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Wetterauer Band Seite 346 – 391

Actenmässige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandener Verbrecher, Nebst Personal-Beschreibung vieler in alle Lande teutscher Mundart dermalen versprengter Diebe und Räuber – Von Friedrich Ludwig Adolf von Grolmann, Giessen 1813

Inhalt

XXXIX.) Peter Görzel (ehedem Gärtner) vulgo scheeler oder Heiden- Peter

Von Hanau ausgeliefert und den 1ten Juli 1813 im Gießer Stockhaus eingelangt.

Signalement

Alter 28 Jahre. Größe 5 Schuh 2 Zell 1 Strich. Statur gewöhnlich, ebenmäßig. Form des Kopfs oben länglich; unten an den Kieferknochen nach hinten zu breit, und von da, nach dem Kinn hin, abgerundet. Haare schwarze braun, lang, sehr dünn, geisenartig, mit rötlich-braunen und grauen untermischt. Augenbraunen schwarzbraun, über der Nase zusammenlaufend, doch so, dass solches, weil hier die Haare sehr dünne stehen, nur in der Nähe deutlich zu sehen ist. Stirne ziemlich groß und, besonders über den Augen, gewölbt; nach oben hin etwas schmaler, als nach unten. Augen tief unter der Stirne liegend und länglich; das linke graulich, das rechte durch einen großen milchweißen Stopfen gänzlich unbrauchbar. Nase nach der Stirn hin etwas eingebogen, breit nach den Nasenlöchern, übrigens von gewöhnlicher Form und Größe. Mund mehr klein als groß, mit derben Lefzen; die Oberlippe weniges vorragend. Beim Lachen scheint der Mund groß; er zieht ihn dann sehr in die Länge. Die Haut legt sich dabei in Form eines perpendikular stehenden Halbzirkels, auf beiden Seiten nach dem runden Kinn zu in Falten. Sein Bart ist schwarzbraun, unter der Nase Schnurr- und Katzenbart ähnlich, etwas stärker und länger als sonst, um das Kinn herum und an den Backen miteinigen hellgelben Haaren untermengt, um die Ohren herum gänzlich ermangelnd. Besondere Zeichen: Sein Gesicht ist bleich, gelb und hat wenige kleine Blatternarben; auf dem rechten Backenknochen hat er eine ungefähr 3 Zoll lange Narbe, auf dem linken Backen, nach dem Auge hin, eine von gleicher Größe, aber etwas tiefer z eine etwas größere Narbe ist auf dem Rückgrat, und eine runde Narbe, etwa in der Größe eines Kreuzers, zwischen dem Rückgrat und der linken Hüfte; allein der linke Ohrlappen ist durchstochen. Seine Religion ist die katholisch. Er spricht nicht nur die Gauner, sondern auch die Zigeuner-Sprache sehr fertig. Ehedem handelte er mit Kaffee-Tassen, Schnüren, Bändern und andern kurzen Waren.

Seine Beischläferin heißt Cathrina Tobiasin vulgo Heiden-Cathrinchen, und hält sich seit einigen Jahren meistens in Cransberg auf, woher sie gebürtig ist. Er hat mit ihr 3 Kinder. Sein ältestes Kind ist ein Mädchen von 6-8 Jahren, Namens Cathrina Margretha. Das zweite ein Bube von ungefähr 3 Jahren, und heißt Heinrich. Das dritte, ebenfalls ein Knabe, ist erst im Jahr 1811 während seines hiesigen Arrestes geboren.

Schicksal

Inquisit, in jeder Hinsicht einer der interessantesten, die wir beschreiben, – stammt nicht von Gaunern, ob er gleich keine bleibende Stätte hatte; er ist ein uneheliches Kind angesessener Eltern. Sein Vater hieß Görzel, oder, wie er früher unrichtig berichtet sein will, im Grund aber wahrscheinlich ist, Gärtner, war Musikus, und wohnte in Ziegenhain. Seine Mutter, die Tochter eines armen Bauern aus Obernurf, 2 Stunden von Jesberg, gebar ihn zu Großen-englis, bei einer an einen dortigen Chausseeknecht verheirateten Schwester. Der Vater nahm sich nie des Buben an und seine Mutter starb ohne Vermögen, bevor er das achte Jahr erreicht hatte. Sein Stiefbruder zog nun mit ihm auf dem Land umher. Nach sechs Wochen verdingte sich dieser, und den kleinen verlassenen Peter nahmen drei Zigeuner Weiber zu sich worunter die Mutter des s. g. Heiden-Andres, der ihn nachher zu seinem ersten Verbrechen verführte. Man nannte ihn Scheelen Peter, weil die Blattern ihm die Sehkraft des rechten Auges gelahmt hatten; von nun an hieß man ihn auch Heiden-Peter, weil Zigeuners-Weiber, welche der Pöbel Heidinnen zu nennen pflegt, ihn erzogen. Wahrscheinlich schmierten ihn seine Erzieherinnen mit Speckschwarten und brannten ihn an der Sonne. Wenigstens bekam er wirklich eine gelbliche, zigeunerähnliche Farbe. Auch lehrten sie ihn die Sprache der Zigeuner, und er erlernte sie noch fertiger als ihres Gleichen (*). Durch die Erziehung der Zigeuner-Weiber erlangte er weiter eine seltene Flüchtigkeit und Biegsamkeit des Körpers, Artigkeit Gewandtheit und einschmeichelndes Wesen. Eben dadurch wurde ihm aber auch der Hang zum unsteten Leben, und die Raffinerie auf Betrug und Täuschung Anderer eigen, und die kleine Mausereien wurden ihm natürlich, von denen er, durch die Verführung seine Pflegbruders, der ihm die Bekanntschaft mit Gaunern verschaffte, bald zu eigentlichen Verbrechen überging.

(*) Zigeuner nämlich sprechen gewöhnlich ein Jargon, von dem sie sich selbst keine Rechenschaft zu geben vermögen, weil Eitelkeit und Leichtsinn sie am Nachdenken verhindern. Der mit deutscher Übersetzung und Scharfsinn begabte Heiden-Peter aber abstrahierte sich aus dem erlernten Regeln, und modelte danach seine Sprache.

Peter war herangewachsen, seine Erzieherinnen waren tot, bis auf Eine; er fühlte, dass er nicht allein stehen könne, und weder Zigeuner noch Deutscher sei. Er entschloss sich, irgend einer Menschen-Klasse anzugehören, und seins Wahl entschied für die Deutsche, aus denen er entsprossen war. Er kannte aber unter ihnen nur Gauner, und da die Lebensart derselben mit seiner angewohnten am meisten Ähnlichkeit hatte, so machte er Gemeinschaft mit ihnen; und wurde nach und nach Mitglied verschiedener Banden. Doch vergaß er nie die Industrie der Zigeuner, und wusste sich durch einen kleinen unbeschwerlichen Handel mit allerlei kurzen Waren Nebenverdienst und den unverdächtigen Zugang in Städte und Dörfer zu verschaffen. Er diente ihm zugleich als Mittel zu leichterer Erhaltung gültiger Pässe, zur Konservierung eines guten Rufs, und gab ihm die Aussicht, einst im Fall der Not eine bleibende Wohnstätte zu erlangen. Ebenso begünstigte sein Handel das weite Umherstreichen, wozu er durch das Zigeuner-Leben ohnehin Neigung fühlte und wodurch er in die Bekanntschaft mit den Gaunern mehrerer Länder und Distrikte gelangte. Bei allen seinen Kreuz- und Querzügen blieb indessen sein Haupt-Aufenthalt Vogelsberg und Wetterau; letztere aber ganz vorzüglich, und später hin beinahe ausschließlich. Die Geschichte seiner Arretierungen datiert sich, so viel wir wissen, vom Frühjahr 1805. Damals wurde er mit Ludwig Funk, Caspar Huthmann und Konsorten auf dem Vogelsberg ergriffen, und zwar in dem Freiherrl. von Niedeselischen Gebiet, das damals noch seine eigne peinliche Verfassung hatte. Er kam nach Lauterbach in Arrest, log sich der dringendsten Beweise ungeachtet durch, und wurde nach 6 Wochen unter Landesverweisung entlassen. Funk allein, weil er aus dem Großherzogl. A. Ulrichstein und im Militär Nexus war, wurde nach Gießen gebracht, und hier auf längere Zeit unschädlich gemacht.

Das folgende Frühjahr wurde er wegen eines zu Wermuthshausen – im dermaligen Werra-Departement, Königreichs Westphalen, begangenen Einbruchs, wovon die Sachen bei ihm gefunden wurden, nach Marburg in Verhaft gebracht. Er kam dort in peinliche Untersuchung, und wurde am 2ten Sept. 1806 von der damaligen Marburger Regierung zu dreijähriger Eisenstrafe verurteilt. Man brachte ihn zu deren Verbüßung nach Ziegenhain, wo er am 31ten Dezember 1806 mittelst Ausbruch desertierte.

Das nachfolgende Frühjahr, nämlich am 10ten März 1807, wurde er um dermaligen Großherzogtum Berg arretiert, während er, nebst zwei andern, queerfeld einen Bündel zu Oberndorf, in dortiger Gegend, mittelst Einbruch gestohlener Sachen, trug. Er kam nach Dillenburg in Arrest, leugnete, wiewohl gleichsam in flagranti ertappt, und befreite sich durch Ausbruch in der Nacht auf den 1ten Oktober 1807. In Dillenburg hatte er den Namen Ferdinand Kreuz, in Lauterbach aber den Peter Gärtner geführt. Won nun an blieb er fast beständig in der Wetterau.

Zur Beischläferin wählte er sich Cathrina Tobiasin, eine Person aus Cransberg, im Gräfl. Bassenheimischen, nunmehr zum Herzogl. Nassauischen Hoheits-Amt Kleeberg gehörig. Sie stammte nicht aus Gauner-Geschlecht, hatte aber durch ihre Verhältnisse Neigung dazu, und passte so am besten für ihn, weil sie in Cransberg einen sicheren Aufenthalt hatte, und im Fall der Not ihm selbst dort Zuflucht verschaffen kannte. Er nahm sie mit sich, und unterrichtete sie in der Kunst der Zigeuner-Weiber, wodurch diese sich selbst und ihre Männersorglos zu ernähren wissen. Hierunter verstehen wir das s. g. Kaspern, oder betrügerische Prophezeien, Hexenwesen und die Gelegenheits-Entwendungen, vulgo Mausereien. Er hieß, wie wir wissen, Heiden-Peter; sie nannte man nunmehr das Heiden-Cathrinchen. Ob sie es weit in ihrer Kunst gebracht hat, können wir gerade nicht sagen. Er selbst hat zu viel Liebe für sie, um sie zu verraten, und dieses edle Gefühl haben wir, da es die Untersuchung erlaubte, möglichst geschont. Aussagen Anderer, die uns mitgeteilt worden, enthalten: Er habe gestohlen, und sie gekaspert.

Im Jahr 1810 endlich erhob sich in der Provinz Oberhessen der Sturm gegen die Gauner, und verbreitete sich auch bis in die benachbarte Provinzen und Lande. Schon früher hatten sich in der Wetterau Territorial-Veränderungen ereignet, die manchem kleinen Fleckchen Erde, statt der ehemaligen reichsunmittelbaren, die wahre bürgerliche Freiheit, d. h. Sicherheit und Schutz für Raub- und Diebes-Gesindel gegeben hatten. Diese Umstände bewegen Heiden-Peter, auf die Zukunft zu denken. Sein Weib musste sich mit den Kindern nach Cranberg zurückziehen, und er selbst suchte den dortigen Schutz nach. Nach seiner Aussage und dem ihm abgenommenen Pass zu urteilen, erhielt er ihn wirklich, und war wenigstens als toleriert zu betrachten.

Indessen wurde er im Spätherbst 1809 in das Verzeichnis verdächtiger Leute aufgenommen, das auf Veranlassung der Burggemünder Untersuchung in Gießen ausgegeben wurde. Anfänglich wusste man nur wenig von ihm; die Fortsetzung der Untersuchung in Gießen lehrte ihn aber als einen Haupt-Dieb kennen, der zum Resultat des Ganzen unentbehrlich war. Sein Signalement wurde daher vervollkommnet, man erneuerte die Steckbriefe, und setzte sogar Prämien auf ihn. Nun war es bei aller Vorsicht um seine Sicherheit geschehen.

Er wurde im Sommer 1811 im Hanauischen eingezogen wo er sich erst Johaunn Georg Schiefer aus Altengronau nannte, als er aber erkannt wurde, einen Herzoglich Nassauischen, von dem Amt Kleeberg d. d. Usingen den 12ten Mai 1811 ausgestellten, Polizei-Pass produzierte. In diesem auf sechs Monate gültigen Pass, dessen Nichtigkeit übrigens nicht bezweifelt werden konnte, werden alle Zivil- und Militär-Behörden ersucht, den „Vorzeiger Peter Görzel, welcher mit kurzen Waren, Halstüchern, Kattun usw. handelt, gebürtig von Berlin, und wohnhaft in Cransberg, hiesigen Amtes“ frei und ungehindert im Inland reisen zu lassen. – Bewandten Umständen nach konnte auf diesen Pass nicht reflektiert werden, und der Herr Präfekt Freiherr von der Tann in Hanau, der überhaupt sehr tätig die benachbarte Behörden in polizeilicher Hinsicht unterstützte, hatte die Güte, die Auslieferung des Arrestanten nach Gießen, kurzer Hand zu verfügen. Hier gelang es bald, seine eigentliche Herkunft zu erforschen.

Eigenschaften und Charakter

Er ist behänd, geschmeidig, flüchtig, aufmerksam, gelehrig, vorsichtig, überlegt, eitel, einschmeichelnd, von guter Beurteilungskraft und Gedächtnis. Auch die Gabe der Verstellung scheint ihm in hohem Grad eigen. Mögen indessen auch Falschheit Grausamkeit und Eigennutz in ihm gewurzelt haben, so ist er doch für bessere Regungen und Eindrücke noch empfänglich, und die Anhänglichkeit an seine Familie scheint vollkommen aufrichtig. Er ist nicht so verdorben, dass eine solide Besserung, wozu er jetzt schon den Anfang gemacht zu haben scheint, unter gewissen Umständen nicht von ihm zu hoffen wäre. Er ist ein Mensch, der in vieler Hinsicht Talent besitzt, und es ist zu bedauern, dass solches nicht ausgebildet, und zu besseren Zwecken verwendet wurde. Leider gab es aber oft Veranlassung, zu Verbrechen, die sonst nicht geschehen wären. Von Conrad Anschuh, der ihn der Verführung zum Gauner- Leben beschuldigt, wird er daher auch der General genannt.

Im Anfang seines hiesigen Arrestes versuchte er verschiedene Mal den Durchbruch; wurde aber am Ende der Ausführung immer entdeckt. Späterhin machte er keinen Versuch mehr. Ebenso probierte er anfänglich mit dem Leugnen durchzukommen, und wand sich, so viel er konnte. Wie aber der Verfasser einmal seinen Character studiert, sein Zutrauen gewonnen, und ihn einiger Haupt- Verbrechen überführt hatte, hielt es minder schwerer, ihn nach und nach zum Bekenntnis vieler andern zu bringen, wovon man Kenntnis hatte oder erlangte. Doch waren seine Bekenntnisse wodurch er seine Reue und Aufrichtigkeit betätigen wollte, meistens mit einem gewissen Rückhalt verbunden, womit er öfters, gegen Wahrscheinlichkeit und den Behauptungen Anderer zuwider, seine eigne Schuld auf Kosten anderer, vorzüglich abwesender Gefährten zu vermindern suchte. Einer seiner Spezial-Kameraden war der berüchtigte Hessen-Heinrich, der zu Dillenburg mit ihm ausbrach, und stets eines der angesehensten Mitglieder der Banden dies- und jenseits des Rheins gewesen ist.

Verbrechen

1.) Straßenraub bei Kleinrechtenbach  31ten Juni 1809

Wert 2332 fl. 53 kr. Der eine Beraubte musste, nach eingegangenem amtlichen Zeugnis an einer Menge erhaltener Kopfwunden ein halbes Jahr lang unter den Händen des Arztes und Wundarztes schmachten, und hat bleibend an Sehkraft und Gesundheit gelitten, – der andere musste an den Folgen des Schreckens ein halbes Jahr das Bett hüten, – der dritte empfindet, besonders bei veränderter Witterung, noch Schmerzen von den erhaltenen beträchtlichen Verletzungen, – und sämtliche Beraubte sind in ihren ehemals guten Vermögensumständen äußerst zurückgekommen. Das Weitere s. XXXIV. n. 1.

2.) Straßenraub bei Steinau, 5ten Juli 1808

Teilnehmer:

Johann Adam Heusner, vulgo dicker Hann-Adam

Hannfried, auch der große oder Grabfelder Hannfried genannt

Hannfrieds Bruder, der große Joachim, (nach Einigen Johann) genannt

Johann Justus Holzapfel, vulgo lahmer Hannjost, Hannfrieds Schwager.

Martin Ruprecht, vulgo Hessen- Martin, Schwiegersohn des Johannes Vogt, vulgo Porzellan-Hannes

Kleiner Johann, (Joh. Lauck oder Treber.)

Heiden -Peter, der das erste Bekenntnis dieses Raubs ablegte, gab anfänglich auch den in Heidelberg gesessenen Stephan Heusner, vulgo langbeinigen Steffen, Bruder des in Darmstadt sitzenden Johann Adam Heusners, als Teilnehmer an, und unterließ, den Bruder des Hannfrieds als solchen zu nennen. Man kommunizierte seine Aussage sogleich an beide Orte. Steffen konnte nicht mehr vernommen werden; er hatte sich einige Tage vor Ankunft des Schreibens im Gefängnis erhängt. Johann Adam Heusner gestand die Teilnahme, gab aber seinen Bruder Steffen davon frei. Auch Heiden-Peter nahm in der Folge seine Angabe hinsichtlich Steffens als aus Irrtum geschehen zurück, und führte an, dass er solchen mit dem langen Joachim, Bruder des Hannfrieds, verwechselt habe.

Dieser Straßenraub geschah an achtzehn Handelsjuden aus verschiedenen Orten und Landen, welche mit Vieh von Zeitlofs, wo sie den Jahrmarkt besucht, zurückkamen.

Nach der von dem Amt zu Steinau anhero kommunizierten, am Tage der Begangenschaft dort getanen Aussage eines der Beraubten, des Juden Isaac Meyer von Saalmünster, wurden sie von den mit Prügeln und Schießgewehr versehenen Räubern mit Ungestüm angefallen. „Mehrere derselben – hieß es in der Anzeige – hätten ihnen die Pistolen auf die Brust gesetzt unter der Drohung, sie augenblicklich zu morden, wenn sie das Geld nicht herausgeben würden, – andere hätten mit dicken Prügeln auf die, welche das Geld herauszugeben sich geweigert hätten darein geschlagen, und sie dadurch zur Herausgabe genötigt. Einem von ihnen habe ein Räuber – dies war, wie wir wissen, der dicke Hann-Adam, – sogar die Geldgurte von dem Leibe geschnitten. Vier seiner Gesellschafter wären so stark verwundet worden, dass sie sich der, Hilfe eines Arztes und Wundarztes bedienen, und in Steinau bleiben müssen. Das Geraubte bestehe in ungefähr 1500 Gulden Geld, zwei silbernen Uhren und einer hölzernen Pfeife mit einem Beschlag von Silber. Letztere bekam geständiger Maßen Heiden-Peter. – Eine von den Uhren sei eine englische mit zwei Gehäusen; eines davon sei Schildkrot.“  usw. Die Akten über die eidliche Abhör der übrigen Beraubten hat man, weil sie von Fulda nach Heidelberg kommuniziert worden, und von da nach Mannheim gegangen; noch nicht erhalten können (*).

(*) N. S. Als man späterhin die weitere Akten erhielt, erfuhr man daraus; dass weder das Amt zu Steinau, noch das zu Altengronau diesen wichtigen Straßenraub gehörig konstatiert hatte, weil jedes von beiden behauptete, die Beraubung sei auf dem Jurisdiktions-Bezirk des anderen vorgefallen. Neun der Beraubten, welche aus verschiedenen Orten des Fürstl. Isenburgischen Justiz-Amtes Birstein gebürtig wären, sind indessen von dieser Justiz-Behörde, und einige Andere von der Großherzogl. Frankfurtischen Kriminal-Kommission in Fulda abgehört worden, – und man hat ihre Aussagen ergänzen und beschwören wollen. Sie stimmen im Wesentlichen mit der Angabe des obigen Deponenten überein. Sieben von den Angegriffenen wurden sogleich zusammengeschlagen. Die Räuber waren mit Pistolen, Prügeln, Messern und Karabinern bewaffnet. Die Plünderung geschah unter dem Zuruf: „Das Geld und die Uhren her oder das Leben!“

Inquisit Heiden-Peter gibt vor, er habe bei diesem Raub bloß Schildwache gestanden, dass keiner der Juden entlaufen können, und von dem geraubten Geld nicht mehr als 30 fl. erhalten, die ihm der die Hann-Adam (Joh. Adam Heusner) in seinen Hut geschüttet. Den eben erwähnten Pfeifenkopf gesteht er bekommen zu haben, gibt aber vor, er habe solchen aus der Gemeinschaft herausgetauscht. Johann Adam Heusner hingegen bezichtigt Heiden-Peter der Lügen, und sagt: derselbe habe so gut, wie jeder Andere, an der Beraubung und Misshandlung der Juden persönlichen Anteil genommen, und hat eben so viel von der Beute, nämlich 118-120 fl., erhalten. Er bekennt übrigens, dass er die eine silberne Uhr mit doppelten Gehäuse und zwar um 5 fl., und die andere eingehäusige Hanns Jost herausgekauft habe. Dieser beträchtliche Straßenraub, bei welchem sieben Räuber achtzehn Juden angriffen, ist nach der übereinstimmenden Angabe Heiden-Peters und Joh. Adam Heusners von einem Zinngießer in Steinau, namens Densch, baldowert (angestiftet) worden. Dieser bezeichnete auch den Räubern den Weg, den sie gehen, und den Ort, wo sie auf die Juden lauern mussten. Nach Aussage- Heusners ließ ihm dieser durch die Frau des Zunder-Alberts zwei Carolins Baldower-Geld von der Beute einhändigen. Densch war aber gewiss wütend, dass ihm sein Bubenstück> nicht besser bezahlt worden.

3.) Straßenraub unweit Wilhelmsbad, auf der Landstraße von Frankfurt nach Hanau, Ostermesse 1809.

Teilnehmer:

Hessen-Heinrich,

Johann Jost Holzapfel,

Johann Adam Heusner

Die Räuber plünderten mit vorgehaltener Pistole einen Passagier, der in der Abenddämmerung mit einer Retour-Chaise von Frankfurt nach Hanau fuhr. Seine ganze Barschaft bestand indessen, nach Heiden-Peters Angabe, nur in 3 fl. barem Geld. Außer diesem wurde ihm eine goldene Uhr und ein großes Halstuch abgenommen. Auch diesen Straßenraub bekannte zuerst Heiden-Peter. Seine Aussage wurde nach Darmstadt mitgeteilt, und Johann Adam Heusner stimmte damit überein in der Hauptsache. Die Uhr kaufte Joh. Adam Heusner aus der Gemeinschaft, und verkaufte sie in der Folge auf den Weiherhof. Nach der über den Tatbestand endlich eingegangenen Nachricht heißt der Beraubte „Esaias Christ“, und ist in Oppenheim etabliert. Es wurden ihm nicht 3 Gulden, sondern 3 ½ Carplin in 24 Kreuzerstücken, ein graue Schal von Casimir, ein Meerschaumener Pfeifenkopf mit Silber beschlagen; und eine goldene Zylinder-Uhr abgenommen. Der Angriff geschah mit der Androhung: „Geld und Uhr her, sonst bist du des Todes!“ Ein Räuber setzte ihm eine Pistole auf die Brust, von einem anderen erhielt er mit einem Knüppel einen Schlag auf den Kopf. Auch der Fuhrmann Holzapfel von Hanau und ein bei der Chaise befindlicher Postillon, Namens Göbel, wurden auf ähnliche Art behandelt; doch ist diesen nichts geraubt worden,

4.) Straßenraub zwischen dem Neuhof und Usenborn, Toten August 18083

Teilnehmer:

Johann Adam Heusner

Langbeiniger Steffen

Kleiner Johann

Philipp Widerspann aus Usenborn (s. XL)

Nach der Angabe des Letzteren weiter

Veit Krämer, und vielleicht

auch Zunder-Albert

Dieser Straßenraub geschah am Abend des Gederner Bartholomäus-Markts 1809 an mehreren Juden aus Usenborn, die mit beträchtlichen Waren von dem Markt zurückkamen. In Begleitung der Juden waren auch einige Christen, die zum Tragen der Waren gedungen waren, und die Tochter des mitberaubten Juden Lekisch. Die Leute wurden mit Prügeln und Schießgewehr überfallen, und unter bedeutenden Misshandlungen ihres Geldes und der Waren beraubt. Auf einen entspringenden Bauer wurde eine Pistole losgedrückt, der Schuss aber versagte. Die Jüdin Blümchen, Tochter des Handelsjuden Lekisch aus Usenborn wurde niedergerissen, auf die brutalste Weise betastet, und auf entblößtem Leib durch Schläge misshandelt. Der Wert des Geraubten ist auf ungefähr 1100 fl. eidlich gewürdigt.

Die Räuber gingen zu diesem Raub aus von Diedelsheim, im Isenburg-Büdingischen, aus der Behausung der Gebrüder Ochsenhirt, wo auch nachher die Sachen geteilt, und die Hehler bedacht wurden. Wiederspann glaubt sogar, dass Ludwig Ochsenhirt eine der bei dem Raub gebrauchten Pistolen geliehen habe. Auch dieser Straßenraub wurde zuerst von Heiden-Peter eingestanden. Bei der ersten Angabe hatte er statt des kleinen Johann den Hannfried als Teilnehmer genannt, berichtigte aber diese Angabe bei der näheren Vernehmung aus freien Stücken und ohne Vorhalt.

5.) Hausraub zu Bartenrode, bei Dransfeld, im ehemaligen Hannöverischen. August 1804

Teilnehmer (*):

Kannengießers Stoffel, (Christoph ..mann, auch Jacobi.)

Philipp Jacobi, Stiefsohn des Vorigen. *

Joseph Esch *

Heinrich Esch (Söhne des s.g. Schwamm-Jost)

Georg Weidemann oder Weidenbaum, vulgo Weidenbaums Georg *

Friedrich Guthzeit, ein Fuhrmann aus Vach *

Andreas Sendomor, vulgo Heiden-Andres, ein Zigeuner X

Nicolaus Harting, genannt Claus der Brabanter +

Georg Harting, genannt Georg der Brabanter * (Söhne des s.g. Alten Hannes. S. Aktenmäßige Geschichten der Räuberbanden von Keil und Becker)

Appolinarius Lützler, genannt Bernhard

Dieser Raub fällt in die frühere Periode des Räuberlebens unseres Inquisiten. Heiden-Andres, der ihn zuerst zum Stehlen verführte, brachte ihn in die Gesellschaft der Übrigen. Unter diesen finden wir verschiedene Mitglieder der berüchtigten Brabanter Bande. In der Gegend von Eschwege kamen die Räuber zusammen. Hier tat Kannengießers Stoffel den Vorschlag. Er hatte sich vorher lange im Hannoverischen herumgetrieben, und im Haus desjenigen, dem es galt, selber gearbeitet. Dieser war ein alter vermögender Krämer, namens Lösekrug, der mit seiner Frau allein sein Haus bewohnte. Die Bande brach, in verschiedenen Abteilungen auf, Claus der Brabanter und, wie Heiden-Peter meint, auch Heiden-Andres, verirrten sich unterwegs. Nach Anderer Angabe war ihnen von Stoffel absichtlich ein linker Emmes gemacht, d. h. ein unrechter Versammlungsplatz benannt worden. Denn Steffel war eifersüchtig auf Claus; beide prätendierten das Kommando, und beide pflegten bei solcher Gelegenheit unterzumackeln (die Andern heimlich zu bevorteilen.) Claus und Andres, (doch ist es von letzterem ungewiss, – Andere nennen ihn ausdrücklich als Teilnehmer) waren also bei der Ausführung des Raubes nicht gegenwärtig. Dafür brachen sie, nach Heiden-Peters Angabe, in einem andern Dorf der dortigen Gegend bei einem Juden ein, und versuchten diesen zu berauben. Der Jude aber wehrte sich, biss dem Claus in die Waden, und machte so viel Lärmen, dass sie unverrichteter Sache wieder abziehen mussten.

Wir kommen auf den Hergang bei dem Raub zu Bartenrod. Die Räuber brachen durch das aufwendig rundherum mit Brettern verwahrte Haus grade auf die Treppe; Der Fuhrmann von Vach und Heinrich Esch standen mit Prügeln und Schießgewehr versehen Wache. Die Andern krochen durch das Schild (die durch den Einbruch entstandene Öffnung) hinein, stiegen die Treppe hinauf, und erbrachen die Türe an der Wohnstube. In dieser lag die alte Frau des Krämers Lösekrug im Bette; das Zimmer war durch ein Nachtlicht erhellet. In der Nebenkammer lag ihr Mann, der übelhörende etliche und achtzig jährige Lösekrug. Einer von den Räubern, – so erzählt sie – warf ihr die Kissen über den Kopf, und auf diese ein dickes Stück Holz mit dem Ausruf: „Frau, du mußt sterben!“ Er wiederholte verschiedentlich diese Worte, und sie hielt den Odem an sich, als wenn sie tot sei. Der Räuber fragte endlich: „Frau, bist du tot?“ und da er keine Antwort bekam, folgte er den Andern in die anstoßende Kammer. Hier lag ihr Mann im Bette.

Drei von den Räubern, so deponiert er – waren gleich beim Eintritt mit Stecken über ihn hergefallen. Er hielt den linken Arm vor, und parierte damit viele Schläge; seine linke Hand wurde dabei so beschädigt, dass sie ihn noch mehrere Tage schmerzte. Flehentlich bat er nun um sein Leben, reichte den Räubern selbst den Schlüssel zu seinem Schrank, und verhielt sich darauf ruhig. Dies schützte ihn für weiteren Misshandlungen. Vor seinen Augen indessen plünderten die Räuber seinen Kleiderschrank. Mehrere Hundert Reichsthaler schweer Geld, dass der Mann in den Schrank zusammengetragen, um sich neue Waren dafür kommen zulassen, – nebst einigen 20 Rthlr. Casse-Münze, und einem Beutel mit 18 Rthlr. Pfennigen, – wurden ihre Beute. Sobald sie das Geld hatten, eilten sie sämtlich in die Stube, worin die Frau gelegen. Hier entwendeten sie weiter aus einem kleinen Schrank, zwei silberne Esslöffel und zwei Paar massiv silberne Messer und Gabeln. Auch zwei Dutzend zinnerne Teller mit einem Tischtuch hatten sie auf den Tisch gesetzt; sie ließen es aber stehen. Entweder galt es ihnen nur um das Silber und bare Geld, – sie täuschten sich indessen über den Betrag des letzteren, denn sie glaubten, in dem Beutel, welcher die 18 Rthlr. Kupfermünze enthielt, sei Gold, – oder sie hielten sich nicht mehr sicher.

Lösekrugs Frau nämlich, von welcher die Räuber wahrscheinlich geglaubt hatten, dass sie erstickt sei; war, als sie ihren Mann misshandeln und um sein Leben bitten hörte, von der höchsten Todesangst getrieben worden, und, sobald der Räuber, der sie bewacht hatte, in die Nebenkammer gegangen war, einige Stockwerk hoch zum Fenster hinaus in den Garten gesprungen. Sie hätte sich sicher totgefallen; aber unter dem Fenster lag ein Haufen Wellen. Durch diesen war ihr Fall gebrochen; sie hatte zwar eine Zeitlang ohne Besinnung gelegen, war aber wieder zu sich gekommen, und fing nun an zu schreien. Die Nachbarschaft wurde munter und der Nachtwächter kam zu Hilfe.

Dieser Umstand beschleunigte wahrscheinlich den Rückzug der Räuber. Sie hätten wenigstens sonst noch die Kramkammer geplündert.

Die Quantität des geraubten Geldes und der Wert des Silbers ist nicht genau bestimmt. Indessen gab der 88-jährige Beraubte, als er bald nach dem Raub vernommen wurde, an: er sei dadurch ganz verarmt, und wisse nunmehr in seinem hohen Alter nicht, wie er seine wenige Tage noch durchleben sollte. Ein baldiger Tod machte den Sorgen der unglücklichen Eheleute ein Ende.

6.) Kirchenraub zu Wiesenfeld auf dem Eichsfeld.

Nicht lange nach jenem Vorfall wurde die Kirche zu Wiesenfeld beraubt, ungefähr von derselben Gesellschaft.

Teilnehmer waren:

nach Heiden-Peters Angabe:   Nach Angabe der Marburger Inquisiten:
Heiden-Andres Claus und Georg die Brabanter Kannengießers Stoffel Dessen Sohn Georg Weidenbaum Heiden-Andres Claus und Georg die Brabanter Schwamm-Jost Dessen Sohn Joseph Georg Weidenbaum

Das entwendete Silberwerk (Kelche, Ziborium und sonstige Kostbarkeiten) kann nicht mehr genau angegeben werden, Diejenigen Stücke, deren man sich dermalen noch genau erinnert, sind taxiert auf 1122 Rthlr. schwer Geld, oder 201 fl. 36 kr. Rheinisch.

Claus der Brabanter hatte diesen Diebstahl angegeben. Er kaufte auch mit seinem Bruder Georg das Silber aus der Gemeinschaft, und verkaufte solches wieder mit Vorteil an den Juden K*tz zu N*tershausen.

Heiden-Peter gibt vor, er habe von den Brabantern mehr nicht als 12 Ggr. zu seinem Anteil bekommen. Weidenbaum dagegen straft ihn der Lüge, und behauptet, es habe jedem von dem Erlös 2 Laubthaler ertragen. Claus der Brabanter hatte vor seiner Flucht aus dem peinlichen Gefängnis zu Marburg diesen Diebstahl gestanden und angegeben, dass er von dem Juden K*tz 16 Laubthaler für das Silber bekommen habe. Georg der Brabanter war noch nicht zum Geständnis gebracht worden.

7.) Einbruch und Diebstahl zu Wommen, Cantons Netra, Königreichs Westphalen

Teilnehmer:

Claus und Georg die Brabanter

Heiden-Andres

Heinrich Esch

Joseph Esch (Söhne des Schwammjost)

Friedrich Guthzeit, der Fuhrmann aus Vach

(In Ansehung des Letztgenannten ist Heiden-Peter etwas ungewiss.)

Bald nach dem Wiesenfelder Kirchenraub geschah der Einbruch zu Wommen, in die Burg des kurz vorher verstorbenen Baron von Lindau. Heiden-Andres, der sich hier zu Zeiten neue Pässe geholt, wusste die Gelegenheit. Die Diebe glaubten große Fische zu fangen, erhielten aber, nach zurückgelegtem weiten Weg, und Aufsprengung von Türen, Kisten und Schränken, weiter nichts als drei Stücker Bettwerk, einen braunen Rock, ein Petschaft; eine Weste, ein Paar Schuhe, ein Paar Stiefeln und einen guten Hut. Der Wert des Gestohlenen kann nicht genau taxiert werden. Beiläufig ist er auf 30 Rthlr, schwer Geld, oder 54 fl. rheinisch, angegeben. Heiden-Andres behielt das ihm bekannte Petschaft des Barons, das er wahrscheinlich zum Siegeln falscher Pässe missbrauchte.

8.- 10.) Zwei qualifizierte Kleider- Diebstähle zu Selnrod, A, Ulrichstein;  sodann Erbrechung und Beraubung der Schäferhütte des Kaspar Wemmer, bei dem Petershainer Hof

Im May 1805 wurde Inquisit mit

Ludwig Funk

Kaspar Huthmann

Johannes Lehn 2ten

Johannes Köddinger

bei Engelrod in einem Hirtenhäuschen verhaftet. Sie hatten sich dahin wegen übler Witterung geflüchtet. Man fand bei ihnen 2 Pistolen, Terzerol, Pulver, Blei und andere Räubergerätschaften, -mehrere Sachen, die kurz vorher zu Selnrod mit Einbruch entwendet worden, sodann ein Gußhorn mit dem Buchstaben G; es war, wie sich in der Folge ergab, dem Schäfer Gemmer auf dem Petershainer Hof, dessen Hütte die Räuber kurz vorher erbrochen hatten, entwendet. Der Mann hatte das sonderbare Schicksal, durch dieses bei den Räubern gefundene Gußhorn in den Verdacht zu kommen, als wenn er selbst mit denselben zugehalten, wurde darüber arretiert, aber bald -nachdem sich die Sache aufklärte, – wieder entlassen.

Funk wurde damals, weil er sich im Militär-Nexus befand, nach Gießen gebracht, und auf Verordnung Groß-Herzogl. Ober-Kriegs-Kollegs, als der Räuberei verdächtig, an das Kriminalgericht abgeliefert. Er gestand bei der Untersuchung die Diebstähle zu Selnrod, und wurde darüber mit 2jähriger Zuchthausstrafe und 40 Prügeln bestraft. Die Anderen, wovon Heiden-Peter den Namen Peter Gärtner führte, waren nach Lauterbach gebracht, und dort in Untersuchung gezogen worden. Der evidentesten Beweise unerachtet gelang es ihnen, sich durchzulügen. Sie wurden nach 6 Wochen unter Landesverweisung entlassen. – Bei der hiesigen Untersuchung gestand Inquisit nun auch diese Diebstähle ein. Sie sind, ihre Qualifikation abgerechnet, von geringer Bedeutung.

Ein anderer Umstand zog die Aufmerksamkeit des untersuchenden Richters auf sich. Nach der vorerwähnten Arretierung der Räuber in dem Hirtenhaus bei Engelrod war darin ein Zettel gefunden worden, der aller Wahrscheinlichkeit nach von denselben, herrührte. Er war in folgenden Worten abgefasst:

„Storndorf, Abendrot, den ersten Freitag im neuen Licht, das ist den zweiten Mai, müssen unsre Sachen beisammen sein.

„Johannes Hansel. “

Es entstand die Mutmaßung, dass dieser Zettel auf den das Jahr vorher zu Appenrod geschehenen Mordraub, welcher bald auf den Raub in dem Kirchberger Pfarrhaus folgte, Bezug habe. Und wirklich ist es nicht unwahrscheinlich, dass, da um jene Zeit, – wie sich aus den vorhergehenden Nummern ergibt, – beide Banden, die Brabanter und Wetterauer in Verbindung standen, – der Raub zu Appenrod sowohl, als der zu Kirchberg, von aus beiden vereinigten Individuen begangen worden. Die Taktik war ganz brabäntisch; allein es liegen bestimmte Aussagen und Anzeigen darüber vor, dass Wetterauer wenigstens daran Teil genommen. (Vergl. XXXIV. gegen Ende.) Schon1805 hatte man gegen Funk wegen dieses Zettels inquiriert: jetzt stellte man aus obigen Gründen sowohl gegen ihn, als gegen Heiden-Peter und Andere, eine weitere Untersuchung an. Allein die angewandte Mühe wurde nicht durch Erfolg belohnt; Funk und Heiden Peter stellten sich des Schreibens unkundig, und wollten, so wenig als Andere, weder von dem Zettel, noch von der Tat, etwas wissen.

11.) Diebstahl mit Einbruch bei der Witwe des Balthasar Steindecker zu Wermuthshausen, Cantons Ebsdorf/im Werra -Departement, Königreichs Westphalen, 9/10 Februar 1806

Teilnehmer:

Johann Caspar Wezlar

Johannes Lamm, und

Friedrich N.

Wert 50 fl. – Heidenpeter, der mit einem Teil der gestohlenen Sachen betroffen wurde, kam über diesen Diebstahl zu Marburg in Arrest. Nach beendigter Untersuchung wurde am 2ten Sept. 1806 der mit arretierte Wezlar zu sechsjähriger; und Heidenpeter, der damals den Namen Peter Gärtner führte und erst 20 Jahre alt zu sein vorgegeben hatte, – zu dreijähriger Eisenstrafe verurteilt. Wezlar verbüßt noch an seiner Strafe. Heiden-Peter aber brach am 31. Dezember 1806 mit Joh. Wehrt vulgo Speckbart (S.II.) und Joh. Heinrich Vogt von Gilsenberg (S. XLIII.) zu Ziegenhain aus, und entging so der weiteren Verbüßung seiner Strafe.

12.) Diebstahl zweier Brandweinshüte zu Södel, Januar oder Februar 1807. Wert 31 fl. (S. I. no. 2.)

13.) Qualifizierer großer Diebstahl zu Haarbach, bei Oberförster Müllers Witwe. Ungefähr um dieselbe Zeit. Wert 104 fl (S. 1. no. 5.)

24.) Einbruch zu Bärstadt in der Urhahnischen Burg. Kurz nach obigem-Diebstahl. (S. I. no. 6.)

Die beise vorerwähnte Diebstähle geschahen bekanntlich mit tödlichen Waffen und ungewöhnlicher Kühnheit.

15.) Diebstahl von Kleidungsstücken und Linnen-Tuch mit Einbruch zu Oberndorf, Großherz. Berg.

Teilnehmer: Zwei Unbekannte

Wegen dieses Diebstahls, welcher sich in der Nacht von 9ten auf den 10ten März ereignete, wurde Inquisit tags darauf im Dillenburgischen zur Haft gebracht. Der Bestohlene hätte nämlich im Schnee die Spuren von drei Dieben wahrgenommen und sogleich zu deren Verfolgung Anstalt getroffen. Mit Beihilfe eingezogener Erkundigung wurde er wirklich einige Stunden von seiner Heimat drei verdächtige Kerls gewahr, welche sämtlich Bündel trugen; und queerfeld gingen. Er traf Anstalt, sie zu umstellen. Zwei davon warfen alsbald die Bündel weg und entflohen. Der dritte war Heidenpeter. Er wollte den Bündel nicht hergeben, begab sich mit solchem ins Laufen, und wurde eingeholt. Erst im Augenblick vorher hatte auch er, wiewohl zu spät, den Versuch gemacht, sich durch Abwerfung seiner Bürde zu retten. Man fand nun in den abgeworfenen Packen richtig die zu Oberndorf gestohlene Sachen. Heiden-Peter wurde nach Dillenburg gebracht, wo er sich den Namen Ferdinand Kreuz gab. Er behauptete, die Sachen für unbekannte Leute um Lohn getragen und nicht gestohlen zu haben, und brach vor beendigter Untersuchung in der Nacht von dem 30ten September auf den 1ten Oktober 1807 aus. Zugleich mit ihm ging Joh. Festweber aus Hundshagen vulgo Hessen Hannes oder Hessen-Heinrich durch, der unter dem Namen Herrmann Gläsner, in einem an das seinige stoßenden Gefängnis saß, und nachher sein spezieller Gefährte wurde.

Noch hier beharrt Inquisit bei der Behauptung: er habe den Oberndorfer Diebstahl nicht begangen, sondern die Sachen für Unbekannte um Lohn getragen. Bewandten Umständen nach verdient aber dieses Leugnen keinen, oder doch nur geringen Glauben. Deswegen, und da es wenigstens außer Zweifel liegt, dass er durch das Tragen der Sachen auf eine sträfliche Weise zu dem Diebstahl konkurriert hat, nahm man auch keinen Anstand, solchen unter seine bewiesenen und gestandenen Verbrechen zu setzen. Hauptsächlich hat wohl das fortdauernde Leugnen des Inquisiten darin seinen Grund, weil er damals mit einer im Dillenburgischen gehausten Bande in Verbindung stand, deren Teilnehmer er nicht verraten will, aus Besorgnis, durch deren Einfangung noch unbekannter Verbrechen aus der damaligen Zeit überführt zu werden.

16.) Diebstahl von Viktualien aus einem Wirtskeller zu Bruchenbrücken. Anfangs 1808

Teilnehmer:

Johann Adam Steininger (XXXIII.)

Kleiner oder Scherenschleifers Hann-Adam (Joh. Adam Weis)

Dicker Hann-Adam (Joh. Adam Heusner)

Lahmer Hannjost (Joh. Justus Holzapfel)

Die Räuber waren von einem Streif-Kommando gedrängt. Sie stiegen in den Keller ein, um sich zu erfrischen. Ihre Beute bestand in Wein, Äpfeln, Wecken und Fett. Heusner leugnet die Teilnahme, weiß übrigens von der Sache.

17.) Diebstahl eines Waschkessels zu Bolenbach, A. Grünberg, mit Einbruch. 1808. Wert 10 fl. Teilnehmer: Heiden Andres.

Der Kessel wurde an den Spengler in L* ch im nahe gelegenen Wald verkauft. Heiden-Andres hatte ihn schon vorher dahin bestellt gehabt. In derselben Nacht brachen die Diebe noch in einem anderen Haus zu Bolenbach ein. Das Gefach stürzte mit Getös zusammen, die Hausleute wurden munter, und die Diebe entflohen.

18.) Diebstahl des Gräfl. Ranzauischen Braukessels zu Ziegenberg, unweit Butzbach und Friedberg. 27/28. September 1808

Wert ungefähr 250 fl.

Teilnehmer:

Hessen-Heinrich

Schoden-Heinrich,

Kleiner Johann

Hannfried

Überrheiner Wilhelm und gewissermaßen

Veit Krämer und

Zunder Albert

Die fünf Erstgenannte hatten den Diebstahl mit Heidenpeter begangen. S*d und Söhne, Juden zu Münzenberg, hatten das Kupfer bei ihnen bestellt; es fiel den Dieben aber zu schwer, es auf einmal dahin zu tragen. Sie warfen daher den herausgehauenen kupfernen Kesselboden einstweilen in das Flüsschen Uß, und trugen zuerst das Seitenkupfer nach Münzenberg. In dem nahe gelegenen Wald holten es S**d und Söhne in Säcken und Mahnen ab. Es trug von dem Erlös, wie Heidenpeter behauptet, jedem der Diebe 13 fl.

Inquisitens Gefährten waren, wie er angibt, mit ihm uneinig darüber geworden, dass er nicht schwerer getragen habe. Aus dieser Ursache, behauptet er, hätten sie ihn nicht mitgenommen, um das Bodenkupfer abzuholen, sondern statt seiner, wie er meint, Zunder-Albert und Veit Krämer. Das Kupfer von dem Kesselboden soll schwerer noch als das Seitenkupfer gewogen haben. Es ertrug angeblich jedem Teilnehmer von dem Erlös noch eine Carolin weiter. Heidenpeter, der wie er sagt in S**ds Haus war, als die Andern die Bezahlung für das Bodenkupfer erhielten, verlangte ebenfalls seinen Anteil davon, weil er den Kessel hatte stehlen helfen; erhielt aber nichts als von Schoden-Heinrich eine Tracht Schläge.

Schoden-Heinrich, der diesen Diebstahl lange abgeleugnet, bequemte sich ebenfalls zum Geständnis. Er sagt nichts von Zunder-Albert und Veit Krämer, gesteht übrigens, dass das Bodenkupfer ohne Heiden-Peters Beihilfe abgeholt worden, und dass er sich in dem Judenhaus mit demselben darüber gerauft habe, weil solcher dem unerachtet an dem Erlös Anteil verlangt habe. Er will von dem Ertrag überhaupt mehr nicht als 15 fl. erhalten haben. Dieser Diebstahl geschah mittelst Einsteigen durch ein 3 Fuß von der Erde befindliches Schaltloch.

19.) Hemden- Entwendung zu Beyernheim

Ohne Teilnehmer, Die 4 Hemden hingen auf den Hecken.

20.) Diebstahl eines Schafs zu Pfaffenwisbach. Jahr 1809.

Wert 5 fl. 30 kr. Ohne Teilnehmer

21.) Versuchter großer Straßenraub 2. bei Gelnhausen. 1809, (S. XXXIV. 4.)

22.) Versuchter Straßenraub an Krämern bei Neustadt. 1809. (S. XXXIV. 3.)

23. – 42.) Zwanzig größtenteils qualifizierte Diebstähle aller Art, welche Inquisit mit dem schwarzen Jung, Conrad Anschuh, Ludwig Funk, Johann Justus Diez und Heinrich Keller begangen.

 Man verweist um Wiederholung zu vermeiden, auf die bereits geschehene Erwähnung unter den angeführten beschriebenen Komplizen.

43.) Schaf-Diebstahl bei Steinbach. 1809, Wert 4 fl.

Teilnehmer: Bruchschneiders Hannes

44.) Diebstahl einer Glocke aus der St. Georgen Kapelle bei Friedberg. 1809.

Wert 350 fl.

Teilnehmer:

Hessen-Heinrich

Schoden-Heinrich

Kaspar Huthmann

Geislipsen-Michel

Die gedachte Kapelle gehört eigentlich nach Ockstadt, und die Glocke wog ungefähr 170 Pfd. S**s Söhne zu Münzenberg erhielten das Metall und zahlten p. Pfd. 20 kr. Schoden-Heinrich hat diesen Diebstahl geleugnet.

43.) Qualifizierter großer Diebstahl zu Gedern, in dem Bergwirtshaus, unfern des Schlosses. 6/7. May 1809

Wert wenigstens 350 fl.

Teilnehmer:

Soden-Heinrich

Johann Adam Heusner

Hessen-Heinrich

Johann Jost Holzapfel,

Es wurde dem GastWirt Stolle, der zugleich einen Kramladen führt, auf einer Leiter durch das Fenster eingestiegen. Die Diebe hatten einige Scheiben ausgebleit. Heusner, und wie dieser behauptet, auch Heiden-Peter, führten Pistolen. Das Entwendete bestand in Geld, hauptsächlich aber in Waren. Heusner bekannte zuerst diesen Diebstahl. Schoden-Heinrich hat ihn hartnäckig geleugnet. Heiden-Peter gesteht ihn, behauptet aber, der Verlust sei zu hoch angeschlagen, und er für seine Person habe keine Pistole gehabt.

46.) Diebstahl eines Brandweinshutes zu Eberstadt. Korn-Ernte 1809.

Wert 7 fl. Ohne Teilnehmer.

Der Bestohlene ist der Wirt Buß zu Eberstadt. Inquisit hatte vorher mehrmals Brandwein bei demselben getrunken, und die Gelegenheit hierbei ausersehen. Er stieg ohne Leiter durch das Fenster ein. S*d zu Münzenberg kaufte den kupfernen Hut für 3 fl.

47.) Versuchter Diebstahl zu Gardenteich. Spätherbst 1809.

Teilnehmer:

Schwarzer Hannes

Schwamm-Heinrich

Die Diebe wollten in einem mitten im Dorf stehenden Haus Tuch stehlen. Durch das Gauzen der Hunde wurden die Leute wach. Die Diebe entflohen.

48.) Qualifizierter Diebstahl von Küchengeräten usw. auf der s. g. Oberburg, zu Heldenbergen, bei Hrn. Grafen Rhode.

Dieser Diebstahl geschah in der Nacht von dem 1ten auf den 2ten May 1810. Wert 104 fl. 46 kr. Teilnehmer:

Johann Adam Steininger (XXXI.)

Kleiner Johann

Schoden-Heinrich

Heiden -Peter stieg auf zwei zusammengebundenen Leitern zum Fenster ein, und nach ihm der kleine Johann, Die gestohlene Sachen, welche größtenteils in kupfernen Kastrolen und Zinn bestanden, wurden nach Hainchen an Conrad Rupp, Sohn des Heinrich Rupp, (genannt Bampel-Rupp,) verkauft, bei welchem Steininger und Schoden-Heinrich im Quartier lagen. Die Kastrole wurden größtenteils bei Rupp gefunden, als er im Begriff stand, solche nach Frankfurt an einen Kupferschmied zu verhandeln. Das Zinn, und alles, was noch fehlt, leugnet er hartnäckig erhalten zu haben. Die Diebe stahlen auch einige Schinken und geräucherte Zungen, und verzehrten sie mit ihrem Anhang. Heiden-Peter gestand diesen Diebstahl in Zeiten. Erst spät bequemte sich auch Schoden- Heinrich zum Geständnis.

49.) Wäsche-Diebstahl auf dem Pfaffenhof. Frühjahr 1809

Teilnehmer: Schoden-Heinrich

Es fehlt über diesen Diebstahl an ganz bestimmter Nachricht. Nur so viel erhellet in Ansehung des Wertes, dass er nicht unbedeutend war.

50.) Versuchter Diebstahl zu Ockstadt. Spätherbst

Teilnehmer: Schwarzer Hannes.

Sie beabsichtigten einen Brandweinshut zu stehlen, konnten aber nicht beikommen.

51.) Diebstahl mit Einbruch bei Diedelsheim. Pfingsten 1808.

Dieser Diebstahl wurde erst lange nach Einsendung der Akten auf Angabe des Martin Knaus, am 20ten Oktober 1812 von ihm einbekannt, und liefert einen wiederholten Beweis, dass der Versicherung keines Gauners, „er habe alle seine Verbrechen gestanden“ zu trauen ist. Das Nähere hierüber wird man, so viel möglich, XLI. n. 7. nach tragen.

Inquisit ist noch einiger bedeutenden Verbrechen, namentlich eines großen Diebstahls mit Einbruch zu Steinheim, Amt Nidda, in den Akten bezichtigt, aber nicht geständig. Es ermangelt am  hinreichenden Beweise. Den 27ten Juli 1812 wurde diese wichtige, inhaltreiche Untersuchung geschlossen, und Tags darauf gingen die VI dicke Bände starke Akten an Großherzogl. Hofgericht, zur Entscheidung ab. Das Urteil wird erwartet.

XL.) Johann Philipp Widerspann aus Usenborn, genannt der Usenborner Lips, auch Dreher-Lips

Eingesandt den 29. May 181.

Signalement

Er ist 38 Jahre alt, 5 Fuß 7 Zoll 1 1/2 Strich groß, stark und gut gewachsen. Seine Haare, Augenbrauen und Bart sind blond-braun; letzterer ist nur unter der Nase, unter dem Kinn und unter den Ohren besonders merklich. Er hat eine gewöhnliche Stirne; bräunlich-graue Augen; längliche Nase von mehr als mittlerer Größe, mit stark herunterhängender Spitze, und einen mittelmäßig großen Mund mit stark aufgeworfenen Lefzen. Sein Gesicht ist länglich, nach den Backenknochen hin breit, und hat eine gewöhnliche frische Farbe. Seine ganze Haut ist übrigens ziemlich weiß, in dem Gesicht hat er einige, jedoch nicht sehr merkliche Blatternarben, und auf dem linken Backen nahe an der Nase eine kleine Warze. Seine Hände sind vorzüglich stark; seine Füße dagegen verhältnismäßig etwas klein. Auf dem Rücken ist er mit einem kleinen schwarzen Flecken gezeichnet., Er hat das Dreher Handwerk erlernt, ist der lutherischen Religion zugetan und unverheiratet.

Familien-Verhältnis

Inquisit ist der einzige Sohn eines angesessenen Untertanen des Ackermanns und Drehers Jacob Widerspann zu Usenborn, Großherz. Hessischen Gräfl. Stollbergischen Amtes Gedern. Sein Vater sowohl, als seine Mutter, Elisabetha Margretha, sind noch am Leben. Ihr Vermögen an liegenden Gütern beträgt im Wert ungefähr 800 fl.; an diesem gehen ab 150 bis 200 fl. an Schulden. Übrigens hat er noch zwei Schwestern; die eine, Elisabetha Margretha, 27 Jahre alt, ist außer dem elterlichen Haus verheiratet an Johannes Weber; die andere, Anna Maria, 23 Jahre alt, ist noch bei den Eltern. Der Vater des Inquisiten ist ein schwächlicher baufälliger Mann, der sich, wie es scheint, entweder um die Erziehung seines Sohnes wenig bekümmerte, oder aus Schwachheit denselben verzogen hat. Von ihm, dem Vater, sind zwar keine Verbrechen bekannt, doch ist er nicht rein von sträflicher Konnivenz gegen die Verirrungen seines Sohnes, und wurde auch desfalls schon in bürgerliche Strafe genommen.

Schicksal und Verbrechen

Inquisit diente anfänglich unter der Großherzogl. Hessischen Fuß-Garde. Während er sich auf Urlaub befand, beging er einige, jedoch nicht sehr beträchtliche Diebstähle, und entwendete unter andern Geld seinem eignen Vater. Hierüber kam er in Arrest und Untersuchung. Er entwich zu Gedern von der Wache; betrunken setzte er unterwegs einem Manne von Gelhaar, der mit ihm verwandt war, das bloße Seitengewehr auf die Brust, und beraubte ihn seines Geldes. Dieser packte ihn fest an dem Säbelkoppel, und machte Lärmen; es kamen Holzhauer, die in dem Wald beschäftigt waren, zu Hilfe. Widerspann wurde festgemacht, und nach Gedern zurückgebracht. Er entschuldigte sich dort mit völliger Trunkenheit, und wollte nicht wissen was er getan habe. Die Sache wurde einberichtet und Widerspann auf Verordnung Großherzogl. Ober Kriegs-Kollegs aus dem Militärstand gestoßen. Die Untersuchung wurde nun lediglich von der Zivilbehörde geleitet. Inquisit entwich unterdessen zu Gedern abermals, begab sich auf das Vagabunden-Leben, und geriet in Verhältnisse mit den Gaunern. Aus der Geschichte Heidenpeters (XXXIX.4.) wissen wir seine Teilnahme an dem großen Straßenraub zwischen Usenborn und dem Neuhof. Dieser fällt in die Periode seiner letzten Flucht. Widerspann gab die Gelegenheit dazu an, verriet Weg und Stege, und war der Erste beim Angriff mit geladener Pistole. Ihm insonderheit wird die brutale Misshandlung des Juden-Mädchens Schuld gegeben. Zwar leugnet er diese; aber die Misshandelte sowohl, als ihr Vater bezichtigen ihn eidlich der Tat, – und ihre Aussagen werden unterstützt durch die seiner mitarretierten Komplizen. Es streiten auch dafür noch andere Gründe, deren Anführung aus Rücksichten unterbleibet.

Widerspann wurde mehrere Wochen nach jenem Vorfall von neuem eingezogen und nach Gedern gebracht. Die beraubte und misshandelte Juden bezichtigten ihn des Straßenraubs; sie stellten noch andere Zeugen, welche aussagten, dass sie Widerspann zur Zeit jenes Verbrechens mit einer Pistole in der Hand im Wald gesehen hatten. Allein er leugnete hartnäckig jeden auch noch so entfernten Anteil, teils wegen der von ihm eingestandenen Diebstähle, teils wegen seiner besonderen durch unleugbare Tatumstände bewiesenen Gefährlichkeit, wurde er von der Großherzogl. Hessischen Gräfl. Stollbergischen Gesamt-Justiz-Kanzlei in Gedern zu achtjähriger Detention im Arbeitshaus und demnächstiger Konfination verurteilt. In den Entscheidungsgründen heißt es, dass dieses Erkenntnis teils eigentliche Strafe für seine geständige Begangenheit, teils und hauptsächlich ein Sicherungsmittel für das Publikum gegen einen so höchst unsittlichen und gefährlichen Menschen enthalte. Inquisit büßte, in Gemäßheit dieses, höchsten Orts bestätigten Urteils, bereits länger als ein Jahr; als das Geständnis Heidenpeters veranlasste, dass er zum Behuf weiterer Untersuchung von Marienschloß hierher geschickt wurde. Seine Ankunft zu Gießen erfolgte den 29. Mai 1812. Noch an demselben Tag gestand er, in dem von dem Verf. angestellten Verhör, die Teilnahme an dem Usenborner Straßenraub. Er wiederholte und erweiterte sein Geständnis bei mehreren folgenden Vernehmungen. Auch die vorgehabte Beraubung des Mannes aus Geelhaar leugnet er nicht; sucht sie aber mit dem höchsten Grad von Trunkenheit zu entschuldigen. Wiewohl er nun zu Gedern den Usenborner Raub nicht eingestanden hatte, so behauptete er doch, er sei dieses Verbrechens wegen hauptsächlich gestraft worden, und äußert daher die Meinung, es könne ihm keine weitere Strafe zu Teil werden.

Den 26. August 1812 wurde die Untersuchung gegen Widerspann geschlossen, und tags darauf gingen die Akten an Großherzogl. Hofgericht zur Entscheidung ab. Sie bestehen in I. Band neuerer Untersuchungs-Akten, und einem starken Konvolut älterer. Dem Urteil sieht man entgegen.

XLI.) Martin Knaus, vulgo Mühlarzt oder Kartoffel-Müller

Eingeschickt den 20ten Jul0 181.

Signalement

Er ist gebürtig von Diedelsheim im F. und Gr. Isenburg-Büdingischen, ein seit geraumer Zeit der Gaunerei ergebener vagierender Zimmermann und Mühlarzt. Sein Alter gibt er zu 40 Jahren an, und seine Größe beträgt 5 Fuß 7 Zoll rheinisch. Er ist stark und breitschulterig; hat braune Haare, starke grad laufende Augenbraunen von gleicher Farbe, niedrige-aber breite, gewölbte, stark mit Haaren bewachsene Stirne. Seine Augen sind hellblau, die Nase ist dick und stark; der Mund von gewöhnlicher Größe, mit aufgeworfenen derben Lippen. Das Kinn ist rund und ziemlich breit. Der Bart ist stark, dunkler als die Haupthaare und fast ganz schwarz. Er hat ein langes Gesicht, das von der Rundung des Kinns nach den Ohren hin schmal zulauft, und eine bräunliche, um die Nase etwas kupfrige Farbe. Er ist mit einem Hodenbruch behaftet, seine Hände sind breiter und stärker als gewöhnlich. Am rechten Bein unter dem Knie, sowie an der linken Hand unter dem Daumen, hat er Hiebnarben. Er bekennt sich zur reformierten Religion. Wie er hierher kam, trug er, gegen die sonstige Gewohnheit der Gauner, einen weißen Bauernkittel, und hatte dabei Stiefel an. Knaus lebte, wie die meiste seines Gleichen, in wilder Ehe. Seine Beischläferin heißt Christine Rumpfin. Sie stammt von Bauersleuten, und ist von Allendorf an der Ulm, im Herzogl. Nassauischen, Fürstl. Solms-Braunfelsischen Amt Greifenstein, gebürtig. Sie ist ein großes hageres Mensch von 38 Jahren; hat braune Haare, graue Augen, ziemlich starke grade Nase, und eingefallene Backen. Er zeugte mit ihr drei noch lebende Kinder; einen Buben, Namens Heinrich, dermalen 6 Jahre alt; einen, Namens Ludwig, von 4 Jahren, und ein Mädchen Cathrine, jetzt 1 Jahr alt.

Genealogie

Knaus ist ein uneheliches Kind. Sein Vater, der ihn nicht anerkannte, hieß angeblich Jacob Dillmuth, und war Ziegelbrenner in Hainchen. Seine Mutter Charlotte, eine geborene Knausin, aus dem nahe bei Hainchen gelegenen Ort Diedelsheim, heiratete in der Folge einen Schneider, Namens Scheib. Von diesem nennt sie sich jetzt Charlotte Scheibin. Sie hat kein liegendes Eigentum als ein verschuldetes Häuschen zu Diedelsheim, und nährt sich vom Taglohn. Er hat zwei Stiefgeschwister. Der Stiefbruder Johann Georg Scheib, ungefähr 20 Jahre alt, lernt angeblich die Bäcker-Profession. Die Stiefschwester Margrethe Scheibin ist bei der Mutter.

Schicksal

Inquisit wurde von seinem mütterlichen Großvater erzogen. Dieser hieß Martin Knaus, war ein Bauer und Wagner, und hatte ihn aus der Taufe gehoben. Er unterrichtete ihn in Holzarbeiten, und ließ ihn nachher die Zimmermanns – Profession erlernen. Sein Großvater starb; statt nun irgendwo ein fixes Etablissement zu suchen, zog Inquisit auf dem Land umher, arbeitete hin und wieder auf Mühlen und Höfen, und fertigte besonders für die Bauern Kaffee, Feeg- und Kartoffel-Mühlen. Daher seine Namen Mühlarzt und Kartoffelmüller. Durch diese Lebensart wurde er bald bekannt mit den Wetterauer Gaunern oder Platten. Er gewöhnte sich an das unstete Leben, gewann Geschmack an der Gaunerei, und schaffte sich eine Beischläferin an. Als Familienvater ohne hinlänglichen Unterhalt und ohne bleibende Wohnstätte, trat er bald näher in Verbindung mit der Bande Zunder-Albert, Veit Krämer, Schoden-Heinrich, Haarbacher Hannes, Birklarer Schneider, Johann Adam Steininger, Jonas Hoos, Heiden-Peter, Ludwig Funk, und andere höchst berüchtigte Gauner, wurden seine Genossen. Bis jetzt wissen wir verhältnismäßig nur wenig Bestimmtes über seine Verbrechen. Allein schon aus seinem Umgang lässt sich schließen, dass er kein gemeiner Räuber war. Auch ist er nicht nur im Allgemeinen als Straßenräuber bezichtigt, und eines tentierten Straßenraubs bereits geständig, sondern es sind auch entfernte Anzeigen vorhanden, dass er durch den Straßenraub beträchtliche Summen lukrierte. Sein Haupt-Aufenthalt war ehemals die Wetterau, besonders der berüchtigte Ort Beyernheim und die Hassel-Hecke. Späterhin, wie die Räuber in der Wetterau Überall verfolgt und versprengt wurden, und er von Gießen aus, zwar nicht als Martin Knaus, jedoch als der s.g. Mühlarzt und Kartoffelmüller signalisiert war, zog er sich in das Werra-Departement, Königreichs Westphalen. Dort fand er Zuflucht in Brungershausen. Dieser kleine Ort scheint aus lauter kochemer Einwohnern, zu bestehen. Ludwig Funk und andere Räuber fanden dort häufig und lange eine sichere Retraite. Er liegt an der Großherzogl. Hessischen Grenze, nach dem Hinterland zu, unweit Buchenau gegen über dem kleinen Ort Elmshausen, ebenfalls in den Polizei-Notizen berüchtigt.

Knaus wurde, nachdem er geraume Zeit zu Brungershausen sich zu verbergen gewusst, von der sehr tätigen Königl. Westphälischen Polizei daselbst eingezogen. Er saß zu Marburg ein Jahr weniger sechs Wochen. Die gegen ihn dort vorgelegene Indizien reichten nicht hin, ihn bei dem Mangel alles Geständnisses als peinlichen Verbrecher zu condemnisren. Der K. Kriminalgerichtshof des Werra-Departements verordnete daher gegen ihn, als ausländischen Vagabunden, hinsichtlich seines schon ausgestandenen Arrestes die Verweisung in den Geburtsort. Der Herausgeber dieses hatte schon früher auf eine Anfrage des Königl. General -Prokurators Freiherrn. v. Hanstein die Vermutung geäußert, dass der zu Marburg verhaftete Martin Knaus eine Person mit dem Mühlarzt und Kartoffelmüller sei, der in den hiesigen Untersuchungs-Akten gegen Jonas Hoos; Heiden -Peter usw. verschiedener Verbrechen beschuldigt worden. Er hatte sich deswegen erboten, ihn durch hiesige Gefangene rekognoszieren zu lassen. Knaus hatte indessen zu Marburg alle Bekanntschaft mit diesen und andern Räubern geleugnet und da ihn auch der zu Marburg hingerichtete Birklarer Schneider nicht rekognoszierte, schien die bei dem Verfasser an Gewissheit grenzende Vermutung dort wenig Glauben zu finden. Indessen ging der Weg in des Inquisiten Heimat, wohin derselbe nach Verordnung des Königl. Kriminalgerichtshofs gebracht werden sollte über Gießen. Der General-Prokuator Herr von Hanstein, dem der Vollzug des Erkenntnisses oblag, erinnerte sich jetzt des Anerbietens des Verfassers. Er ließ ihn demselben überliefern. Dabei fügte er das schriftliche Ersuchen an, falls Knaus, wie ihm wahrscheinlich sei, als Mühlarzt hier nicht rekognosziert würde, denselben mit einem verschlossenen Schreiben nach Büdingen weiter bringen zu lassen.

In Gießen nun benahm sich Inquisit wie jeder Räuber von Bedeutung. Er beteuerte seine Unschuld und wollte anfänglich keinen der Verhafteten kennen. Freilich würde ein Inquirent; der sich durch den ersten fehlgeschlagenen Versuch irre machen ließe, und bei dem ersten Leugnen eines Gauners beruhigen wollte, -träge oder unwissend handeln. So geradezu und ohne Umstände ergibt sich kein wahrer Spitzbube! Indessen schien doch hier die Untersuchung aus ganz besonderen Gründen misslich und der Erfolg zweifelhaft. Man hatte ihm schon seine zwei Kameraden, Funk und Heiden-Peter, unter das Gesicht gestellt. Nur letzterer erkannte ihn sogleich bestimmt als den bezeichneten Mühlarzt; Er hingegen leugnete; sowohl mit dem einen als mit dem andern Umgang gehabt zu haben. Steininger, der ihn kannte, war vorlängst nach Frankreich ausgeliefert. Aus dem als halsstarrigen Leugner bekannten Schodens-Heinrich war nichts zu bringen. Sein Haupt-Gefährte Jonas Hoos, durch den man am ersten ihn zu überführen gehofft hatte, war grade einige Tage zuvor enthauptet worden. Nichts schien wahrscheinlicher, als dass er um dessen Hinrichtung wusste. Denn das Gespräch über dieselbe war damals an der Tagesordnung, und auf dem Transport von Marburg hierher war er nahe an dem Galgen vorbeigekommen und hatte unter demselben die Schand-Tafel sehen können, welche auf dessen Grab zur Warnung Anderer mit der Inschrift errichtet ist: Jonas Hoos, Dieb und Straßenräuber, enthauptet den 14ten Juli 1812. Es ließ sich daher erwarten, dass er, teils aus Furcht vor ähnlichem Schicksal, teils weil es an der Möglichkeit der Gegeneinanderstellung fehlte, grade die mit Hoos begangenen Verbrechen am hartnäckigsten leugnen würde. Und doch waren diese, ausgenommen den tentierten Straßenraub mit Ludwig Funk, die einzigen die man damals mit Bestimmtheit von ihm wusste.

Vorsicht der Behandlung war daher mehr als je nötig. Mit dieser gelang es aber die Schwierigkeiten zu überwinden. Er wurde nach und nach zum Geständnis gebracht.

Erst gab er den anfangs geleugneten Umgang mit Heiden-Peter, Ludwig Funk und Birklarer Schneider nach. Darauf brachte man ihn zum Geständnis, dass er mit ersterem und letzterem den Diebstahl zu Södel begangen. Bei diesem Diebstahl waren auch Jonas Hoos und Haarbacher Hannes, Knaus vermied aber solche unter den Komplizen zu nennen. Man machte ihm bemerklich: er habe die Mitschuldige dieses Diebstahls nicht alle genannt. Er erklärte: „Es seien noch zwei Unbekannte dabei gewesen“ Man fragte: Wie solche geheißen oder gerufen worden? „Der eine davon, erwiderte er, „sei, wie er meine, Hannes gerufen worden; wie aber der andere geheißen, sei ihm völlig unbekannt.“ –  Man hielt es für zweckwidrig, ihn auf einmal zu weit zu führen; man ließ es daher damals bei dieser Antwort bewenden. Die Erfahrung lehrte den Verfasser, dass es in gewissen Fällen gut ist, wenn der Richter sich eine Zeitlang stellt, als wenn er nicht alles wisse, oder zu wissen verlange. – Folgenden Tags ging man auf ganz andere Punkte über. Man brachte ihn zum Bekenntnis, dass er mit Funk, Steininger, Schoden-Heinrich, Kleinen Johann und Hans Martin Rupprecht einen Straßenraub in der Gegend von Münzenberg vorgehabt, – freilich unter dem Vorbehalt, dass er im Trunk dazu verführt worden. Schwerlich aber hätte man ihn soweit gebracht, wenn man bei dem vorigen Verhör nicht gleichsam ein Auge zugetan, und seiner Verleugnung des Jonas Hoos und Haarbacher Hannes anscheinend geglaubt hätte.

Nachdem man nun das Geständnis seiner weiteren Räuber-Bekanntschaft hatte, und seiner Person völlig versichert war, auch seinen Character näher studiert hatte, fing man einige Tage später, die Untersuchung wegen der zwei unbekannten Komplizen des Södeler Diebstahls von neuem an. Vorstellung, Argumentation, Überraschung – alles zusammen wirkte; es entstand ein heftiger Kampf seiner Seele. Es wurde ihm vorgehalten: Derjenige Teilnehmer des Södeler Diebstahls, den er gar nicht nennen zu können behauptet, habe auf dieser Stelle, wo erstehe, selbst bekannt, nicht nur zu Södel, sondern auch an andern Orten mit ihm gestohlen zu haben, und hierbei sei auch der andere Gefährte gewesen, von dem er weiter nichts wissen wolle, als dass er Hannes gerufen worden. Wie er so der Lüge bezichtigt war, und noch immer unentschlossen da stand, richtete man ernst und unvermutet die Frage an ihn: Ob er haben wolle, dass die beide Verbrecher hier vor seinen Augen erschienen, und, ihn selbst der Lüge straften? Vielleicht erstickte diese Frage den Glauben in ihm, dass Jonas Hoos hingerichtet sei, oder glaubte er an Geisterbeschwörungen, und dass Haarbacher Hannes hier sitze! Kurz, – er gestand endlich: „Jonas Hoos und Haarbacher Hannes” – deren Namen ihm zu neunen man bisher sorgfältig vermieden hatte, um möglichst alle Suggestionen zu vermeiden, – „seien die noch unbekannte Teilnehmer des Södeler Diebstahls und seine Bekannte.“

In der Folge gestand er nach und nach auch alle andere Verbrechen, von denen man wusste, dass sie von beiden Vorgenannten mit ihm begangen worden. Und da man ihn nicht hatte durchblicken lassen, wie weit Hoosen‘s Bekenntnis reiche, so bekannte er zuvor noch einen andern mit solchem begangenen Diebstahl, den zu Allendorf an der Ulm nämlich, von dem man nichts wusste, und den der verstockte Hoos nie angegeben,  obgleich Richter und Geistliche ihn noch kurz vor seinem Ende zu einer aufrichtigen Angabe alter bisher verheimlichten Verbrechen ermuntert hatten. Die Untersuchung dieses Diebstahls führte sodann noch zur Entdeckung eines anderen, den er an dem nämlichen Orte allein begangen hatte. Durch Communication mit der Grosherzogl. Kriminal-Kommission in Würzburg erhielt man späterhin die Anzeigen zu dem Diebstahl bei Diedelsheim. Man verfolgte sie, und gelangte zum Geständnis. Aus diesem entwickelten sich wieder die Anzeigen des Diebstahl-Attentats zu Büdingen.

Verbrechen

1.) Einbruch auf dem Licher Hof und Entwendung zweier großen Branntwein-Geschirre (S. I.1.)

2.) Entwendung zweier Brandwein-Blasen-Hüte zu Södel, (S. I. 2.)

3.) Beraubung von Frachtwagen zu Wolfshausen. (S. I. 4.)

4.) Versuchter Straßenraub bei Münzenberg.  (S. XXXIII. 3. und XXXVII. 3.)

5.) Zinn-und Kessel-Diebstahl mit Einbruch zu Allendorf an der Ulm. 1806. Wert 53 fl. 20 kr. Teilnehmer:

Jonas Hoos (I.)

Haarbacher Hannes

Die Diebe versammelten sich auf der Etzel Mühle bei Lohra im Werra-Departement, gingen von da nach Blasbach in dem Solmischen, und von hier nach Allendorf. Es wurde ein Gefach eingebrochen, und Jonas Hoos führte ein langes Messer. Der Diebstahl betraf Verwandte von der Beischläferin des Inquisiten. Das gestohlene Zinn und Kupfer wurde angeblich an einen Juden zu Leihgestern verkauft. Durch Erhebung des Tatbestandes ergab sich zugleich die nahe Anzeige von folgendem daselbst begangenen Diebstahl.

6.) Diebstahl eines kleinen kupfernen Kessels zu Allendorf a. d. Ulm. Juli 1806

Ungefähr 4 Wochen nach vorigem Diebstahl, Wert 8 fl.

Die Bestohlene waren ebenfalls Verwandte von Inquisitens Beischläferin. Er beging diesen Diebstahl ohne Teilnehmer und stieg um den Kessel zu erhalten zum offenen Schaltloch ein. Er leugnete dieses Verbrechen anfangs hartnäckig. Als man ihn aber endlich merken ließ, dass man sogar seinen Abnehmer wusste, bequemte er sich zum Geständnis.

Durch die von Würzburg anhero communicirte Angabe des dort sitzenden Johann Georg Schmitt (*), der ihn zwar nicht als Teilnehmer nannte, jedoch bezeichnete, wurde er, und durch sein Geständnis auch Heiden-Peter (XXXIX) weiter folgenden Diebstahls überführt:

7.) Einbruch bei dem Obermüller Wilhelm Hühn, unweit Diedelsheim. Gegen Himmelfahrt 1808.

Teilnehmer:

Georg Schmidt (zu Würzburg verhaftet)

Albert Krämer  (zu Würzburg verhaftet)

Kleiner Johann.

Lahmer Hannjost

Überrheiner Wilhelm

Heiden-Peter (XXXIX.)

Hessen-Hannes

Johann Adam Steininger (XXXIII.) und wahrscheinlich auch

Schoden-Heinrich (XLIII.)

Die Beute bestand in einem Waschkessel und vieler Wäsche. Eidlich bestimmter Wert 184 fl. 24 kr. Knaus und Hannjost hatten angeblich Pistolen. Ersterer soll den Diebstahl angestiftet haben.

(*) Ist bei der Bande am meisten bekannt unter dem Namen Würzburger Schneider. Sonst führt er auch die Spitznamen Tanz- Stoffel, Biegeleisen usw.

Um diese Zeit wurde auch

8.) in der Vorstadt von Büdingen, bei dem Krämer Uhrhan, ungefähr von derselben Bande ein Einbruch versucht, kam aber nicht zu Stande, weil ihnen der Nachtwächter begegnete.

Dieser wurde von einem (wahrscheinlich Hessen-Hannes) auf die Seite gebracht, und mit gespannter Pistole eine Zeitlang bewacht. Unterdessen hatten sich die Andern, die wahrscheinlich dem Handel nicht trauten, entfernt. Knaus will nicht dabei gewesen sein, sondern vorher erklärt haben, die Sache wäre nicht auszuführen.