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Seite 75 – 99

Nachtrag zu der aktenmäßigen Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwalde. Enthaltend vorzüglich auch die Geschichte der weitern Verhaftung, VerUrteilung und Hinrichtung der Mörder des Handelsmanns Jacob Rieder von Winterthur. Nebst einer neueren Sammlung und Verdollmetschung mehrerer Wörter aus der Jenischen oder Gauner-Sprache.

Die Gaunerliste des Königl. Würtembergischen Oberamts Neustadt an der großen Linde von 1788 beschreibt 45 Individuen.

Die Bande des am 5. Aug. 1788 bei dem Freiherrlich von Ovischen Obervogteiamte zu Felldorf zum Tod Verurteilten Johann Reinhard, vulgo Zigeuner-Meizele ist nicht verzeichnet und beschrieben; da Er selbst aber 79 Verbrechen eingestanden hat, so kann man sich ungefähr einen Begriff von ihrem Umfange machen.

Die Liste des Königlich Würtembergischen Oberamts Sulz am Neckar beschreibt 347 Gauner.

Die Könger Liste von 1784 ebenfalls 134 Köpfe. Die Bande des am 5. Februar 179o zu Thiersheim justifizierten Straßen- und Postwagen-Räubers Johann Mergenthal ist gleichfalls nicht aufgezählt und beschrieben; sie muss aber, bei der Gewalt, welche die Räubereien begleiteten, stark gewesen sein.

Die Münsinger Liste von 1758 beschreibt 128 Gauner.

Die Bande des mit seiner Frau, der sogenannten schwarzen Liesel, im Jahre 1788 zu Oberdischingen hingerichteten Johannes Gaßner ist zwar ebenfalls nicht beschrieben; man kann sich aber leicht einen Begriff von ihrer Ausdehnung machen, wenn man bedenkt, dass Gaßner 31 Verbrechen, unter welchen sogar verschiedene Chaßnen  (Einbrüche mit Sturm) vorkommen; seine Frau hingegen 3oo von ihr verübte Diebstähle einbekannt habe.

Die Münsinger Liste von 1785 beschreibt weiter 400 Subjekte.

Die ungedruckte Liste der in den Jahren 1791 und 1792 zu Leimen verhaftet gewesenen Johannes Rangischen Gauner-Bande beschreibt 200 Individuen.

Die Freiburger Liste aus den Untersuchungsacten gegen Cecilie Dinaisch, vulgo Konstanzer-Zill und gegen Conrad Mayer von Geißlingen umfaßt 120 Personen.

Die General-Gaunerliste des würdigen Herrn Obervogts Roth zu Emmendingen, zusammengetragen aus folgenden Listen:

der Salmansweilerer geschriebenen, Oberdischinger von 1799, Sulzer von 1784, Schweizer von 1784 und 1787, Rheinegger von 1797, Frauenfelder von 1797, Buchloer von 1782, Mahlberger von

1784, Sulzer von 1799, Heiligenberger von 1781 und 1798, Buchauer von 178o, Münsinger geschriebenen von 1783 und 1788, Diessenhofer, Rothenmünsterer, Könger, Uracher, Sigmaringer

von 1770 und 1779 Thenger geschriebenen, Schiltacher, Neustatter, der Althauser von 1782, Freiburger von 1795, Altstätter von 1786 und 1789, Söfflinger von 1777, Mühlheimer von 1795, Goßauer von 1786, St. Galler, Münchner von 1781, Hüfinger von 1784, Schorndorfer von 1792, Hohengeroldsecker geschriebenen, Aschaffenburger, Emmendinger geschriebenen von 1794, Seelbacher geschriebenen, Glatter geschriebenen, Tübinger geschriebenen, Marienfelder von 179o, Darmstädter geschriebenen, Hornberger, und Backnanger – liefert ein Verzeichnis von nicht weniger als 3147 Gaunern, worunter 223 justifizierte vorkommen.

All dieser Listen und Justifikationen ungeachtet bildete sich die Niederländer Bande. Sie enthielt 2o5 Glieder. Die Moselbande lieferte 12 ihrer Glieder dem Gerichte. Die Bande des Schinderhannes enthielt 41 verurteilte und 21 signalisierte Verbrecher, also im Ganzen 62.

Die des Damian Hessel 68 Verurteilte, 33 Freie, im Ganzen mithin 101.

Kaum war diese Bande verurteilt, so bildete sich im Jahr 181o die im October dieses Jahrs jenseits Rheins verUrteilte Anton Keilische Bande und kaum hatte Keil das rechte Rheinufer betreten, so

ging diesseits der Unfug wieder los. Man kennt aus dem ersten und wird aus diesem nachträglichen

Theile die Ausdehnung der darin beschriebenen Räuberbande kennen. In Giesen sind ohne die Weiber und Kinder 12o Gauner und Vaganten verhaftet. Y

Die neueste Maßfelder Liste beschreibt 45 Gauner.

Die neueste Fulder Liste 299.

Überdies haben wir eine ganz neue Liste von falschen Collectanten und Steifbettlern. Sie zählt 47 Köpfe. In dem einzigen Monate December 1811 wurden von der Königl. Baierschen zur Landes- Sicherheit aufgestellten Cordons-Mannschaft 1o41 männliche und 56o weibliche Vaganten aufgefangen.

Im Monate Jänner 1812 hat die Königl, Westphälische Gensdarmerie eingebracht 122 Vaganten,

In den Monaten Februar, März und April 1812 wurden in Frankfurt eingebracht 10 Vaganten mit 26 Weibern und 55 Kindern.

Dies sind nur wenige, nur partielle Übersichten und Nachrichten aus wenigen Ländern. Man berechne hiernach ungefähr den Bestand in den übrigen Jahren und in ganz Deutschland, und man wird vor der erscheinenden ungeheuren Menge zurückschaudern und das nicht für übertrieben halten, was ein Ungenannter in den Allgemeinen Justiz- und Polizei-Blättern 1812, Nr. 55 sagt:

“Es kann,” spricht er, “keine Feder beschreiben, wie sehr seit den letzten Kriegsjahren, die Zahl der Arbeitslosen, demoralisierten Menschen, Bettler, Vaganten, Diebe, Räuber und Mörder zugenommen hat. Selbst Geistliche wurden Mörder. Nach öffentlichen Nachrichten, Anzeigen, Warnungen und Steckbriefen, deren Zirkulation und Abschreiben fast täglich einen Polizeidiener beschäftiget, hat die Zahl der Diebe so sehr sich vermehrt, dass in mancher Gegend nicht nur der Gutsbesitzer, und der Staatsdiener, welcher eine öffentliche Kasse zu verwalten hat, sondern beinahe ein jeder Hausbesitzer, der noch etwas zu verlieren hat sein Haus wie eine in Belagerungsstand erklärte Festung zu verwahren besorgt ist. Und wie wird es dann erst werden, wenn neue Kriege mit allen ihren Schrecknissen über uns ausbrechen?

Wie wenig bisher alle in so großer Anzahl erschienenen Gaunerlisten, wie wenig alle die einzelnen, meistenteils nur flüchtig entworfenen und verspätet erscheinenden Steckbriefe genützt haben, wie

wenig die tätigste Bemühung einzelner Beamten, wie wenig selbst gegen einzelne Individuen verhängte Todesstrafen gefruchtet haben; haben wir überall sattsam gesehen. Noch während dem Laufe der jetzt noch in Darmstadt, Langenselbold, Giesen, Marburg, Fulda, Würzburg, Breuberg, Buchen, Koburg, bei mehreren Königlich Württembergischen Kriminalgerichten und da hier geführt werdenden Untersuchungen zeigten sich in der Schweiz die Spuren neuer Räuberbanden, wurden selbst in unsern Gegenden wiederholte Straßenräubereien verübt; – und so wird es ewig in  fürchterlicher Progression fortgehen, wenn nicht Anders, als bisher gehandelt wird. Die Gauner selbst erklären ja deutlich genug, dass die bisherigen Maßregeln gegen sie so ungerecht, als unzureichend seien; dass man sie dadurch nur zu neuen Verbrechen nötige. Sie sehen sich

als widerrechtlich ausgestoßen, verbannt und verfolgt an, und betrachten daher Alles, was sie tun, als erlaubte Rothwehr oder Gegenwehr. So wie man einst die Juden allgemein des Betrugs beschuldigte und dann sich selbst sagte: sie müssen betrügen, weil man ihnen jeden andern Gewerbszweig entziehe; – so gestehe man nun auch aufrichtig: dass aus gleichem Grunde die Gauner ihr Handwerk so lange forttreiben werden und müssen, als man es ihnen, in sonderbarer Verkehrtheit, unmöglich macht, ehrlich zu leben. Doch wozu weitere Deklamationen hier, wo die Sache selbst spricht und wo es nur eines ruhigen Blicks bedarf, um das Uebel in seiner ganzen ungeheuren Größe und das so nahe liegende Mittel dagegen zu finden!

Ich breche daher ab, und kehre zu der für manchen Leser vielleicht schon zu lange unterbrochenen Geschichte zurück. Mathes Oesterlein, welcher indessen auch wieder nach Heidelberg gebracht worden war, zeigte weniger Angst vor der Todesstrafe, als die Andern; denn er behauptet: Er könne im Badischen Lande nicht hingerichtet werden, weil er in diesem Lande kein schweres Verbrechen verübt habe. So schafft sich jeder der Gauner seine eigne Philosophie, seine eigne Rechtstheorie, seine eignen Hoffnungen und bleibt im Vertrauen auf dieselben seinem Systeme getreu. So beruhigt und zufrieden auch Oesterlein erschien, so konnte er doch zu einigen weitern Geständnissen gegen Manne Friederich nicht gebracht werden, und zwar, wie Hölzerlips sehr richtig bemerkte, wahrscheinlich nur darum, weil er in Mannheim bei Manne Friederich gesessen und von diesem instruiert worden war.

Manne Friederich selbst erschien zwar mit der Ostentation der vollen Überzeugung, die er sich auch nicht benehmen ließ, dass er sowohl, als die übrigen Teilnehmer am Raubmord zwischen Laudenbach und Hemsbach mit dem Tode bestraft würden; dessen ungeachtet aber in der besten Laune wieder in Heidelberg. Er leugnete aber jedes weiter gegen ihn angezeigte Vergehen und fügte stets die Versicherung bei: Er würde es, wenn er es verübt hätte, angehen, denn schaden könne es ihm ja doch nicht, indem er wisse, dass er hingerichtet werde. In den Konfrontationen mit Hölzerlips, welcher verschiedene neue Vergehen, wovon unten noch die Rede sein wird, gegen ihn angezeigt hatte, benahm er sich sehr unbändig gegen diesen, und suchte jedes Mal die Beschuldigung auf den Hölzerlips zurückzuschieben. Er wollte mancher Beschuldigung dadurch ausweichen, dass er  behauptete, es gebe 3 Gauner, welche den Namen Manne Friederich trügen; welche Behauptung jedoch Hölzerlips für falsch erklärt und dieser Erklärung, mit Stolz, die Versicherung beifügte: “Es giebt nur einen Hölzerlips – und der bin ich!” & Gelegenheitlich dieser Confrontation kam auch eine weitere unter den Räubern in Mannheim getroffene Verabredung zu Tage, wonach keiner von ihnen den langen Andres, wenn er eingebracht würde und so auch keinen Andern ihrer etwa noch verhaftet werdenden Kameraden recognosciren sollte. Man verzeihe mir kleinlich scheinende Details dieser Art! sie stehen hier nicht sowohl als interessante Züge für den nur Unterhaltung suchenden Leser, sondern vielmehr als Winke für den Richter, dass er alles anwenden müsse, um, selbst nach dem Schlusse der Untersuchung, Collusionen zu verhüten, – und dass er, ohne die höchste Not, seine Inquisiten vor verkündetem Urteile nicht aus seiner Hand gebe. Hätte ich mich der hiesigen Inquisiten nicht so sehr vergewissert gehabt; wäre das Mindeste versehen gewesen; – welche unübersehbaren Nachtheile hätten durch die Kollusionen, wozu sie in Mannheim Platz fanden, und durch die, ohne alle Vorsicht gestatteten Besuche der Neugierigen und deren mitunter sehr unüberlegte Äußerungen und Fragen, die mir nun erst kund wurden, hervorgebracht werden können ! Ich muss gestehen, ich begreife es selbst kaum, dass dieses nicht wirklich geschehen ist. Diese Rücksichten bewogen mich denn auch zu dem Entschlusse, die wieder hierher verbrachten Inquisiten, wozu später auch Basti und Andreas Petri kamen, bis zur Urteilsverkündung hier zu behalten.

Einen weitern Beleg zu der Lehre: dass man mit diesen Menschen durchaus nicht behutsam genug sein könne, liefert die Erzählung Bastis: Er habe einen ihm wohlbekannten Kochemern, Jacob N. N., einen guten Kameraden des Zahnfranzen Philipp, auf einen Sonntag, unter andern Leuten, durch den Zuchthaushof, in die Zuchthauskirche und wieder heraus gehen sehen. Ohne Absicht war diese Andacht nicht. Man sollte die Zuchthauskirche durchaus nur von Züchtlingen und dem ständigen Hauspersonale besuchen lassen.

Unter mancherlei weiteren, wechselseitigen Beschuldigungen Und sonstigen Angaben der Inquisiten war auch das endliche Geständnisse des Manne Friederich: dass der Amtsdiener zu Zwingenberg selbst ihm zur Flucht behilflich gewesen sei, und zwar gegen zwei große Thaler, welche Manne Friederich mit in das Gefängnis gebracht hatte. Der Amtsdiener, sagte er nun, habe ihm Abends halb 1o Uhr einen Meisel in das Gefängnis gebracht, damit er sich dessen zum Ausbruch bediene. Der Amtsdiener Conrad leugnete die ganze Beschuldigung; Manne Friederich beharrte aber bei seinen Angaben und behauptete die Wahrheit derselben dem Conrad unter das Angesicht. Bei gänzlichem Beweismangel musste Conrad, was auch geschah, für klagfrei erklärt werden.

Auch von Seiten des Johann Adam Heußner waren gegen Manne Friederich die Beschuldigungen eingelangt, dass er an den gewaltsamen Einbrüchen zu Grävenwiesbach und auf einer Mühle bei Gelnhausen Antheil gehabt habe. Manne Friederich leugnete dieses standhaft und deckte sich mit dem gewohnten Schilde : er würde seine Teilnahme hieran eingestehen, wenn sie in Wahrheit gegründet wäre, da ihm ein solches Geständnis doch nicht mehr schaden könne.

Er verriet aber bei andern Gelegenheiten nur allzu deutlich, dass er immer noch große Hoffnung habe, begnadigt zu werden; jenes Vorgeben war also nichts Anderes als das in seiner Lage bequemste Ausbeugungsmittel. Er führte als ferneren Beweis, dass er an jenen beiden Vergehen nicht Theil genommen habe, an: dass er zur Zeit, als dieselben verübt wurden, schon mit Peter Heinrichs Hannadam in Arnsberg gesessen sei. Heußner beharrte dagegen bei seiner Beschuldigung, und versicherte ganz bestimmt, dass jene beide Verbrechen vor der Verhaftung des Manne Friederich und Peter Heinrichs Hannadam verübt worden seien. Es zeigte sich auch wirklich, dass beide Einbrüche im August 18o7 verübt wurden, Manne Friederich und Peter Heinrichs Hannadam aber erst im December zu Hallenberg, in Pölmanns Wirthshaus, zu Haften, von da nach Medebach und von dort nach Arnsberg kamen. Dessen ungeachtet blieb Manne Friederich bei seinem Läugnen. Wenn von der einen Seite J. A. Heußner den Manne Friederich mitunter auch den Heiden Friederich nannte und vorgab, er habe früher Karrn und Pferd besessen – und mit Porzellan gehandelt, – und dadurch einigen Zweifel über die Identität der Person erzeugte, indem man keine Spur hat, dass Manne-Friederich früher mit Zigeunern in Verbindung gestanden und Karrn und Pferd besessen habe; so war dagegen von der andern Seite wieder zu bedenken, dass Manne Friederich gerade zur Zeit der verübten gewaltsamen Einbrüche mit verschiedenen dabei betheiligten und namentlich mit dem Peter Heinrichs Hannadam in genauer Verbindung lebte und dass er, nach eigner Angabe, vordem auch mit Kaffeeschalen, welche er jedoch nur in einem Tragreif selbst getragen haben will, gehandelt habe. Es war daher allerdings von Bedeutung, diesen Umstand richtig zu stellen. Nicht sowohl darum, weil er auf Manne Friederichs endliches Schicksal bedeutend influiren konnte, als um zu erfahren, ob J. A. Heußner sich nicht geirrt, in diesem Irrtum den Manne Friederich genannt, und so den, welchen er mit ihm verwechselte, frei gesprochen habe; – auch weil, wenn Manne Friederich der Teilnahme überführt wurde, dadurch zugleich der Beweis seiner abgeleugneten frühern Verbindung mit alten bekannten Haupträubern hergestellt war, und man dann hoffen konnte, durch ihn noch manchen wichtigen Aufschluss über diese und ihre Vergehen zu erhalten. In diesem Anbetracht ließ man den Manne Friederich wohl bewacht nach Darmstadt verbringen, wohin sich der Verfasser dann auch selbst begab, um dort den Manne Friederich von J. A. Heußner recognosciren zu lassen und nach richtig gestellter Identität der Person die Konfrontation zwischen beiden zu bewirken.

J. A. Heußner erkannte in dem Manne Friederich bestimmt denjenigen Manne Friederich, welcher an den obgedachten zwei gewaltsamen Einbrüchen Theil gehabt habe, und erklärte sich bereit, dem Manne Friederich dieses mit allen Umständen und näheren Verhältnissen unter das Angesicht zu behaupten. Da J. A. Heußner bereits zum vollen Bekenntnis aller seiner Vergehen übergegangen war, da er auch den langen Samel und den dicken Buben zum Gestehen gebracht, sich seit dieser Zeit stets mit der größten Offenheit benommen und bis daher noch keine falsche Angabe gegen irgend einen seiner Kameraden vorgebracht hatte, so war wohl an der Aufrichtigkeit und Wahrheit seiner Behauptung nicht zu zweifeln; dennoch musste man aber daran verzweifeln, dass Manne Friederich durch ihn allein werde überwältigt werden, da er seinen Entschluß: fernerhin Alles abzuleugnen, schon zu bestimmt factisch gezeigt, und zu Heidelberg in den Konfrontationen dem Hölzerlips und Veit Krämer widerstanden hatte. Man hatte gehofft, auch den Schodenhenrich und Martin Rupprecht gegen ihn benutzen zu können; allein der Erste war bereits, ohne in Darmstadt etwas Näheres eingestanden zu haben, nach Gießen zurückgesendet worden, und der Letzte war noch durchaus zu keinem Geständnisse geschritten. Da Manne Friederich früher selbst schon geäußert hatte: Einen nähme er gar nicht an; so suchte man, indem man ihm von weitem den Martin Rupprecht und J.A. Heußner, (ohne dass diese ihn sehen konnten) ad recognoscendum vorstellte, in ihm die Idee zu erwecken, als ob auch Rupprecht gegen ihn auftreten werde. Allein er hatte wahrscheinlich schon berechnet, dass, wenn dieses auch wäre, doch nur einer, J. A. Heußner, wegen den gewaltsamen Einbrüchen, und wieder nur einer, Martin Rupprecht, wegen dem Straßenraub auf der langen Meile, als selbstiger Mitteilnehmer, gegen ihn zeugen könne, dass also für jeden einzelnen Fall der zweite Mann fehle. Er erkannte Beide.

Man ließ, ehe man zur Konfrontation schritt, den J. A. Heußner noch einmal vorkommen, um sich seiner ganz zu vergewissern und um ihn auf das Benehmen des Manne Friederich im Voraus aufmerksam zu machen, damit er sich dadurch nicht aus der Fassung bringen lasse. Er erklärte sich wiederholt zur Konfrontation bereit. Manne Friederich wurde hiernächst vorgeführt und vor allen Dingen noch ein Versuch gemacht, ihn zu einer freiwilligen Angabe zu bewegen; allein vergebens. Man bemerkte ihm: dass Heußner im Begriffe sei, ihm die Behauptung, dass er bei jenen zwei gewaltsamen Einbrüchen gewesen sei, unter das Angesicht zu behaupten; – er verlangte selbst dessen Vorführung. Die Zwischenzeit bis zur Erscheinung Heußners benutzte er, wahrscheinlich nur um den Herrn vom peinlichen Gerichte zu Darmstadt einen Beweis seiner Fassung zu geben, zu folgender Erzählung:

„Zu einem Könige von England, der ein großer Liebhaber von Malerei war, kam einst ein fremder Mann, welcher sich für einen großen Mahler ausgab und sich erbot, dem Könige einen neuerbauten Saal auszumalen. Der König wollte zuvor eine Probe der Kunst des Fremden sehen; dieser aber erklärte: das sei seine schwache Seite; er zeige keine Probe, er lasse nicht einmal seine angefangene Arbeit selbst, während der Arbeit, sondern nur dann sehen, wenn sie vollendet sei; Se. Majestät möchten aber nur gnädigst befehlen, welche Gegenstände in den Saal gemalt werden sollten, und es werde gewiss Alles zur Allerhöchsten Zufriedenheit ausfallen. Dem Könige gefiel der sonderbare Mann, er fügte sich den Launen desselben. Die Arbeit wurde im Saale begonnen, welcher der Mahler stets verschlossen hielt. So arbeitete er viele Monate, während welchener aus der königlichen Küche verköstiget wurde. Endlich war das Meisterstück vollendet und der König, welcher dasselbe zuerst allein sehen wollte, wurde von dem Künstler in den Saal geführt. Aber wie erstaunten Ihro Majestät, als Sie nichts erblickten, als die weißen Wände. Voll Zorn wandten Sie sich gegen den Künstler und wollten schon nach der Wache rufen; als dieser, gleich erstaunt, Höchstdenselben erklärte: Es sei ihm nun unendlich leid, eines besonderen Umstandes nicht früher erwähnt zu haben: Seine Kunstwerke hätten nämlich die sonderbare Eigenschaft, dass sie nur von in rechtmäßigen Ehen ehelich Erzeugten gesehen werden könnten. War des Königs Majestät vorher aufgebracht, so war sie es jetzt noch mehr; allein der Künstler wusste so viele Beteuerungen vorzubringen, dass der König beschloss, die Sache näher zu prüfen. Das ganze Ministerium, der Hofstaat und alle Geheimen Räthe wurden zusammen berufen und ihnen der Fall von dem Könige selbst, in Anwesenheit des Künstlers, vorgetragen; – welcher, da die ganze Versammlung Zweifel in ihn setzte, seine Beteuerungen wiederholte und versicherte, dass sich der Beweis leicht finden werde, sobald sie in den Saal träten. – Der Zug begann und trat in den Saal; aber wie unbeschreiblich groß war der Schrecken des Königs, als die ganze Versammlung, einige Wenige ausgenommen, teils nach dieser, teils nach jener Wand des Saales eilte, und in laute Bewunderung der Gemälde ausbrach. Der König zog sich zurück, ließ dem Künstler den bedungenen Lohn auszahlen, jenen Saal aber für immer verschließen.”

Was sollte wohl diese Erzählung in diesem Augenblicke, an diesem Orte, ohne alle sonstige Veranlassung, mit Laune vorgetragen, anders sagen, als: Auch die falschesten Behauptungen finden Glauben, wenn es dem falschen Angeber nur gelingt, auf irgend eine Weise, die Menschen für sich oder für die falsche Angabe zu gewinnen; – sie sehen dann was er haben will, – auch wo nichts ist?

J. A. Heußner trat auf; Manne Friederich empfing ihn mit trotziger Kälte. Heußner wiederholte seine Behauptungen gegen ihn. Manne Friederich brach in Beteuerungen seiner Unschuld, in Verwünschungen und Schimpfworte gegen Heußner aus und gab diesem alles auf sein Gewissen, um es an jenem Tage, vor Gott dem Allmächtigen, zu verantworten. Man hatte Mühe, ihn in die Schranken der Ordnung zurückzudrängen. Heußner beharrte bei seinen Angaben, Manne Friederich bei seinem Läugnen. Man ging, da man sah, dass man sich fest auf Heußnern verlassen konnte, sogar so weit, (was freilich nicht so leicht in jedem andern Fall geschehen darf) dass man, in Manne Friederichs Gegenwart, den Heußner beschwor, seine Angaben, wenn er ihrer Wahrheit nicht völlig gewiss sei, lieber zurückzunehmen, als durch Behauptung einer falschen, oder auch nur zweifelhaften Meinung einem Mann, der, wie er selbst sagte, schon mit einem Fuß im Grabe gehe, Unrecht zu tun. Heußner versicherte, dass dieses der Fall keineswegs, vielmehr seine Angabe bestimmt wahr sei und er sie vor Gott verantworten wollte. Man wendete sich, im feierlichsten Ernste, nun wieder an Manne Friederich, und forderte ihn auf das dringendste zur Wahrheit auf. Er leugnete fort, und man brach, in scheinbarem Unwillen, das Verhör ab, um in ihm soviel möglich noch die Idee zu erhalten, als ob nur dieser Unwille das Unterbrechen des Verhörs veranlasst habe und ihmimmer noch die Konfrontation mit Martin Rupprecht bevorstehe. Am andern Morgen machte man noch einen gleichen Versuch mit ihm. Er misslang, wie der frühere, Nach der Rückkunft nach Heidelberg versuchte man es noch einmal mit ihm; – er erklärte aber: “ Ob man denn geglaubt habe, er werde den Darmstädter Herren die Ehre antun und die Freude machen, dass sie sagen könnten: Sie hätten ihn gezwungen? – Das würde er nimmermehr getan haben und nimmermehr thun und wenn man ihn noch zehnmal nach Darmstadt führe. Lieber gebe er hier etwas Unwahres zu, als dass er sich dort zur Wahrheit zwingen lasse. Diese Freude sollten die Herrn zu Darmstadt nicht haben!”

Ohne sich durch die Coptationem benevolentiae, welche Manne – Friederich offenbar hiermit bezweckte, gewinnen zu lassen, musste man dennoch von allem weitern Eindringen in ihn, bei dem gänzlichen Mangel weiterer Hilfsmittel, abstehen. – Eine zwischen Manne Friederich und dem Jacob Isaac, vulgo Schimme von Heldenbergen, welcher immer noch seine Bekanntschaft mit Manne Friederich und die mit ihm verübten Vergehen ableugnete, in Darmstadt vorgenommene Konfrontation hatte bessern Erfolg, indem Schimme dadurch zum Geständnisse gebracht wurde.

Gegen Martin Rupprecht konnte Manne Friederich nicht gebraucht werden, weil dieser noch nicht so weit gebracht war, um auf diese Weise gegen ihn zu procediren, – und weil Manne Friederich, wenn man es je hätte wagen wollen, den Augenblick benutzt haben würde, um diesem, wegen dem Straßenraub auf der langen Meile, einen warnenden Wink zu geben.

Aufgemuntert und sogar aufgefordert durch den mit so ausgezeichneter Gefälligkeit und warmer Freundschaft gegen den Verfasser handelnden Herrn peinlichen Richter Brill zu Darmstadt, welcher voll des regsamsten Eifers so ganz seinem Fache lebt, benutzte man die Anwesenheit in Darmstadt zu Vernehmung der übrigen dortigen Arrestanten, zu wechselseitiger Austauschung der gesammelten Notizen und zu gemeinschaftlichen weitern Nachforschungen. Diesen verdanke ich gar manches, und namentlich beinahe alles das, was in diesem Nachtrage von J. A. Heußner, vom langen Samel, dem dicken Buben, dem Bürstenkaspar, dem Jacob Erbeldinger und Georg Tascher vorkommt und es geschieht mit ausdrücklicher Bewilligung des Herrn peinlichen Richters Brill, wofür ihm hoffentlich das Publikum ebenso herzlich, wie ich selbst, danken wird, dass ich diese, aus seinen Acten von mir gezogenen, Notizen hier mittheile. Wären alle Criminal-Behörden gleich anspruchslos, gleich freundschaftlich und von gleichem Eifer für die gute Sache beseelt, man würde mit weit mehr Leichtigkeit, man würde stets und überall con amore arbeiten. Auch die in Darmstadt verhafteten Konkubinen des Oesterlein und des Hölzerlips, dann des Letzten getraute Frau vernahm man,  jedoch ohne bedeutende Resultate zu erhalten. Die Letzte benahm sich mit ausgezeichneter Frechheit. Was Hölzerlips von ihrem Umgange mit Pfeiffer und dem ihm nach seiner Entlassung von Bergen gespielten Betruge angegeben hat, erkannte sie für wahr, nur, setzte sie lachend hinzu, sei es nicht Brandwein, sondern Wein gewesen, womit sie den Lips voll gemacht habe. Sie schimpfte über ihren Mann, beklagte sich laut über die von ihm erlittenen Misshandlungen und schloss mit dem Ausruf: “Das ist ein Heiliger, wie man sie nicht in jeder Kirche findet.” – Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, die besondere Reinlichkeit und die schöne Ordnung zu rühmen, welche ich in dem Correctionshause zu Darmstadt gefunden habe. Während der Zeit, als auf diese Weise die Untersuchung in Heidelberg und Darmstadt ihren Fortgang nahm, hatten die nachfolgenden Urteile des Großh. Hofgerichtes zu Mannheim die erforderliche höhere Bestätigung in Karlsruhe erhalten.

In Untersuchungssachen Ca. Veit Krämer und seine Mitschuldige, insbesondere gegen Joseph Jacobi, Balthasar, Bernhard, und Friedrich Held, vulgo die Frankfurter Karlsbuben, wegen Raub, Diebstahl und Gaunerleben, wird auf amtspflichtiges Verhör zu Recht erkannt, dass

Joseph Jakobi folgender Verbrechen

  • I. des Raubs mittels Angriffs der Bauernwagen bei Frankfurt, und der Teilnahme an dem Raube im Baulande bei Landenberg;
  • II. der Diebstähle mit Einbruch
  1. zu Oberscheidenthal,
  2. in Wünschmichelbach,
  3. zu Gronau,
  4. in Sensbach,
  5. in Kazenbach.
  • III. Des Diebstahls mit Einsteigen in Gronau.
  • IV. Der übrigen Diebstähle:
  1. bei Lohrbach,
  2. in Hinterheubach,
  3. in Trösel,
  4. in Brombach.

Balthasar Held

  • I. Des Raubs bei Baierthal, und
  • II. der Diebstähle bei Brombach und Lohrbach.

Bernhard Held

I. Des Raubs

  1. bei Miltenberg,
  2. zwischen Wörth und  Trennfurt,
  3. in der Gegend von Hanau,
  4. bei Baierthal.

II. Der Diebstähle mit Einbruch

  1. zu Messel,
  2. in Wünschmichelbach,
  3. in Sensbach,
  4. in Kazenbach.

III. Der Diebstähle mit Einsteigen

  1. in Igelsbach,
  2. in der Nähe des Reisenbacher Grunds.

IV. Des Kirchendiebstahls zu Breitendiel.

V. Der gemeinen Diebstähle

  1. bei Lohrbach,
  2. in Brombach

Friedrich Held

I. Des Raubs

  1. bei Baierthal,
  2. in der Gegend von Hanau

II. Der Diebstähle mit Einbruch

  1. zu Messel,
  2. zu Sensbach.
  3. Des attentirten Diebstals mit Einsteigen in der Nähe des Reisenbacher Grunds.
  4. Des gemeinen Diebstahls bei Lohrbach, sodann des Angriffs bei Wimmersbach.

Sämtliche 4 Inquisiten auch der Gaunerei für schuldig zu erklären, und deswegen Joseph Jacobi zur 20jährig – fünfmonatlichen – Balthasar Held zur 11 jährig – einmonatlichen – Bernhard Held zur 37jährig – 11monatlichen – Friedrich Held zur 17jährig – 8 monatlichen scharfen Zuchthausstrafe mit Aufbrennung des Zuchthauszeichens auf den Rücken gleich bei dem Anfange der Strafzeit, und unter steter Anlegung der Fesseln während der ganzen Dauer derselben zu verurteilen, Joseph Jacobi, Friedrich und Bernhard Held auch demnächst sämtlicher Großherzoglich Badischer Landen zu verweisen seien. V. R. W. Dessen zur Urkunde c. Mannheim den 9. April 1812.

  • Großherzoglich Badisches Hofgericht Frhr. v. Zyllnhardt. (L. S.) v. Weiler. vdt. Weller. Nr. 1o8o. Carl, von Gottes Gnaden Großherzog zu Baden, Herzog zu Zähringen, Landgraf zu Nellenburg, Graf zu Hanau c.
  • Wir bestätigen anmit vorstehendes Urteil zur Publikation und Vollstreckung. Karlsruhe den 25. April 1812.
  • Aus Großherzoglichem General- Auftrag Höchstdero Justiz-Ministerium. Frhr. von Hövel. – Uhrhan. P. G. N. 387. Urtheil.

In Untersuchungssachen Ca. Veit Krämer und seine Mitschuldigen, insbesondere gegen Johann Bauer von Schefflenz (vulgo Scheflenzer Buben) wegen Straßenraubs, Diebstahls und Vaganten – Lebens – wird auf Amtspflichtiges Verhör zu Recht erkannt, dass Johann Bauer des an Bauernwagen zu Frankfurt – am Kaufmann Schlinck von Bensheim – an einem Sattlergesellen von Bremen – und an einem Waldaschaffer Bauern – begangenen Raubs, dann eines Schaafdiebstahls bei Lohrbach, auch der Gaunerei schuldig zu erklären, und deswegen zu einer 42 iährigen 1 monatlichen scharfen Zuchthausstrafe mit Aufbrennung des Zuchthaus zeichens auf den Rücken gleich beim Anfang der Strafzeit, und mit steter Anlegung von Fesseln während der ganzen Dauer derselben zu verUrteilen sei. V. R. W. – Dessen zur Urkunde c. Mannheim den 9. April 1812.

  • Großherzoglich Badisches Hofgericht. Frhr. v. Zyllnhardt. (L. S.) v. Weiler. ‘ vdt. Weller. – Nr. 1o8o. – Carl, von Gottes Gnaden Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen, Landgraf zu Nellenburg, Graf zu Hanau c.
  • Wir bestätigen anmit vorstehendes Urteil zur Publikation und Vollstreckung. Karlsruhe den 25. April 1812. Aus Großherzogl. General-Auftrag
  • Frhr. v. Hövel. vdt. Uhrhan. P. G. N. 388. Urteil.

In Untersuchungssachen gegen Veit Krämer und seine Mitschuldige, insbesondere Johann Schulz (vulgo Vogelhannes, oder Krautscheißer) und seine Ehefrau, Barbara Schulz, geborne Bayer, wegen Diebstahls und Vaganten-Lebens – wird auf Amtspflichtiges Verhör zu Recht erkannt, dass Johann Schulz der Diebstähle zu Bürgstadt, Adelsheim, Simmeringen und Eichenbühl, sodann des Vaganten – Lebens schuldig zu erklären, und deshalb zu einer dreizehnjährig und sechsmonatlichen gemeinen jedoch schweren Zuchthausstrafe zu verurteilen sei.

  • V. R. W. Dessen zur Urkunde c. Mannheim den 3. April 1812. Großherzoglich Badisches Hofgericht. Frhr. v. Zyllnhardt. (L. S. ) v. Weiler. vdt. Weller.
  • Nr. 1o81. – Carl, von Gottes Gnaden Großherzog von Baden, Herzog von Zähringen, Landgraf zu Nellenburg, Graf zu Hanau c.
  • Wir bestätigen anmit vorstehendes Urteil zur Publikation und Vollstreckung. Karlsruhe den 25 April 1812.
  • Aus Großherzogl. General- Auftrag Höchstdero Justiz-Ministerium. Frhr. v. Hövel. . vdt. Uhrhan.

Sie wurden in Mannheim verkündet und vollzogen. Der Schefflenzer Bub benahm sich, während er den Willkomm erhielt und selbst während des Aufbrennens des Zuchthauszeichens mit grenzenloser Frechheit.

Die diesen Urteilen angehängten Landesverweisungen werden ebenfalls wieder auffallend erscheinen; allein man bedenke, dass, so auffallend es auch ist, wenn Bernhard Held, nachdem er 38 Jahre im Zuchthause gesessen und ein alter Mann geworden ist, des Landes verwiesen, – und der Schefflenzer Bub, nach 42jährigem Zuchthausarrest in Eisen, als ein starker Sechsziger sich selbst überlassen werden, der Richter dennoch nicht anders sprechen kann, so lange nicht andere Gesetze gegeben sind. – Auch der auffallende Unterschied, welcher in der nämlichen Strafe liegt, je nachdem sie früher oder später ihren Mann trifft, wird manchem nicht entgehen. Es ist nämlich doch eine ganz andere Sache, wenn ein junger Pursch von etlichen und 20 Jahren, wie der Schefflenzer Bub, der sein

Leben nur erst wenig genossen hat, zu 42jähriger Zuchthausstrafe verUrteilt, also um seinen besten Lebensgenuß gebracht wird, und am Ende die traurige, Perspektive hat, als verkrüppelter Greis hülflos in die Welt gestoßen zu werden; – als wenn ein Mann von 5o oder 6o Jahren, der sein Leben genossen hat, in gleiche Strafe kommt, und darin die Versicherung einer Versorgung für seine einzig noch übrigen alten Tage findet. – Aber auch hierin kann der Richter nicht remediren, so lange das Gesetz nicht remedirt.

Man hat so viele Probabilitäts-Rechnungen in der Welt, sollte sich nicht auch hierin, nach dem Beispiele von Sterb- und Wittwen Cassen, eine Berechnung aufstellen lassen, nach welcher die Proportion der Strafdauer mit dem Alter des Verbrechers in gerechtes Verhältnis käme?

Auch gegen die fünf Raubmörder zwischen Laudenbach und Hemsbach und gegen Mathes Oesterlein hatte Großherzogliches Hofgericht votirt und seinen auf Todesstrafe gerichteten Antrag mit den Acten dem Großh. Oberhofgerichte zu Fällung des Urteils vorgelegt. Dieses Urteil wurde am 1. Juny 1812 nach dem gedachten Antrage gefällt, – und um die höchste Bestätigung Sr. Königl. Hoheit einzuholen, dem Großh. Justiz-Ministerio vorgelegt.

Die Zwischenzeit bis zu Einlangung der höchsten Entschließung benutzte der Verfasser zu beinahe täglichen Unterhaltungen mit den Räubern, wodurch er gar manche nähere Aufschlüsse und Berichtigungen erhielt, deren Aufzählung man zum Theil unten finden wird.

Ich sage: zum Theil; denn nicht Alle sind von der Art, dass sie öffentlich mitgetheilt werden können; und Andere sind zwar mittheilbar, aber nicht gerade interessant. Nützlich möchten wohl Manchem folgende Bemerkungen der Räuber werden:

„Große Hunde fürchten wir gerade am allerwenigsten; die sind unter allen die dümmsten. Wir wählen zu Ausführung der Einbrüche gewöhnlich die finstersten stürmischsten Nächte, damit das Braußen und Zischen des Windes, das Prasseln des stromweis niederstürzenden Regens, das Getöse welches wir etwa verursachen, überhören mache; und gerade solche Regengüsse sind es, welche jene große Hunde so sehr fürchten, deß sie nicht aus ihren Hütten gehen, wo sie dann leicht ergriffen und erdrosselt werden. Man darf dann nur auf Händen und Füßen gerade auf die Hütte los kriechen; der Hund kann, bei der finstern Nacht, in dem herannahenden vierfüßig gehenden Geschöpfe keinen Menschen erkennen; er fürchtet ein großes, ihm überlegenes Ungethüm, geräth in Angst und Zittern und lässt sich, ohne zu mucksen, ergreifen. Kleine Hunde im Innern der Häuser, sind die, welche uns am meisten genieren.” “Auch bei Straßenräubereien fürchten wir, wie wir bewiesen haben, große Hunde nicht. Wir setzen uns ja der Gegenwehr der Menschen aus, warum nicht dem Biß eines Hundes? Wird auch einer von uns von einer solchen Bestie angepackt, so darf ihm, was dann leicht ist, der Andere nur einen derben Streich über das Kreuz versehen, so zieht er sich laut heulend zurück; – und sobald Einer schreit, entfliehen mit ihm alle andern Hunde.”

Bei nächtlichen Einbrüchen ist es schon manchmal geschehen, dass die Leute im Hause den Einbruch gewahrten, sich mit einem tüchtigen Prügel bewaffnet, neben das gemacht werdende Loch stellten, den zuerst Einschlüpfenden erwarteten, und ihm, so wie er den Kopf hineinstreckte, einen solchen Gruß gaben, dass ihm der Dank im Halse stecken blieb. Dies hat uns eine Vorsichtsmaßregel abgenöthigt, welche darin besteht: dass wir, ehe einer durch das Loch einkriecht, zuerst einen Hut auf einem Stock in das Loch einschieben, um an diesem zu sehen, wie die Sachen inwendig stehen. Nur wenn der Hut unverletzt zurückkommt, folgt ihm der Kopf selbst nach.”

Gegen die sogenannten Chaßnen oder gewaltsamen Einbrüche mit dem Rennbaume sind gute, festverschlossene und verriegelte, inwendig mit kreuzweis übereinander laufenden Vorlegeisen versehene Haus- und Stubentüren, das Einzige sicherste Schutzmittel. Gleicher Zweck wird auch durch mit Eisen beschlagene, in den Hausgang – oder Stubenboden einfallende Fallgatter, welche hinter den verschlossenen Türen, aus dem Obertheile des Hauses, Nachts herabgelassen werden können, erreicht, welche sich manche Einwohner jener Gegenden, in deren Nähe Chaßnen verübt wurden, angeschafft haben.”

Das Großh. Oberhofgericht hatte, so wie es am 1. Juni sein Urteil fällte , zugleich nämlichen Tages den Verfasser zum Bericht aufgefordert “Ob und welche Anstände obwalten, die aus dem Mannheimer “Zuchthause nach Heidelberg verbrachten Inquisiten Veit Krähmer et Complices sogleich wieder nach Mannheim in das “Zuchthaus zurückbringen zu lassen, welches doch immer mehr“ gesichert scheine.” Der Verfasser erstattete darauf nachfolgenden Bericht an das Großh. Badische Oberhofgericht: “Nach meiner innigsten Überzeugung stehen der Rücklieferung der nun wieder da hier verhafteten Räuber allerdings höchstbedeutende Anstände entgegen, welche ich Großh. Oberhofgerichte hiermit gehorsamst vorzutragen mir zur Pflicht mache:

1. In dem von mir unterm 29 v. M. nachträglich einbeförderten Vol. Act. VII. wird Großh. Oberhofgericht die Angabe eines Complotts gefunden haben, welches die Räuber zu Mannheim unter sich entworfen hatten und welches dahin ging:

  • a. ihre Geständnisse zu widerrufen
  • b. keinen der etwa noch weiter eingefangen werdenden Gauner ferner zu erkennen.”

Wenn gleich dieses Complott noch nicht zur Ausführung gekommen ist; so könnten die Räuber, wenn sie wieder nach Mannheim kämen und dort, wie früher, Gelegenheit zu Collusionen fänden, doch leicht es versuchen, zur Ausführung zu schreiten; – besonders da sie dort die Scheue vor mir nicht abhält. Der Widerruf könnte zwar freilich nicht schaden; – aber er könnte und würde doch Zeit und Kosten raubende Weiterungen erzeugen. – Die Ausführung des sub b.bemerkten Plans müßte aber notwendig von den schädlichsten Folgen sein. Ich glaube, dass nur die Relation, in welcher ich mit den Gaunern stehe, mir allein es möglich macht, sie von der Ausführung dieses Plans abzuhalten. Vielleicht traue ich mir hierin zuviel zu; – verzeihlich wird aber dieses Vertrauen, und gerecht fertigt, durch die Resultate, welche ich lieferte, und selbst dadurch, dass mir jene Verabredungen von den Räubern selbst angezeigt wurden.

2. Es ist um so nöthiger, die Ausführung dieses Plans zu hintertreiben, weil nicht ungegründete Hoffnung vorhanden ist, wie ebenfalls das Vol. Act. VII. nachweißt, noch mehrere bedeutende Räuber und vorzüglich den langen Andres einzufangen.

Hiergegen läßt sich freilich sagen: wenn das sei, so dürfe man die Inquisiten noch weniger hinrichten; ich glaube aber nicht, dass ein solcher Einwand eine ernstliche Widerlegung bedürfe. Nur so lange, als es gesetzlich möglich ist, hat der Untersuchungsrichter die Pflicht, die Überführung- und Erforschungsmittel sich zu konservieren.

3. Sollte der Fall wirklich eintreten, dass der lange Andres eingefangen würde, wozu mir der peinliche Richter Herr Brill zu Darmstadt, bei meiner Anwesenheit daselbst, neuerdings die stärkste Hoffnung gemacht hat; – so müsste die Untersuchung da hier gegen ihn geführt und zu diesem Ende die Rücklieferung seiner Compilern hierher verordnet werden. – Oder man müsste denn verordnen, dass sie in Mannheim vorgenommen werden sollte. Dort könnte aber Ich sie nicht vornehmen, ohne meine andern Arbeiten liegen zu lassen und die Kosten zu erhöhen. Jedem Andern würde die Fortsetzung zwar keine Unmöglichkeit,, aber eine schwere, saure Arbeit sein. Überhaupt aber kann sie in Mannheim, wegen den im Zuchthaus wirklich unvermeidlichen Kollusionen, nicht geführt werden.

4. Sobald die Räuber wieder in das Zuchthaus nach Mannheim zurückkommen, erfahren sie dort (und es ist unmöglich, dieses zu verhindern) dass alle ihre dortige Genossen ihre Urteile schon erhalten haben, sie machen dann von selbst den Schluß, dass ihrer eine höhere, – dass ihrer die längst befürchtete Todesstrafe harre, und leben dann noch mehrere Wochen in wirklicher Todesangst.

Wenn es auch nicht gegen die Pflicht der Menschlichkeit, welche selbst gegen Räuber nicht außer Acht gelassen werden darf und nicht gegen die richterliche Pflicht selbst, welche eine solche Erhöhung des Strafübels nie zugeben wird, stritte, dieses zu veranlassen; so ist es doch um deswillen nicht räthlich, die Räuber in diese Lage zu setzen, weil sonst die lange Todesangst sie leicht zu Realisierung ihrer sub 1. gedachten Vorsätze bringen könnte.

5. Ich stehe, wie das Vol. Act. VII. auch nachweißt, noch mit gar manchen Behörden in Korrespondenz und es vergeht beinahe kein Tag, wo nicht Erläuterungen, nähere Aufschlüsse c. c. von mir gefordert werden, (wie denn so eben wieder eine Requisition des peinlichen Gerichts zu Giesen einlangt, welche eine nähere umständliche Vernehmung des Mathes Oesterlein und Veit Krämer über den Einbruch zu Marköbel zu Überweisung eines kochemer Wirths nötig macht) welche ich nicht erteilen – oder wenn sie mir erteilt werden, nicht benutzen kann, wenn die Räuber nicht hier sind. Selbst die Räuber geben mir unaufgefordert noch gar Manches an. Auch dieses hört auf, wenn sie nicht mehr hier sind. All dieses, könnte man sagen, kann in Mannheim auch geschehen. Das ist wahr;- aber ob es in der Ausdehnung geschieht, wie hier; ist eine andere Frage. Es hat sicher Niemand die ganze Geschichte dieser Menschen, in ihrem Zusammenhang und in ihren Details, lebendiger im Kopfe, als ich; – und wer nicht in diesem Falle ist, kann in der Sache, mit ganz gutem Erfolge, nicht arbeiten.

6. Es sind, wie mein Einsendungsbericht vom 29 v. M. besagt, noch mehrere Verbrechen jetzt noch in der Untersuchung. Diese kann ich nicht vollenden, wenn die Räuber fortkommen. Die Verbrechen sind zwar unbedeutend und influiren auf die Strafe der Räuber keineswegs; – dennoch aber muss, der Complicen wegen, die Untersuchung vollendet sein.

7. Das peinliche Gericht zu Darmstadt steht im Begriff, den Hessen – Martin, wenn seine Überführung in Darmstadt nicht gelingt, hierher zu senden, damit er, wie einst Peter Heinrichs Hannadam und Schodenheinrich, hier zum Geständnisse gebracht werde. Auch dieses kann ich nicht bewirken, wenn die Räuber nicht mehr hier sind. In Mannheim ist es so unausführbar, wie die Untersuchung gegen den langen Andres.

8. Ich habe mir vorgenommen, die Zeit der Anwesenheit der Inquisiten dahier (was ich bisher auch beinahe täglich Tat) dazu zu benutzen, um von ihnen noch mancherlei interessante und brauchbare Notizen zu sammeln. Dies ist freilich, strictissime genommen, meine Pflicht icht; – auch würde ich meine übrige Zeit lieber einer andern Unterhaltung widmen; allein ich glaubte: es sei gut und werde den Beifall der höheren Behörden erhalten, wenn ich es thue. Auch dieses müßte unterbleiben, wenn die Inquisiten nach Mannheim kämen.

9. Ich hatte mir ferner vorgenommen, auf den Fall, dass das Todesurteil gegen die Inquisiten ausgesprochen würde, die letzten Tage derselben dazu zu benutzen, um von ihnen teils die Geständnisse der ihnen noch weiter zu Last gelegten, von ihnen aber abgeleugneten Verbrechen (welches besonders hinsichtlich des Manne Friederich dringend notwendig erscheint) teils die Angabe ihrer, und ihrer Kameraden, weiteren noch nicht angegebenen Verbrechen, dann die nähere Bezeichnung der kochemer Häuser und sonstigen Schlupfwinkel zu erhalten. Denn nur in diesem Momente wird es tunlich sein, das Eine und das Andere von ihnen zu erfahren.

Auch dieses fiel hinweg, wenn die Inquisiten nach Mannheim kämen und dann einem Andern die Exekution des Urteils übertragen würde. – So auffallend es auch sowohl dem Untersuchungsrichter selbst, als dem Publikum sein muss, wenn der Urteilende Richter die Vollziehung des von ihm gefällten Urteils nicht dem Untersuchungsrichter, welcher Monate lang, im Schweiße seines Angesichts, und mit schlaflosen Nächten die Sache bearbeitete, sondern einem Dritten aufträgt und jenen nicht einmal würdigt, ihm nur eine Abschrift des Urteils zur Notiz zugehen, oder ihm seine Akten zum weitern Gebrauch rücksenden zu lassen; – und ihn nur daraus, dass ihm kein Verweis zukam, vermuten lässt, man habe an seiner Arbeit nichts auszusetzen, oder doch wenigstens nichts zu ahnden gewußt; – so auffallend, sage ich, dieses dem Untersuchungsrichter und dem Publikum, welches hierin (Homines enim sunt) eine Art Zurücksetzung, und vielleicht wit Recht, zu finden glaubt, erscheinen muss; – so wollte ich mich doch sehr gern, mit Unterdrückung meines eigenen Ehrgefühls, in quantum possibile, darüber hinaus- setzen, und das Publikum glauben lassen, was ihm gefällt; wenn ich damit des für mich unbeschreiblich schweren Geschäftes der Urteils-Publikation und Exekution überhoben werden könnte. Allein ich halte es für meine Pflicht, auch abgesehen von allem Obgesagten, diese saure Arbeit, so sehr sich auch mein Gefühl dagegen sträubt, selbst zu verrichten, und zwar gerade der Inquisiten selbst wegen. Sie sind in hiesigem Lande fremd, sie haben keine Bekannte und außer mir Niemand, zu dem sie Vertrauen haben, von dem sie Trost, von welchem sie die Aufnahme und Gewährung ihrer letzten Bitten, mit Zuversicht, erwärtigen. Warum sollte man ihnen die Linderung rauben, gerade in ihren letzten Stunden den einzigen Mann um sich zu haben, mit welchem sie vertraut sprechen können.

So sehr ich von der einen Seite Großh. Oberhofgericht bitten möchte, diesen Kelch von mir zu nehmen; – so sehr halte ich es von der andern Seite für unerlässliche Pflicht, mit Bezwingung meines Gefühls, den Inquisiten, und dem Staate selbst diesen Dienst, koste es mich auch, was es wolle, zu leisten. Dieses sind die Anstände, welche mir die Rückbringung der Arrestanten nach Mannheim untunlich zu machen scheinen. Großh. Oberhofgericht scheint, indem es diese Rücklieferung in eventum verordnete, einzig von dem Gesichtspunkte ausgegangen zu sein, dass die Inquisiten in Mannheim sicherer, als hier, verwahrt seien. Ich will keine Vergleichung anstellen; – aber ich behaupte auf Amtspflicht, dass sie hier zum allerwenigsten eben so gut, als in Mannheim verwahrt seien. Der Erfolg hat es bewiesen, dass die hiesige Art, sie zu bewahren, gut seie. Sie sitzen nun schon so lange wieder hier und noch ist es keinem beigefallen, auch nur den mindesten Versuch zum Durchgehen zu machen, keiner von ihnen verlangt nach Mannheim zurück; – im Gegentheil, sie sind froh, dass sie wieder hier sind. Nicht Mangel an sichern Gefängnissen und guter Bewahrung; – nein, nur Mangel an einer hinlänglichen Anzahl heizbarer, guter Gefängnisse, und die (inzwischen gänzlich verschwundenen) Besorgnisse eines Versuchs der noch freien Kameraden der Inquisiten, diese in den langen Winternächten zu befreien, welchen sie übrigens in Mannheim so gut wie hier unternehmen könnten, haben mich bestimmt, die Räuber von hier nach Mannheim abzuliefern. Jetzt fehlt es mir nicht an Raum, die Besorgnisse sind verschwunden, – es liegt also durchaus keine Notwendigkeit vor, die Inquisiten jetzt, für die wenigen Wochen, welche bis zu gnädigster Bestätigung des Urteils durch Se. Königliche Hoheit den Großherzog, höchstenfalls noch verstreichen könnten, nach Mannheim zurückzubringen, und die Kosten dieses Transports können füglich gespart werden. Saß ja auch der zum Tod verurteilt gewesene Gils, – saß ja auch der mit ihm in gleicher Lage gewesene Ortlipp von Schriesheim bis zur Urteils-Publikation ruhig hier, ohne dass Großherzogliches Oberhofgericht desfalls einige Besorgniß hatte; – sitzen ja – doch auch noch der zur Bande gehörige strobeliche Adel und manche andere Verbrecher hier; – und wie viele werden noch hier sitzen?

Die Verurteilung der Inquisiten zum Tode kann nur dann die Inguisiten zu Versuchen zur Flucht reizen, wenn sie das Urteil kennen. Hier wird dieses, vor der Publikation selbst, der Fall nicht in Mannheim aber muss er es sein.

Gehorsamstes Postscriptum

So eben, vor der Ablassung dieses, trifft ein neueres Requisitions-Schreiben des peinl. Gerichts zu Giesen ein, welches eine nähere Constituirung des Veit Krähmer über den Straßenraub bei Usenborn, woran er nach Phil. Wiederspanns Angabe Teil gehabt haben solle, nöhig macht; – dann ein Anschreiben des Procureur imperial zu Lautern, wonach der lange Andres unter dem Namen Louis sich in der Nähe von Lautern gezeigt zu haben scheint und daher neuerdings Hoffnung entsteht, seiner habhaft zu werden.

Eine Abschrift dieses Berichts wurde zugleich Großherzoglichem Neckarkreis-Direktorium vorgelegt, und diese Behörde unter Andern auch noch darauf aufmerksam gemacht, dass es der Heidelberger Bürgerschaft kränkend sein müsse, wenn sie, nachdem sie die Last der Inquisition, durch Bewahrung und Transportierung der Gefangenen getragen und die Gefahr der bedroht gewesenen Brandstiftung überstanden habe, nun nicht einmal den Nutzen genießen solle, welcher durch die Vollziehung der Erecution dahier und den dadurch sicher erzeugt werdenden Zusammenfluss vieler Menschen für sie entstehen würde.

Das Großherz. Oberhofgericht würdigte die ihm vorgetragenen, Gründe gehörig, nahm von der ohnehin nur in Eventum verordnet gewesenen Verbringung der Inquisiten nach Mannheim Umgang und beschränkte sich, indem es anerkannte, dass die Frage: wo die Justifikation vor sich gehen solle nicht zu seinem Ressort gehöre, darauf, den Bericht des Verfassers, mit dem gefällten Urteile, Großherzoglichem Justizministerio vorzulegen, und diesem zu überlassen, sowohl über die Frage: Wo die Justifikation geschehen solle als über die weitere: Ob Mathes Oesterlein zugleich mit den fünf andern Raubmördern, oder: Ob er besonders hingerichtet werden solle, zu entscheiden.

Das Neckarkreis-Direktorium von der Idee ausgehend, dass die Entscheidung jener Fragen mehr zur Attribution der höchsten Polizeiverwaltung geeignet sei, legte des Verfassers Bericht mit einem umfassenden, entsprechenden Beiberichte, dessen Mittheilung die Bescheidenheit verbietet, Großherzoglichem Ministerio des Innern vor; – welches den Anträgen des Großherzogl. Neckarkreis-Direktorii beipflichtend die geeignete Communication desfalls mit Großherzoglichem Justizministerio eröffnete.

Ich benutze die Zwischenzeit bis zu Einlangung der höchsten Entscheidung selbst, um meine Leser sowohl mit einigen näheren Aufschlüssen und Berichtigungen, welche sich hinsichtlich der im ersten Theile aufgezählten Verbrechen ergaben, als mit den weiteren Geständnissen der Verhafteten bekannt zu machen; damit sie desto leichter den Umfang der Menge von Verbrechen, die Gefährlichkeit der Verbrecher und die Notwendigkeit der Vorkehr der ernstlichsten Maßregeln einsehen und sich so desto lebendiger von der hohen Gerechtigkeit des Urteils überzeugen können.