden den 30. Oktober 1812 der Urteilenden Behörde vorgelegt. Sie war der Meinung, das Resultat der hiesigen Untersuchung könne keine höhere Strafe begründen, als diejenige, welche dem Inquisiten im Jahr 1806 bereits zu Marburg diktiert worden. Er wurde dem zu Folge am 20. Dezember 1812 nach Marburg ausgeliefert, wo sofort die Einleitung getroffen wurde, ihn die lebenslängliche Eisenstrafe, der er sich durch Ausbruch entzogen hatte, verbüßen zu lassen.

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Anhang

Während des Drucks bis hierher sind weiter folgende Urteile, welche teils Vogelsberger teils Wetterauer Räuber betreffen, gegeben und bekannt gemacht worden.

Vogelsberger Bande

Ad IX.

Hermann Glaser wurde durch Urteil vom 23ten November 1812, hinsichtlich der angeschuldigten Diebstahle und Diebsverbindung von der Instanz absolviert, und unter Anrechnung des bisherigen Arrestes als Strafe für sein Vagabunden-Leben und den eingestandenen Versuch eines Bienen-Diebstahls, der Großherzoglich Hessischen Staaten, mit gewöhnlicher Bedrohung, verwiesen. Da er aus dem Großherzogtum Berg gebürtig ist, so wurde er unterm 15. Dezember 1812 an die Präfektur zu Dillenburg von Großherzoglicher Regierung zur weiteren Verfügung ausgeliefert.

Ad XL.

Johannes Höhl, vulgo Lieschens-Hannes, wurde durch Urteil vom 30ten November 1812 zur weiteren fünfjährigen Zuchthausstrafe condemnirt, und beruhigte sich dabei.

Ad XVIII.

Michael Borgener, vulgo Pohlengängers Michel, erhielt durch Urteil vom 2ten November 1812 zwanzigjährige Zuchthausstrafe.

Ad XIX.

Johann Adam Franks Konkubine, Henrike Stockin, vulgo Gläser-Hannesen Jette, aus Rudingshausen auf der Rabenau gebürtig, wurde zu anderthalbjähriger Zuchthausstrafe, und demnächstigen Beibehaltung auf unbestimmte Zeit im Korrektions-Haus unterm 28ten Oktober 1812 condemnirt.

Ad XXI.

Johann Heinrich Deutscher wurde durch Urteil vom 16ten November 1812, hinsichtlich der angeschuldigten Diebsstähle von der Instanz absolviert, und unter Anrechnung des Arrestes als Strafe für sein Vagabunden-Leben, und Landesverweisung, der Vorkehrung Großherzoglicher Regierung als Ober-Polizei-Behörde überlassen. Da sich unterdessen gegen ihn der Verdacht ergeben hatte, dass er an einem bei Melsungen im Königreich Westphalen vorgefallenen Straßenraub Anteil genommen, auch an den Tag gekommen war, dass sein Bruder, der eine Schwester Martin Rupprechts zur Beischläferin hatte, im Königl. Westphälischen in den Eisen geht, und Inquisit an diesem Verbrechen wahrscheinlich Anteil hat; so wurde er unterm 15ten Dezember 1812 nach Marburg ausgeliefert. Überhaupt ist von diesen Inquisiten zu merken, dass er sich aus dem ehemaligen Niederhessen in den Vogelsberg geflüchtet, und daher wahrscheinlich ehedem zu der Niederhessischen Bande gehört hat.

Ad XXII.

Joseph Dambach aus Salzschlirf, vulgo Tyrolers Joseph, wurde durch Urteil vom 16ten November 1812, rücksichtlich der in der hiesigen Untersuchung beschuldigten Diebstähle von der Instanz absolviert, und als ausländischer Vagabund des Landes verwiesen, hierauf am 11ten Dezember 1812 nach Fulda ausgeliefert, zur Verbüßung der ihm dort früher hin diktierten Zuchthausstrafe. S. p. 186.

Wetterauer Bande.

Ad XXIX.

Johann Christian Valentin Oberländer, vulgo Löffelhannes oder schwarzer Christel, wurde den 9ten November 1812 zu vier und zwanzigjähriger Zuchthausstrafe verurteilt. Dessen Frau Anna Maria, geborene Schmittin, erhielt durch Urteil de eodem eine dreijährige Zuchthausstrafe. Beide beruhigten sich dabei.

Ad XLI.

Martin Knaus bekannte am 26ten Jenner 1813 noch weiter

9. einen Diebstahls-Versuch zu Todtenhausen, in der Gegend von Wetter, Werra-Departements, Königreichs Westphalen, der von sonderbaren Umständen begleitet war, und vor 4-5 Jahren geschahe.

Teilnehmer:

Birklarer Schneider (zu Marburg hingerichtet.)

Justus Strack

Jacob Strack

und nach der, von dem Königl. Westphälischen Kriminalrichter Hrn. Scheffer zu Marburg anhero kommunizierten Aussage des dort verhafteten Andreas Fischer, weiter:

Andreas Fischer und

Conrad Kreis

Knaus gibt zu, dass ersterer dabei gewesen sein möge, leugnet aber die Teilnahme des letzteren. Die Diebe gingen, wie Knaus sagt, auf Angeben der Gebruder Strack, von Brungershausen aus, um in der Nacht den Braukessel zu Todtenhausen zu entwenden. Als sie an Ort und Stelle und eben im Begriff waren, den Diebstahl zu vollziehen, kam noch eine andere Diebsgesellschaft angezogen, welche ebenfalls die Absicht hatte, diesen Diebstahl zu verrichten. Knaus weiß angeblich niemand weiter davon, als den Kölnischen Wilhelm oder Krax und den neuen Lumpenmann (Christoph Schmitt) namhaft zu machen. Andreas Fischer, vulgo schwarzer Andres, gibt aber, außer jenen, noch folgende Mitglieder an:

Lumpensammler Marx aus Zoesten,

einen Bottendörfer Bauer, welcher schon einmal in dem dermaligen Königreiche Westphalen in den Eisen gegangen, namens Scholte oder Nolte, und mehrere andere, die er nicht gekannt habe.

Beide Gesellschaften vereinigten sich nun, wie es in solchen Fällen bei den Gaunern einer Bande Regel ist, den Diebstahl gemeinschaftlich zu verüben. Schon war der Kessel ausgebrohen, und, wie Fischer behauptet, mit gesamter Hand bis auf eine nahe gelegene Wiese getragen, als der neben dem Brauhaus wohnende Gemeindeschäfer David Archinal, durch das Gäuzen seiner Hunde geweckt, an das Fenster kam, solches öffnete, und von einem der Diebe, die seine Wohnung umstellt harten, (wie Knaus behauptet, dem s.g. neuen Lumpenmann) mit einem Prügel einen so derben Schlag vor den Kopf bekam, dass die Narbe davon noch zu sehen ist. Zu gleicher Zeit tat ein anderer Dieb einen Schuss mit seiner Pistole, welches den Schäfer anfänglich glauben machte, dass er geschossen wäre, einen Teil der Diebe aber zur augenblicklichen Flucht veranlasste. Die weniger Furchtsamen waren nicht im Stande, den schweren Braukessel im Angesicht der sich versammelnden, und auf sie andringenden Dorfs Gemeinde fortzubringen, und mussten also ihre Beute ebenfalls im Stich lassen. Übrigens waren, nach Aussage abgehörter Zeugen, mehrere von den Dieben mit Schießgewehr bewaffnet, und verschiedenen Leuten, welche um das Brauhaus wohnten, namentlich dem Wirt Wieland Klingelhöfer und dem Förster Sartorius, waren die Hunde vergiftet worden. Dem geschlagenen Schäfer wurde die Rinde von einem jungen Zwetschen- Baum aus der Wunde genommen, auch hatten die Diebe, nach Aussage einer Zeugin, ein Pferd bei sich, welches während dem Diebstahl auf der Wiese, neben dem Brauhaus geweidet hat.

Den 23. Februar 1813 wurden die Akten zur Entscheidung eingeschickt. Bald darauf, den 28ten ejusd., starb Knaus im Arreste.