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Wetterauer Bande Seite 258 – 301

Actenmässige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandener Verbrecher, Nebst Personal-Beschreibung vieler in alle Lande teutscher Mundart dermalen versprengter Diebe und Räuber – Von Friedrich Ludwig Adolf von Grolmann, Giessen 1813

Inhalt

XXXII.) Johannes Vielmetter, Sohn, vulgo Jacob Heinrichs Hannes

Wurde eingebracht den 15ten Juli 1811 und starb den 25ten Februar 1812 im Gießer Stockhaus, nach beinahe völlig geendigter Untersuchung.

Signalement

22 Jahre alt, 5 Fuß 2 Zoll 2 Strich groß, hagerer Statur, hatte ein schmales längliches plattes Gesicht, etwas in das Bräunliche fallenden Teint, dunkelblonde lang geschnittene Haare, Augenbraunen von gleicher Farbe, blonden, wenig sichtbaren Bart, kleine ovale Stirne, hellgraue Augen, gewöhnlich. große, etwas weniges gebogene Nase, vorne breit und mit ziemlich großen Nasenlöchern, regelmäßigen Mund und rundes Kinn. Bekannte sich zur katholischen Religion. Seine hier gesessene, bereits unter Landesverweisung entlassene Beischläferin heißt Cathrina Kariolin, ist 24 Jahre alt, 5 Fuß 1 Zoll groß, starker Statur, hat dunkelblonde lange Haare, dunkelgraue Augen, starke, vorne etwas die Nase, gewöhnlichen Mund, rundes etwas starkes Kinn, längliches volles, glattes und frisches Gesicht. Sie hat einen Bruder Namens Heinrich Kariol, 36 Jahre alt, 5 Schuh 2-3 Zoll groß. Er hat ein hageres Gesicht mit ziemlich vielen Pocken-Narben, dunkles Haar, hellblaue Augen, rundes Kinn, gewöhnliche Nase und Mund. Seine Kleidung bestand (1810) in einem hellblauen beiderwandenen Wämmschen, langen leinenen Hosen und einem alten dreieckigen Hut ohne Knopf. Er ist ein verdächtiger Vagabund, und befand sich in den letzten Zeiten häufig in Johannes Vielmetters Gesellschaft. Indessen sind bis jetzt keine besondere Verbrechen von ihm bekannt.

Gestandene Verbrechen

1.) Diebstahl zu Berkersheim (S. XXXI. n. 51.)

2.) Diebstahl bei Ostheim (S. XXXI. n. 36.)

3.) Diebstahl zu Vilbel (S. XXXI. n. 35.)

4.) Diebstahl zu Urzel (S. XXXI. n. 10.)

5.) Diebstahl auf einem Hof bei Frankfurt (S. XXXI n. 34.)

6.) Diebstahl unweit Hamelburg. (S. XXXI.n. 8.)

7.) Kirchenraub und Glocken- Diebstahl zu Maria Ehrenberg. (S. XXXI n. 11.)

8.) Diebstahl und Einbruch auf der Niederohmer Mühle (S. X. 16. und XII 5. auch XV. 4.)

9.) Diebstahl eines Brandweinshuts zu Altenschlirf. (S. XII. 24.)

10.) Tentierter Straßenraub bei dem Bastelshof. (S. XXXI. n. 45.)

11.) Einbruch zu Wägersbach bei Schwarzenfels, etwa 4 Jahren.

Teilnehmer:

Druckers-Peter

Lohmüllers Heinrich

Esels-Kinnbacken, (Vergleiche LXVII. 37.)

Das Haus des Bestohlenen ist das erste rechts, wenn man von. der Farb- Mühle in das Dorf kommt. Nach Joh. Vielmetters Angabe bestand das Gestohlene in 8 Stücken Dörrfleish. Sie trugen das Fleisch nach Breunlings, und verzehrten es in dem Haus eines vertrauten Schusters, der ehedem Wirt war.

12.) Qualifizierter Frucht-Diebstahl zu Ulmbach, (S. XXXI. 1. 40.

13.) Diebstahl zu Breungeshain. (S. XXXI. n.39 )

14.) Qualifizierter Diebstahl auf dem Wasemichshof, (S. XVII 1. 3. und XXXI. 11. 52.)

15.) Diebstahl zu Brien. (S. XXXI. n. 37.)

16.) Diebstahl zu Michelstadt im Odenwald, (S.XXXI. n. 60.)

17.) Diebstahl zu Brückenau. (S. XXXI. n. 55.)

18.) Kessel- Diebstahl zu Selnrod. (S. X, 15.)

19.) Tentierter Diebstahl zu Rebgeshain

Teilnehmer: Leonhard Lang.

Die Diebe gingen (nach Joh. Vielmetters Geständnis) aus, Tuch zu stehlen, wurden aber durch die Wachsamkeit einiger Leute verhindert.

20.) Vollzogener Einbruch und tentierter Diebstahl eines Waschkessels zu Niederohmen. (S. X, 24. und XIX.20.)

21.) Diebstahl in Wettsaasen. (S. V. 1. und X. 4.)

22.) Diebstahl auf der Schlagmühle zwischen Ulrichstein und Langwasser. (S. V. 2.)

Der gestohlene Lein wurde auf dem Petershainer Hof gegen Käse und Brandwein umgetauscht. Des Ohls bedienten sich die Diebe zum Schmelzen.

23.) Ziegen-Diebstahl zu Burggräfenrod. (S. XXXI. 50.)

Die Ziege wurde an einen Hanauer Juden verkauft.

24.) Einbruch und Diebstahl eines Pferds- Kummet daselbst. (S. XXXI. no. 56.)

25.) Versuchter Diebstahl zu Niedereschbach. Vor 5 Jahren

Teilnehmer:

Hölzerlips

Mahnen-Friedrich

Hannes N.

Als die Diebe im Begriff waren, den Diebstahl zu vollziehen, wurde der Haushund laut, und sie entfernten sich.

26.) Versuchter Diebstahl zu Niederwöllstadt. Vor 6 Jahren

Teilnehmer:

Heinrich Lehn, genannt Lohmüllers oder sch..zer Heinrich

Kleiner Justus

Die Diebe gingen auf einen Zinn-Diebstahl aus; man wurde aber im Haus ihre Ankunft gewahr, und sie mussten abziehen.

27.) Versuchter Diebstahl bei Kahl, (S. XXXI. n.57.)

28.) Diebstahl zu Wallenrod. Vor etwa 5 Jahren

Teilnehmer Druckers-Peter

Lohmüllers Heinrich

Esels-Kinnbacken

Die Diebe brachen ein Gefach aus, und holten Brot und Hemden.

29.) Versuchter Diebstahl zu Pfaffenhausen. S. XXXI. 13)

Johannes Vielmetter gibt an, dass sie hauptsächlich Fleisch hohlen wollten.

30.) Versuchter Diebstahl zu Lehnheim, A. Grünberg

Teilnehmer:

Leonhard Lang

Heinrich Pfeiffer und, wie er glaube,

Johann Adam Frank

31.) Garn-Diebstahl in Flensungen.

Teilnehmer: Die Vorigen.

32.) Qualifizierter Diebstahl zu Effolderbach. S. XXXI. 59.)

33.) Diebstahl zu Radmühl. (S. XXXI.2.)

34.) Tuch -Diebstahl zu Rixfeld. ( S. XVII. 1. und XXXI. 53)

35.) Wasch-Diebstahl zu Haiz (S. XXXI. 58.)

36.) Qualifizierter Diebstahl zu Dorfelden, Vor 4-5 Jahren.

Teilnehmer: Mahnen Friedrich. Die Diebe stiegen auf einer Leiter ein. Nach Vielmetters Angabe bestand ihre ganze Beute in 6 Hemden und einigen Säcken.

37.) Versuchter Diebstahl zu Gronau. Vor 5–6 Jahren.

Teilnehmer:

Daniel Buchenberger junior

Zinngießers Ludwig

Die Diebe waren auf Zinn ausgegangen, wurden durch das Bellen einiger Hunde verhindert.

33.) Einbruch bei einem Krämer zu Ilbenstadt. XXXI. 49.)

39.) Bienen-Diebstahl zu Oberndorf. (S. XXXI. 14.)

40.) Beraubung eines Lusthäuschens des Hrn. Grafen zu Isenburg, bei Büdingen. Vor 5-6 Jahren

Teilnehmer:

Heinrich Pfeiffer, (tot)

Johannes Lehn 2te, (sitzt zu Fulda)

Dieses kleine neuerbaute Lusthaus des Herrn Grafen Ernst Casimir zu Isenburg-Büdingen, Großherzogl. Baadischen General-Majors, liegt ungefähr 1 Stunde von Büdingen im Wald, unfern der Hohen Straße. Es wurde kurz nach seiner Erbauung im Jahre 1806 verschiedentlich erbrochen. Messer und Gabeln, Zinn, Fayence, Gläser, Wildhäute und allerlei Kleinigkeiten wurden daraus entwendet. Johannes Vielmetter gestand ein, dass er mit den Obengenannten einen dieser Einbrüche verübt, und ungefähr 3 Gesteck Messer und Gabeln, Tassen von Fayence und einige Spiele Karten, daraus gestohlen.

41.) Erbrechung und Beraubung des gräfl. Stollbergschen Vogelhauses zu Ortenberg. (S. XXXI, 57.)

Inquisit war noch mehrerer Diebstähle, Straßen- und Kirchen-Räubereien bezichtigt. Er stellte aber alles Weitere in Abrede, und es fehlte an zureichendem Beweise. Vielleicht sind seine übrige begangene Verbrechen in der Brust seines Beichtigers verschlossen. Denn einige Tage vor seinem Tod, den offenbar seine frühe Ausschweifungen herbeizogen, bekannte er demselben ein stundenlanges Register seiner Sünden.

Dieser junge Mensch war in keiner Hinsicht stiefmütterlich behandelt. Allein Völlerei und Wollust hatten seinen Körper entnervt; seine Lunge wurde entzündet. Oft ist die Natur selbst die Rächerin des Lasters. Sonst wäre auch längst die Brut des Gauner- Geschlechtes zur unvertilgbaren Hyder erwachsen.

XXXIII.) Johann Adam Steininger, vulgo Überrheiner Hann-Adam

Dieses ehemalige Mitglied der Bande von Schinderhannes wurde den 19ten Oktober 1810 durch ein Streif- Commando auf der Nassauischen Grenze ergriffen. Er wurde bloß als verdächtiger Vagabund, unter dem Namen Johann Steininger aus Lohweiler, am 30ten Oktober 1810 zur Recognition hierhergeschickt. In seiner Gesellschaft befanden sich, außer seiner unten genannten Beischläferin, der s. g. Hessen-Martin (Martin Kirschner) [*] und einige andere Räuber. Sie wurden entlarvt und nach Marburg ausgeliefert.

[*] siehe BRILL (Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des …, Band 1 Seite 211): „Zu Gießen sitzt noch ein anderer Gauner unter dem Namen Hessenmartin ein; der heißt aber Martin Kirschner und ist von Guckshagen gebürtig.“

Signalement

Er ist 37 Jahre alt, vielleicht auch etwas älter, misst 5 Fuß 4-5 Zoll, und ist starker, ramassierter Statur. Er hat lichtbraune, lang geschnittene, über die Stirne gekämmte Haare, starke grad laufende Augenbraunen von gleicher Farbe, lichtbraunen ziemlich dicken Bart, und dunkelbraune grad heruntergehende starke Backenbärte. Seine Stirne ist hoch, aber schmal und über den Augen merklich erhaben, welche klein, länglich und braun von Farbe sind. Die Nase ist mittelmäßig groß, aber breit, dicke und nach der Stirn zu mit einem kleinen Höcker versehen. Er hat einen mehr großen als kleinen Mund mit ziemlich starken Lefzen, und ein rundes Kinn. Sein Gesicht ist oval, nach oben spitz, hat ziemlich starke Backenknochen, rötlich braune Farbe. Auf dem Kopf hat er eine Hieb- und auf der linken Seite eine Stich-Narbe.

Er wurde geboren zu Lohweiler, im ehemaligen Zweibrücker-Land; war dann sesshaft auf dem Trombacher Hof, Cantons Obermoschel, Kaiserl. Französischen Departements Donnersberg, wurde hierauf Räuber und Vagabund, und flüchtete auf die rechte Rhein-Seite, als er sein Leben durch die Angaben des Schinderhannes in Gefahr sah. Zum Schein handelte er bisweilen mit Porzellan und Fayence. Bei seiner Arretierung trug er ein Kamisol von dunkelgrauem Biebertuch, und eine dunkelblau tuchene Gillet-Weste mit kleinen weisen Metall-Knöpfen, die Knopflocher daran mit hellblauer Seide ausgenäht, wie es bei den Gaunern der Vogelsberger und vorzüglich der Wetterauer Bande Mode ist, eine rote Halsbinde, gelbe lederne Hosen, blaue Stümpfe, Schuhe mit Bändeln, gelbe runde Ohrringe und einen runden schwarzen Hut. Seine Mundart ist die Elsasser.

Steiningers miteingebrachte Beischläferin heißt Catharina Pfeiffer. Sie ist die Tochter eines gewissen Christoph Pfeiffers aus Langenhain, in der ehemaligen Herrschaft Epstein, und wird die große Cathrine genannt. Vordem war sie eine Zeitlang Beischläferin des Schinderhannes, und dann Weib seines Gefährten Krug-Joseph, der erst Joseph Klein hieß, sich nachher Joseph Weber nannte, und vor einigen Jahren zu Darmstadt unter dem falschen Namen Valentin Heller saß. Sie hat 3 Kind von Schinderhannes, 2 von Krug-Joseph, 2 von Steininger, und 1 beigebrachtes von des Letzten vorigen Frau, welche er verlassen hat. Ihr Alter ist 32 Jahre, ihre Größe 5 Fuß 35 Zoll, ihre Statur stark. Sie hat dunkelbraune, lange, tief in die Stirne gewachsene Haare 3 die Augenbraunen sind schwach aber von gleicher Farbe. Sie hat vorstehende Backenknochen, schmale Stirne, braune Augen, starke die Nase, ziemlich großen Mund, rundes Kinn, ovales, breites Gesicht. Sie ist eine kluge, aber intrigante Dirne.

Verbrechen

1.) Raub zu Waldgrehweiler, jenseits des Rheins

Teilnehmer: Schinderhannnes und Mehrere von seiner Bande. S. Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden von Keil und Becker, Teil 1. p. 111 u.folg.

Steininger gestand zwar nicht unumwunden ein, dass er an diesem Verbrechen Anteil genommen, doch gab er nach, darum gewusst zu haben, und dass ihm desfalls Anträge gemacht worden. Bei seiner Aussage hat er sich indessen in manche Lügen und Widersprüche verwickelt, welche den Glauben an die Richtigkeit der Angabe Schinderhannes, der ihn ausdrücklich als Teilnehmer genannt hat, unterstützen. Bekanntlich wurden die Räuber über den Misshandlungen,  die sie bei jenem Raub begingen, verjagt, und erhielten nicht mehr, als beiläufig 20 fl.

2.) Raub auf dem Neudorfer Hof, Cantons Obermoschel

Teilnehmer: Schinderhannes und Mehrere von seiner Bande

Die merkwürdige Geschichte dieses Raubs s. am oben angef. Ort, p. 114 u. folg.

Inquisit gestand in Gießen die Teilnahme an diesem Raube, und gab nach, dass er dabei, mit einer Pistole in der Hand, an dem Hoftor Schildwache gestanden. Er schützte dagegen vor, er sei von Schinderhannes verführt worden, habe an den Misshandlungen keinen Teil genommen, und überhaupt mehr nicht als 2 große Taler von dem Geraubten erhalten; in der Folge habe er Reue gefühlt, und dem Schinderhannes die von ihm bekommene 2 große Taler zurückgegeben, – Haec credat Judaeus Apella! – Das von dem Beraubten erpresste Geld bestand in 382 fl.

3.) Attentierter, nicht gelungener Straßenraub 1/4 Stunde von dem Bastelshof. 1809. (S. XXXI. no. 45.)

4.) Vollführter Straßenraub unter Misshandlungen, auf demselben Platz. 15. Juli 1810

Im Jahr 1810, als Jacob Heinrich Vielmetter, der bei jenem Attentat zugegen war, in Bergen gefangen saß, führte Steininger obigen Straßenraub wirklich aus.

Teilnehmer:

Veit Krämer

Mathäus Oesterlein, genannt Krämer- Mathes

Hölzerlips (sämtlich in Heidelberg den 31. Juli 1812 hingerichtet)

Christian Haag, genannt dicker Bub

Caspar Mindörfer, genannt Bürsten-Caspar (beide in Breuberg den 17. Juli 1812 hingerichtet)

Johann Adam Lauck, oder Treber, genannt Kleiner Johann, auch Schnallenmacher (ein Krämer) – noch in Freiheit

Dieser Raub geschah am oben gemeldeten Tage an 5 Juden, an der Landstraße von Laudenbach nach Beerfelden im Odenwald, bei der lichten Eiche. Die Beraubte waren von Laudenbach am Main mit Waren nach dem Beerfelder Markt gezogen. Der Wert des Geraubten, einschließlich baren Geldes, ist auf 956 fl. eidlich gewürdigt. S. Pfisters Aktenm. Geschichte Th. I. p. 64. IV.

5.) Straßenraub mit Misshandlungen in der Gegend Walddüren. 12. März 1806

Teilnehmer:

Krämer-Mathes

Zunderhannes

Sippel

Der Raub geschah an zwei Ochsentreibern. Der Wert des Geraubten betrug 1082 fl. Nach Pfister Th. 1. p. 108. nannte Mathäus Oesterlein die beide zuletzt genannten Teilnehmer

Johannes Reinhard

Joseph Haaf

Da Seppel in der Volkssprache so viel als Joseph bedeutet, – und ein gewisser Joseph Haaf vulgo Seppel, nebst seinem Bruder Johann Haaf im Würzburger Zuchthaus sitzen soll, (Pfister Th. II. p. 42.) der von Krämer- Mathes angegebene Johannes Reinhard aber nach Pfister Th. I. p. 164. vulgo Zunderhannes heißt; so ist der anscheinende Widerspruch leicht zu erklären.

6.) Straßenraub in der Gegend von Würzburg

Teilnehmer

Joseph Sippel (*)

Johannes Sippel (**) (Gebrüder)

Ein Ungenannter

(*) Nach der am Ende der vorigen Nummer enthaltenen Bemerkung – vielleicht: Joseph Haaf vulgo Seppel | (**) Nach derselben Bemerkung – vielleicht: Johann Haaf, Bruder des Joseph Haaf vulgo Seppel

Geschah an Juden, die mit Halstüchern und dergleichen Waren hausieren gehen wollten. Nach vollbrachter Tat trennten sich Steininger und Johannes Sippel von den beiden Andern. Diesen letzten wurde nachgeeilt. Sie trugen die geraubte Waren in Säcken, und wurden festgesetzt. Der Wert des Geraubten, so wie der weitere Erfolg, ist unbekannt. Steininger wurde, ehe die Untersuchung völlig im Reinen war, nach Mainz ausgeliefert.

7.) Versuchter Straßenraub eine halbe Stunde von Münzenberg, in der Wetterau. Sommer 1809. Teilnehmer:

Heinrich Vogt von Gilsenberg, genannt Schoden-Heinrich (XLIII.)

Ludwig Funk von Selnrod, genannt Selnröder Ludwig (XXXVIII.)

Johannes Müller von Birklar, genannt Birklarer-Schneider, auch Grabenschneider. (Hingerichtet zu Marburg im Frühjahr 1812.)

Martin Knaus von Diedelsheim, genannt Mühlarzt, auch Kartoffel-Müller (XLI.)

Hans Martin Rupprecht (sitzt in Darmstadt)

Weiter, nach des Knaus Behauptung

Kleiner Johann (Noch in Freiheit.)

Die Räuber hatten vor, 4 bis 5 Juden aus dortiger Gegend, welche den Gießener Jahrmarkt besuchen wollten, anzugreifen, und ihnen das Geld abzunehmen. Sie hatten sich auch wirklich, bewaffnet mit Pistolen und Prügeln, eine halbe Stunde hinter Münzenberg in dem Wald, welcher nach Wombach ziehet, schon zu dem Ende angestellt. Die Juden kamen aber nicht zu vier oder fünf, sondern zu zehen und zwar geritten. Sie hatten ferner Bauernwache bei sich, und einen andern Weg eingeschlagen, wodurch der gefährliche Platz, wo die Räuber anstanden, vermieden wurde. Soden-Heinrich soll den Raub angegeben, wie er aber die Juden auf obige Art anrücken sehen, geäußert haben: „Das sind ihrer zu viel, da richten wir nichts aus!“ Die Räuber gingen also unverrichteter Sache auseinander.

8.) Versuchter Straßenraub zwishen Hainchen und Himbach, in der Wetterau Sommer 1809

Teilnehmer:

Schoden Heinrich

Ludwig Funk

Johann Justus Diez, vulgo Lumpen-Jost

Acht oder vierzehn Tage später stellten sich, auf Anreizung Schoden-Heinrichs, die vorgemeldeten Räuber, nebst Steininger, in dem Wald zwischen Hainchen und Himbach auf die Lauer, um einem Juden von Himbach aufzupassen, der mit Krämer-Waren auf die Ortschaften hausieren ging. Der Jude kam aber nicht, und die Beraubung unterblieb für diesmal. Einige Wochen oder Tage darauf soll Heinrich Vogt, nach Steiningers Angabe, den vorgehabten Straßenraub, jedoch ohne Beisein des letztern, mit den Andern wirklich vollführt haben. Auch ist bald darauf an dem Juden Moses Marthai von Himbach, welcher mit seinem Sohn den Schotter Jahrmarkt besuchen wollte (s. XXXVIII. No, 4.), eine Beraubung an dieser Stelle wirklich vorgefallen, und Ludwig Funk, welcher die Teilnahme an dem versuchten Straßenraub eingestehet, gibt an, dass Schoden-Heinrich die Ausführung desselben bloß verschoben, und ihm, in einigen Tagen einen weiteren Versuch zu machen, proponiert habe. Allein Funk will sich von Schoden-Heinrich bald darauf getrennt haben, und nicht wissen, ob der Straßenraub wirklich ausgeführt worden. Schoden-Heinrich dagegen gesteht weder das Eine noch das Andere.

9.) Versuchter Einbruch bei einem Krämer zu Heldenbergen. Sommer 1809

Teilnehmer: Die Vorigen.

Durch das Klingeln der eingestoßenen Scheibe wurde der Krämer munter.

10.) Diebstahl eines Brandweins-Geschirrs im Wirtshaus zu Heldenbergen. In derselben Nacht

Teilnehmer: Die Vorigen., Wert 250 fl. (S. XXXVII. 24.)

11.) Bestürmung des Hauses eines Juden zu Erbstadt in der folgenden Nacht

Das Nähere hierüber s. XXXVII. 24.

12.) Tentierter Diebstahl zu Bannerod bei einem Krämer.

13.) Ausgeführter Diebstahl ebendaselbst an einem Bauer

Das Nähere über Num. 12 und 13. siehe XX. 29 und 30 und XXX. 10.

Johann Adam Steininger, nebst Beischläferin, wurden Ende Oktobers 1811 an die Kaiserlich Französische Präfektur nach Mainz ausgeliefert. Nach Steiningers Auslieferung kamen noch mehrere Straßen- Räubereien, woran er diesseits des Rheins Anteil genommen; zur Anzeige.

XXXIV.) Der s.g. Schwarze Jung, oder Veltens Heinrich, welcher sich den Namen Johann Georg Gottschalk gibt

Wurde den 19ten Oktober 1810 von dem Amt zu Burgemünden eingeschickt

Signalement

Er ist 24-25 Jahre alt, 5 Schuh 2 Zoll 2 Strich groß, festen Körperbaus und breiter Schultern. Seine Haut hat eine gelbbraune Farbe; sein Kopf ist länglich geformt, und bildet bis zu den Kaufteerknochen beinahe ein längliches Viereck. Er hat pechschwarze Haare, und trug solche lang geschnitten, über Stirne und Ohren herabhängend. Sein Hals ist etwas nach der linken Seite gebogen; seine Stirne ist gewölbt, aber klein. Seine schwarze Augenbraunen sind dünn und nur wenig gebogen. Die Nase ist ziemlich groß, länglich, und stark in der Mitte hat sie eine kleine Erhöhung und gleich darunter eine mehr bedeutende, inwärts gehende Krümmung. Der Mund ist von gewöhnlicher Größe, und hat derbe rote Lippen. Das Kinn ist klein, rund, platt, und hat in der Mitte eine Grube. Sein schwarzer Bart ist vornämlich bemerkbar unter der Nase, an einer Stelle der Unterlippe, sodann an einer auf dem linken Backen befindlichen Warze; am Kinn dagegen zeigt er sich bloß in einzelnen, dünn stehenden Haaren. Er hat etwas eingefallene Backen, und die Kaufteerknochen sind nach den Ohren hin vorragend. Seine schwärzliche, eigentlich gelbbraune Gesichtsfarbe hat einen kleinen Anflug von Rot um den oberen Teil seiner Wangen. Seine Augenliegen etwas tief; sind braun, feurig, lebhaft, umherrollend, und mit starken, langen schwarzen Wimpern versehen. An der linken Seite der Stirne hat er eine bedeutende gewöhnlich durch die überhängende Haare bedeckte Schlag-Narbe, die von einer Prügelei mit dem Überrheiner Wilhelm herrühren soll. Die Haut an der Stirne und um die Gegend des Mundes zieht er häufig, wenn er spricht, oder ehe er zu sprechen anfängt, auf eine höhnische, drohende, oder auf eine possierlich lächelnde Art in Falten. Bei dem Sprechen pflegt er mit Brust und Armen zu arbeiten, und schüttelt dabei den Kopf; man sollte fast glauben, er müsste die Worte aus dem Bauch heraufpumpen. Er hat einen langen Oberkörper; dicke und starke Schenkel. Seine Füße sind plump, breit, und wie die Schenkel ohne Ebenmaß. Überhaupt hat sein Unterkörper Ähnlichkeit mit dem eines Bären. Auf dem Rücken hat er ein paar einzelne große Blatternarben, im Gesicht aber mehrere kleine, welche großenteils ziemlich verwachsen sind. Sein Blick und ganzes Äußere verrät den wilden, ungebildeten und gefährlichen Menschen. – Die Religion, wozu er sich bekennt, ist die katholische. – Manchmal, doch wahrscheinlich nur zum Schein, trieb er den Handel mit irdenen Waren. Sein eigentliches, tätig betriebenes Geschäfte war – Rauben und Stehlen.

Seine mitverhaftete Beischläferin nennt sich teils Anna Christina Schmittin, (von ihrem ersten Beischläfer oder angeblichen Mann, Namens Schmitt, einem Österreichischen Soldaten,) teils Anna Christina Weberin, nach ihrem Vater. Sie ist vorgeblich im Nassau-Usingischen geboren, 37 Jahre alt, 4 Fuß 3 Zoll 2 Strich groß, gesetzter Statur, hat blonde Haare, ziemlich dunkele Augenbraunen, runde Stirne, braune Augen, gerade spitze Nase, gewöhnlichen Mund und frische Gesichtsfarbe. Diese äußerst gefährliche und intrigante Vagabundin entwich aus dem Arrest zu Burggemünden im September 1810, und wurde den 7ten Jenner 1812 in Gesellschaft des Räubers Johann Justus Diez, genannt Lumpen-Jost (XXXVII.) an der Nassauischen Grenze betroffen, und von dem Amt Königsberg zum Stockhaus eingeschickt. Von dem Schwarzen Jung hat sie keine Kinder aber von ihrem ersten Beischläfer einen 13 jährigen Buben, Namens Johannes, welcher schon bei Diebstahlen behilflich war, und dermalen so groß als die Mutter ist, blonde dünne Haare, blaue Augen, und etwas dicke eingebogene Nase hat. Er war mit dem Schwarzen Jung von Burggemünden hierher geschickt z man gab ihm die Freiheit wieder, und Tat ihn zu rechtlichen Bürgersleuten, bei welchen er Schulunterricht empfing, und ein Handwerk erlernen sollte. Allein bereits zu sehr gewöhnt an das unstete Leben, entlief er, gesellte sich von neuem zu Vagabunden und Räubern; wurde endlich mit seiner Mutter wieder ergriffen, und abermals zum Stockhaus eingeschickt.

Schicksal

Wie der Schwarze Jung eigentlich heißt, und wer seine Eltern gewesen, hierüber haben wir bloß von ihm selbst einige Nachricht. Sein Name – behauptet er – sei Johann Georg Gottschalk, und er sei zu Ilbenstadt in der Wetterau geboren. Seine Eltern, wovon der Vater angeblich Johann Georg, die Mutter aber Lies geheißen, will er nie gekannt haben, Nach dieser Angabe scheint es, dass er aus echtem Gauner-Geschlecht entsprossen ist. Auffallend ist es indessen, dass er aktenmäßig lange Zeit den Namen Heinrich führte. Er gibt hierüber folgende Erläuterung: Wie er zu Fulda gefirmt worden, sei einer, Namens Heinrich, sein Firme Pate gewesen; diesem zu Ehre habe ihm seine Stiefmutter den Namen Heinrich gegeben. Diese heiratete nachher den Räuber Valentin Bröschler, der in der Folge die Elisabetha Reinung, Hoosens nachherige Beischläferin (s. I.), nahm, und auf dem Wannhof im Jahr 1807 erschlagen wurde. Von diesem hieß man ihn Veltens Heinrich. Als sein Stiefvater Velten erwähntermaßen die Reinung zur zweiten Frau nahm, fing Inquisit an, recht auf eigne Faust zu wirtschaften. Sein ganzes Bestreben war nun dahin gerichtet, sich unter den Gaunern geltend zu machen. Dies glückte ihm früh durch allerlei verwegene Streiche. Er war noch sehr jung, aber doch hatte er den Ruf eines herzhaften, unverzagten Genossen; denn bei der Gefahr ging er voran, und ermunterte Andere. „Ich will einst am Galgen sterben, und ich kann es noch weit bringen, bis ich dahin komme;“ dies war angeblich oft seine Äußerung. – Bald suchten ihn auch alle Partien. In der Wetterau, im Vogelsberg und in Franken wurde er zu Raub und Diebstählen zugelassen. Über feine Streifereien nach Franken haben wir indessen nur einige wieder zurückgenommene Geständnisse und unerwiesene Anzeigen Anderer. (Vergl. XII. 19.) Nach letzteren trieb er bei irgend einem Raub seinen rohen Mutwillen so weit, eine geknebelte Hausmagd auf den Tisch zu legen, zu entblößen, und mit einer Schusters-Seule in den hinteren Teil ihres Körpers zu stechen.

Charakter

Über den Character des Inquisiten lässt sich leiht nach dem Vorhergehenden Urteilen. Herausgeber dieses lernte ihn überall kennen als einen verdorbenen, grausamen, schadenfrohen, hartnäckigen, boshaften, verstockten, verwegenen, lügenhaften, und auf Räuber Ehre geizigen Menschen. Alle seine zu Burggemünden getane Bekenntnisse nahm er hier zurück, den einzigen Braukessel-Diebstahl zu Ebsdorf ausgenommen, welchen er sich nicht zu leugnen getraute, weil zwei seiner Komplizen schon vor 7-8 Jahren solchen in Gießen gestanden und auf ihn bekannt hatten, und weil er wusste, dass man noch andere Beweismittel in Händen hatte. Je mehr indessen Inquisit alle andere Verbrechen leugnete, desto mehr und öfter gab der Verfasser sich Mühe, diesen höchst gefährlichen, überall berüchtigten Menschen so zu überführen, dass er völlig unschädlich gemacht werden könne. Nach vielen fruchtlosen Versuchen gelang es ihm endlich, das Geständnis einer Menge vorher nicht bekannten Verbrechen von ihm zu erhalten. Zuletzt bequemte sich Inquisit auch zum wiederholten Bekenntnis, zwar bei weitem nicht aller, jedoch einiger derjenigen Verbrechen, die er zu Burggemünden, wiewohl nur oberflächlich und ganz im Allgemeinen, bereits eingestanden hatte. Aber selbst, nachdem er durch lange, oft wiederholte Untersuchung zum Geständnis vieler Verbrechen gebracht war, verriet er noch seinen Ehrgeiz als Räuber, sobald man mit ihm in das Detail gehen wollte. Besonders schwer hielt es, von ihm die Gehilfen und Abnehmer zu erforschen; falsche Angaben oder die Entschuldigung, dass er es nicht wisse oder vergessen habe, – enthielt gewöhnlich seine Antwort – Hatte man auch diese Schwierigkeiten besiegt; dann erwachte noch oft sein Räuber-Stolz in dem Augenblick, wo er konfrontiert werden sollte. Oft wiederrief er dann seine frühere Aussage, oder, – war es halb möglich, – so leugnete er wenigstens die Identität des Vorgestellten. Er selbst z. B. hatte den Räuber Schoden-Heinrich (XLIII.) der Teilnahme an dem Raub zwischen Butzbach und Wetzlar beschuldigt, ehe derselbe in Gießen saß. Nachher wurde Schoden-Heinrich hierher gebracht, leugnete, und wurde konfrontiert mit ihm. Bei der Gegeneinanderstellung maß Schoden-Heinrich den Schwarzen Jung mit seinen Blicken, als wolle er sagen: „Bist du der berüchtigte Räuber, und verrätst vor Gericht deine Kameraden?“ Jetzt sah man des Inquisiten Räuber-Stolz lebendig werden. Trotzig schüttelte er Mähnen und Ketten, biss sich auf die Zunge, schlug die Augen nieder, und behauptete nun keck, den Konfrontierten ganz und gar nicht zu kennen, Schoden-Heinrich wurde bald hierauf nach Darmstadt abgeführt, um dort konfrontiert zu werden. Jetzt glaubte Schwarzer Jung wahrscheinlich, man habe denselben ausgeliefert oder entlassen; er gestand nun freiwillig, dass er bei der Konfrontation gelogen hatte, weil ihm Schoden-Heinrichs Blick unerträglich gewesen, und er sich in seiner Gegenwart geschämt habe, dass er so kleinmütig gewesen, zu gestehen, und einen Kameraden zu verraten.

Während seines hiesigen Arrestes versuchte Inquisit drei bis viermal durchzubrechen; sein Vorhaben wurde aber jedes Mal vereitelt. Er war auch einer der ersten von dem Komplott, das Jonas Hoos (I.) machte, um durch Ermordung des Verwalters und der Wache sich die Freiheit zu erschaffen.

Verbrechen

so er vor dem Kriminal-Gericht eingestanden.

1.) Großer Straßenraub unter lebensgefährlichen Misshandlungen, unweit Klein-Rechtenbach auf der Landstraße zwischen Butzbach und Wetzlar, 21ten Juni 1809.

Teilnehmer:

Hessen- Heinrich, oder dicker Hessen-Hannes (bekannt unter dem Namen Heinrich Mohr; heißt eigentlich Johannes Festweber.)  – wurde von Marburg nach Mainz ausgeliefert

Schoden-Heinrich, (Joh. Heinrich Vogt von Gilsenberg) S. XLIII.

Ludwig Funk, vulgo Selnröder Ludwig (S. XXXVIII.)

Scheeler oder Heiden-Peter (Peter Görzel oder Gärtner) S. XXXIX.

Conrad Anschuh (eigentlich Unschick aus Rodheim, Amts Nidda) S. XXXV.

Überrheiner Wilhelm  (soll nach Mainz geliefert sein)

Johann Adam Heusner, vulgo dicker oder Odenwälder Hann-Adam (sitzt in Darmstadt)

Martin Rupprecht, vulgo Hessen-Martin, Schwiegersohn des Porzellan-Hannes (sitzt in Darmstadt)

Johann Justus Diez vulgo Hann-Jost oder Lumpen-Jost S. XXXVII.

Johann Justus Holzapfel, vulgo lahmer Hann Jost, auch Hann-Jost mit den krummen Händen, noch in Freiheit

Dieser Straßenraub betraf die Tuchmacher Gebrüder Philipp und Ludwig Eisenhard, und den Sohn des letzteren, Johannes Eisenhard, sodann das Eigentum des Schneiders und Krämers Adam Dallinger, sämtlich von Niederkleen, im Herzoglich Nassauischen Amt Hüttenberg. Sie kamen von dem Wetzlarer Jahrmarkt, hatten dort feil gehalten und eingekauft, und führten mehrere Hundert Gulden Geld und einen Karn mit Waren bei sich (*).

 (*) Also nicht Juden waren es, wie in Hrn. Stadt Director Pfisters Aktenmäßiger Geschichte Th, 2. p. 133. seq aus Irrtum entweder des Protokollführers oder des Kopisten, eingeflossen ist. Unsere Erzählung beruhet auf der übereinstimmenden Aussage fünf hier verhafteter Komplizen, des Schwarzen Jungs, Scheelen Peters, Selnröder Ludwigs, Conrad Anschuhs und Lumpen-Jostes, welche sämtlich dieser Tat geständig sind, und – der Beraubten.

Die Aussagen Johann Adam Heusners hat man zwar bis jetzt von Darmstadt nicht vollständig mitgeteilt erhalten. Allein aus Antwortschreiben und kommunizierten Bruchstücken ergibt sich doch, dass Heusner in allen wesentlichen Teilen mit den Aussagen der hiesigen Delinquenten übereinstimmt. Nur auf die Teilnahme Schoden-Heinrichs will er sich nicht entsinnen, und gibt vor, dass es der Täter seines Wissens nicht mehr als zehen gewesen seien. Ob Hessen-Martin diesen Straßenraub eingestanden hat, hat man hier Orts nie erfahren können. Es scheint aber dass er noch gar nicht ausführlich vernommen worden, weil das Großherzogl. Kriminal-Gericht zu Darmstadt sonst ohne Zweifel auf die seinetwegen geschehene Anfrage Antwort erteilt hätte.

Hessen-Heinrich hatte die Räuber zu diesem Unternehmen zusammenberufen. Er war der Ballmassematten oder Anführer. Einige hier Verhaftete glauben nicht unwahrscheinlich, dass Münzenberger Juden, die nämlichen, welche in der Folge die Schärfenspieler gemacht, die Gelegenheit verraten und die erste Anreizung zu diesem abscheulichen Verbrechen gegeben haben. Auf dem von Riesischen Pfachthof versammelte sich die Bande elf Mann hoch, und traf nähere Abrede. Hier wurde Schießgewehr herbeigeschafft, Patronen gemacht und Knebel gefertigt. So gerüstet, und mit Säcken und Prügeln versehen, zogen sie ab, und wer etwa an der Tüchtigkeit seines Prügels zweifelte, schnitt sich unterwegs eine junge Buche oder Eiche. Scheeler Peter und dicker Hann-Adam wurden als Kundschafter voran nach Wetzlar geschickt. Sie erforschten dort die rechten Leute, sahen Geld und Kisten packen, und bezeichneten letztere, zu Vermeidung Irrtums, mit Kreide. Die übrigen Räuber erwarteten, ungefähr eine halbe Stunde von Wetzlar im Wald gelagert, ihre Rückkunft, und zogen sich, wie die Abgesandten mit der Botschaft zurück kamen, dass die Karawane bald anrücken würde, mit solchen tiefer in den Wald zurück bis gegen Klein-Rechtenbach. Hier wählten sie zur Ausführung ihres Vorhabens einen Platz, wo das lichte Kornfeld sich mit dem Dickicht des Waldes paarte, und wo sie mithin auf der einen Seite Hellung, auf der andern aber Dunkel und Verborgenheit nach Bedürfnis hatten.

Noch ehe man an diese Stelle kommt, war zu seinem und der Seinigen Glück der Schneider und Krämer Dallinger mit seiner Frau und 14 jährigem Sohn zu Großrechtenbach abgegangen, und hatte sich bei Gelegenheit eines Salz-Einkaufs verweilet. So entging er mit den Seinigen der persönlichen Misshandlung; aber seine Waren befanden sich auf dem Karn der Tuchmacher Eisenhard, welche mit solchen voran nach ihrer Heimat zogen.

Ludwig Eisenhard ging vor dem Pferd her; Er würde an der Waldecke zuerst von den Räubern mit vorgehaltenem Karabiner gestellt, und dann mit Prügeln zu Boden geschlagen. Sie schleppten ihn darauf in das Gebüsch, und banden ihn, unter immerwährendem Schlagen auf Kopf, Brust und Schultern, Hände und Füße. In dieser Lage bat er jammernd um sein Leben; statt Schonung erhielt er immer mehrere Schläge. Er rief den Unmenschen zu, die ihn misshandelten: „Habt Ihr denn keinen Gott?!“ Ein Räuber versetzte ihm darauf einen Faustschlag in das Gesicht mit den Worten: „Wart, ich will dir den Gott geben!“ – Ein anderer schlug den Karabiner auf ihn an, und drohte ihn zu erschießen. Auf sein weiteres Wehklagen rief ein Dritter? „Schieß den Hund tot!“ der angeschlagene Karabiner wurde auf ihn losgedrückt, das Pulver auf der Pfanne blitzte, aber – das Gewehr versagte. So dem Tod nahe, wurde er seines Geldes beraubt, dass er auf dem Markt gelößt hatte, und in 150 Gulden bestand.

Johannes Eisenhard, Sohn des Vorigen, ging mit seinem Oheim Philipp Eisenhard hinter dem Karn, als die Raub-Geschichte ihren Anfang nahm, und sprang im ersten Augenblick auf die andere Seite in das Korn, um zu entfliehen. Drei von den Räubern aber, der schnellfüßige Heiden-Peter an der Spitze, flogen ihm nach; er wurde eingeholt, zu Boden geworfen, an Händen und Füßen geknebelt, auf das Gesicht gelegt, und seiner Barschaft beraubt, die in etwa 50 fl. bestand. Einer der Räuber fühlte seine Sackuhr, und nahm sie mit den Worten: „Ha ha! Die ist auch gut für uns!“ So oft der Beraubte sich umsehen wollte, erhielt er Schläge in das Gesicht, im Übrigen aber wurde er schonender behandelt, als sein Vater, weil er gleich übermannt war, und sich nicht gewehrt hatte. Indessen stand Einer mit angeschlagenem Karabiner vor ihm Wache, bis zu völliger Beendigung des Raubes. Philipp Eisenhard wurde von zwei Räubern angefallen. Einer von ihnen schlug ihm mit einem Prügel wiederholt auf den Kopf, und der Andere suchte sich seines Büchsenranzens zu bemächtigen, worin sich ungefähr 100 fl gelöstes Geld befanden. Er glaubte, es sei ihm möglich, sein Eigentum zu retten, und wehrte sich anfangs so herzhaft, dass er mit dem, welcher ihn plündern wollte, zu gleicher Zeit in den neben der Chaussee befindlichen Graben fiel. Nun kamen aber einige andere Räuber hinzu; er wurde übermannt, von dem Karn weg in den Wald geschleppt, und mit einem dicken Prügel unaufhörlich auf Kopf und Schultern geschlagen. Bald lag er ohne Besinnung da; man knebelte ihm die Hände auf den Rücken, und er merkte es nicht. In diesem Zustand wurde ihm seine Barschaft genommen. Wie er nun, völlig beraubt, nach einiger Zeit wieder zu sich kam, und stromweise das Blut aus seinen Wunden quoll, fand er, während die Andern den Karn plünderten, noch einen der Räuber bei ihm stehen. Er bat, ihm den Kopf zu verbinden, dass er sich nicht verblute, und der Räuber, – es war der dicke Hann-Adam, – hatte – die Geldbegierde war ja befriedigt! – so viel Menschlichkeit, der Bitte Gehör zu geben. Schweigend zog er des Verwundeten Schnupftuch aus der Tasche, und verband ihm den Kopf damit. Ohne diese augenblickliche Hilfe, welche die Verblutung um vieles hemmte, war Philipp Eisenhard wahrscheinlich verloren. Er hatte nach dem Fund-Schein des Arztes elf beträchtliche Kopfwunden, wovon einige 1, 2, 3 und 4 Zoll lang auf das Cranium penetrierten. Sein linkes Schulterblatt war zersprengt, und die Röhre des Oberarms, gleich über der Junktur des Ellenbogens, entzweigeschlagen. Auch Ludwig Eisenhard hatte sehr beträchtliche Kopf- und andere Wunden. Die ganze Raubgeschichte, einschließlich der Plünderung des Karrens und des Einsackens der Waren, dauerte ungefähr eine halbe Stunde.

Als auf einen Pfiff sämtliche Räuber den Schauplatz verlassen hatten, arbeitete der am wenigsten beschädigte Johann Eisenhard mit Händen und Füßen, um sich von seinen Banden zu befreien. Es gelang ihm endlich, einen Fuß aus den Stricken zu winden, und nun lief er, mit immer auf den Rücken gebundenen Händen, und in der Meinung, dass sein Vater und Oheim erschlagen seien, nach Klein- und von da nach Groß-Rechtenbach. Unterwegs schnitte ihm der Schäfer von ersterem Ort die Stricke entzwei, womit seine Arme rückwärts geknebelt waren. In Kleinrechtenbach ist keine Kirche; in Großrechtenbach dagegen wurde die Sturm-Glocke geläutet. Die Gemeinden versammelten sich, und der junge Eisenhard kehrte um, und zog mit ihnen an den Platz zurück, wo die Gewalttat geschehen war.

Rechter Hand von der Chaussee fanden sie hier im Wald den beraubten Karn; der Gaul war an einen Baum gebunden. Alle Kasten waren erbrochen und leer gemacht; weit umher auf der Erde zerstreut lagen die Papiere, womit die Waren gepackt gewesen. Zehn bis zwölf Schritte von dem Karn, im Gebüsch, lag Philipp Eisenhard ohne Besinnung in seinem Blute.

Ludwig Eisenhard hatte sich, während sein Sohn nach den Ortschaften um Hilfe gegangen war, mühsam aufgerichtet, und nach Kleinrechtenbach zu fortgemacht. Durch einige Leute aus diesem Ort, welche auf die erste durch seinen Sohn erhaltene Nachricht herbeigekommen, war er unterwegs seiner Bande entledigt worden.

Soweit die Geschichte der Misshandlungen! Wir kommen auf den Wert der geraubten Sachen. Dieser beträgt, nach eidlicher Würdigung der Damnificaten, mit Einschluss baren Geldes, in Summa 2.332 Gulden 53 kr. Philipp Eisenhards Anteil an diesem Verlust macht 452 fl. 29 kr., der Ludwig Eisenhards 867 fl. 20 kr. der Johannes Eisenhards 225 fl. 40 kr. und der Adam Dallingers 787 fl. 24 kr.

Die Waren der Gebrüder Eisenhard und ihres Neffen bestanden meistens in wollenen Tüchern; besonders blauem, grauem und vorzüglich schwarzem Tuch. Die Stücke des Philipp Eisenhard waren mit P. E. die der Andern mit E. bezeichnet. Dallingers Waren bestanden in Spitzen, Seidenband, Borden, Leintuch, seidenen Tüchern, Sammet-, Leinen- und Wollenband; auch etwas Tabak, Kaffee und Zucker war darunter. Sämtliche geraubte Sachen wurden von den Räubern in Säcke getan; und auf den Münzenberger Hof gebracht. Hier verteilten sie das Geld, und nahmen von dem Tuchwerk usw. so viel, als sie zur neuen Kleidung für sich und ihre Konkubinen bedurften. Die Spezerei-Waren wurden teils verzehrt, teils, mit noch einigen andern, verschenkt; Alles übrige wurde an Münzenberger Juden verkauft, welche auf das Hofhaus kamen und die Sachen besahen. H* A* kaufte das Tuch, (besonders das schwarze) um bare 10 Carolin; das Bandwerk kaufte M* D* um 3 Carolins. Auch das s.g. T* M**chen hatte wahrscheinlich Anteil an dem Handel.

Der Herausgeber dieses hatte, als untersuchender Richter, von diesem, auf Herzogl. Nassauischem Gebiete vorgefallenen, Straßenraub nichts als allgemeine Notizen. Was er wusste, beschränkte sich darauf: die Tuchmacher Eisenhard von Niederkleen, welche ehedem in der, unter des Verfassers Direktion gestandenen, Zuchthaus-Spinnerei zu Gießen viele Wolle zum Behuf ihres Gewerbes spinnen lassen; hatten seit langer Zeit aufgehört, welche zu schicken, und doch führten sie keine Beschwerde. Ein Straßenraub, so hieß es, hatte sie in ihrem Geschäfte zurückgesetzt. Wo? Wann? und auf welche Art der Straßenraub geschehen? dieses ist nicht bekannt geworden; viel weniger war irgendeine Anzeige in Ansehung der Täter vorhanden. Diese bei Gelegenheit der hiesigen großen Räuber-Untersuchung zu entdecken, es koste es viel Muhe, als es wolle, war nunmehr sein eifriges Bestreben, – und den ersten Grund zu dem Gelingen legte die mit einigen Dirnen der Bande über das wollene Tuch ihrer Kleider angestellte Untersuchung. Jede Frage erregte Verlegenheit, jede Antwort führte weiter auf die Spuren des begangenen großen Raubes. Man erfuhr, dass Einige von denen welche das Tuch zu dieser Kleidung geraubt hatten, wirklich hier verhaftet waren. Es ergab sich, dass auch sie, – namentlich der Schwarze Jung und Conrad Anschuh, – noch Kleidungsstücke von geraubtem Tuch besaßen. Funks und Anschuhs Beischläferinnen gestanden, dass sie durch ihre Kerls von diesem Tuch gekleidet worden. Jetzt wurde die Untersuchung gegen die Hauptschuldige rasch angegriffen. Sie konnten nicht lange leugnen, und gaben ihre Gefährten an. Man teilte die hiesigen Aussagen nach Darmstadt mit, und auch der dort sitzende Johann Adam Heusner bekannte. Auch der später eingefangene und hierher gebrachte Lumpen-Jost wurde überführt und zum Geständnis gebracht. Nur Schoden-Heinrich, den man hauptsächlich um dieses Raubs willen von Bergen, wo er saß, hierher bringen ließ, war nicht zum Geständnis zu bringen.

Durch obigen Straßenraub wurden die Gebrüder Eisenhard und der Krämer Dallinger, welchen letzteren der Schrecken ein halbes Jahr bettlägerig machte, in die tiefste Armut versetzt. Jene waren nicht im Stand, den Arzt zu bezahlen, der zu Heilung ihrer Wunden von Butzbach herbeigerufen wurde, und die Gebühren mussten aus der Amtskasse berichtigt werden. Sämtliche Beraubte erhielten zwar, wie man amtlich benachrichtigt ist, ein unentgeltliches Darlehn von mehreren Hundert Gulden aus herrschaftlicher Kasse. Allein nie erhebt sich ihr Geschäfte zum vorigen Flor wieder, keine Aussicht öffnet sich ihnen zur Rückzahlung, und am übelsten daran ist der eine Eisenhard, dem die Misshandlungen seine Gesundheit geraubt, und Gesicht und Gehör auf eine, besonders seinem Geschäfte nachteilige, Weise geschwächt haben.

2.) Straßenraub bei Oberbessingen an dem Schultheiß von Münster, Amt Lich, Frühjahr 1809

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Bruchschneiders Hannes

Lumpen-Jost

Dicker Görg, Sohn des Mahnen-Hann-Görg

Joseph Edmund Kling aus Wetzlar, mit einer krummen Hand

Wilhelm N., Sohn des dicken Justus

Die bemeldeten Räuber hatten im Frühjahr 1809 einen nächtlichen Diebstahl zu Münster vor. Der Schultheiß war über Feld gegangen, und noch nicht zurückgekommen; die Nachtwache tat darum auch ihre Schuldigkeit; sie war überall bei der Hand die Diebe konnten nichts ausrichten, und hatten ihren Rückzug angetreten. Auf diesem begegnete ihnen bei Oberbessingen der Schultheiß Guntrum, der von Lich nach Münster zurückging, und nichts bei sich hatte, als sein weniges Taschengeld, und einen Büchsenranzen mit einigen Pfund Fleisch und etlichen Wecken. Die Räuber glaubten indessen größere Fische zu fangen, griffen den Mann an, und versetzten ihm einige Schläge auf den Kopf, der sich aber, zum Glück für ihn, durch Hut und Pelzkappe gedeckt befand, nahmen ihm sein Geld, den Büchsenranzen und die herabgefallene Kappe. Der Beraubte suchte noch an letzterer, welche er auf der Erde liegend glaubte, als die Räuber den Büchsenranzen, dessen Inhalt ihrer Erwartung nicht entsprach, wieder von sich warfen. Sie riefen dem Schultheiß zu: „Nimm ihn wieder, und sage nichts!“ In dem Geldbeutel des Schultheißen fanden sie nicht mehr, als 2 fl. 30 kr. Mit Einschluss der Kappe beträgt daher sein Verlust nur 4 fl. 50 kt.

3.) Versuchter Straßenraub bei Neustadt. Herbst

Teilnehmer:

Ludwig Funk

Heiden-Peter

Conrad Anschuh

Bruchschneiders Hannes

Zinngießers Hannes

Heiden-Andres (Zigeuner Andreas Sendomor)

Der Schwarze Jung gab den Anschlag zu diesem Unternehmen. Es sollten Krämer geplündert werden, die von dem Traiser Jahrmarkt zurückkamen. Die Räuber standen wirklich an; allein die Sache war nicht gehörig baldowert. Keiner von ihnen kannte die Krämer, auf die sie warteten, und von den Vorübergehenden wollte Niemand verraten, dass er etwas Sonderliches bei sich führe. Wahrscheinlich hatten die Krämer, geschreckt durch die damalige Unsicherheit, einen Umweg gemacht, und waren über die Ortschaften gezogen, um den Wald zu vermeiden. Der Schwarze Jung, dem die Zeit zu lang wurde, und den Schimpf einer misslungenen Expedition nicht ertragen konnte, entschloss sich, einen Vorübergehenden auf Grades wohl anzupacken. Allein die Übrige hielten ihn zurück, wollten einen gewaltsamen Angriff auf offener Straße, wegen der daraus entstehenden Gefahr für ihre Sicherheit, nicht auf Gradewohl unternehmen, und beschlossen, ihr Vorhaben, bis zu besserer Gelegenheit, zu verschieben.

4.) Tentierter großer Straßenraub in der Gegend von Gelnhausen [Ende Juni 1809]

Einige Tage nach dem Straßenraub bei Kleinrechtenbach (no. 1.) projektierten Hessen-Heinrich und sonstige Überrheiner ein anderes Unternehmen, und bestellten dazu die Bande, wohl gerüstet mit Schießgewehr usw. in der Gegend von Gelnhausen zu erscheinen. Nach der Aussage der hier sitzenden Mitschuldigen war es, so viel sie wissen, auf Metzger und Ochsenhändler abgesehen, welche den Heddersroder Markt besuchen wollten. Aus den Aussagen anderwärts verhafteten Teilnehmer scheint aber hervorzugehen, dass, – wenigstens die Anführer, – noch einen anderen Haupt-Coup vorhatten. Wahrscheinlich galt es damals zugleich dem neuen Beamten zu Eckardenrot, von dessen vorgehabten Beraubung mehrere von Darmstadt uns mitgeteilte Nachrichten sprechen. Die Räuber waren ihm wahrscheinlich aufsässig, weil er nicht in die Fußstapfen seines Vorfahren trat, und auf Anstiften eines Juden aus Eckardenrot selbst sollte ihm eine eben getane Erbschaft abgenommen werden. Soviel ist gewiss, dass sich aus der Menge der zu jenem Unternehmen zusammengezogener Personen, und aus den ganz ungewöhnlichen Rüstungen, welche die Anführer verordnet, – sie hatten jedem auf das schärfste anbefohlen, sich mit gutem Schießgewehr, als unumgänglich nötig, – zu versehen, – auf etwas mehr, als auf die vorgehabte Beraubung einiger Metzger, die man mit weniger Menschen, und ohne Schießgewehr zwingen konnte – schließen lässt. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass eine Chassne malochnet, (d.h. eine nächtliche Beraubung in einem Haus mit Sturm vorgenommen) werden sollte. Außer den s.g. Überrheinern, nämlich

Hessen Heinrich

Odenwälder Hann Adam

Überrheiner Wilhelm

Martin Rupprecht, Schwiegersohn des Porzellan-Hannes,

und mehreren Andern, bestand die Bande aus

Schoden-Heinrich

Hannjost Holzapfel

Schwarzem Jung

Heiden -Peter

Ludwig Funk

Anschuh und

Lumpen-Jost

Schon waren die genannten Räuber im Anzug begriffen, als eine Abteilung von ihnen, mit einem großen Teil der zur Ausführung nötigen Rüstung, auf Isenburg Büdingischem Gebiet, in der Gegend von Orlofshausen, der Streifung in die Hände fiel. Einige entsprangen, andere wurden ergriffen und hingesetzt. Unter letzteren war Ludwig Funk, der einen Büchsenranzen trug, worin fünf Pistolen und ein Karabiner sich befanden, welcher letztere für den Anführer Hessen-Heinrich bestimmt war; unter den Pistolen war die eine dem Schwarzen Jung, die andere Heiden-Peter, die dritte Anschuh, die vierte Funk und die fünfte Lumpen-Jost. More Solito wurden zwar die Arretierten, nach Abnahme der bei ihnen gefundenen verdächtigen Sachen, binnen 24 Stunden, mit einer Tracht Prügel wieder über die Grenze geschickt; allein die Bande war doch versprengt ; das Unglück drohende Gewitter war verteilt worden.

5.) Einbruch zu Kehna, bei Marburg. Um Neujahr 181.

Teilnehmer:

Ludwig Funk

Mardorfer Hannes (Müller)

Carl Friedrich Weidemann

Lumpen Andres, (Andreas Fischer)

Barthel (von der Velten)

Wert ungefähr 100 fl. Die Diebe brachen mittelst Meisel und anderer scharfen Eisen an verschiedenen Orten Gefache aus, konnten aber nicht durchkommen, weil alle Wände inwendig verbohlt waren. Sie suchten nun weiter, wo sie ankommen konnten, und fanden die Kuhstalltüre offen, welche die Hausmagd zu verwahren vergessen hatte. Aus dem Kuhstall kamen sie in die Küche und von da weiter in das Haus. Sie brachen einen eingemauerten Sudkessel aus, entwendeten weiter einen kupfernen Hängekessel, einen mit Messing beschlagenen Eimer, nebst sonstigen Gerätschaften und Effekten, und die im Rauch gehangene Würste von 5 Schweinen.

6.) Einbruch und Diebstahl zu Großenbuseck. 8/9. August 1809

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Heiden-Peter

Bruchschneiders Hannes

Heiden-Andres

Der Bestohlene heißt Philipp Wagner, Wert 26fl. 26kr.

7.) Einbruch und Diebstahl bei einem Krämer zu Rodheim, Land-Amts Gießen, Vor 2-3 Jahren

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Heiden Peter

Heiden-Andres

Bruchschneiders Hannes

Dieser Diebstahl geschah bei dem Krämer Brück zu Rodheim. Das Gestohlene bestand in leinen Tuch, allerlei Bandwerk, Schnüren, Kämmen usw., auch etwas Kleidungsstücken, Kaffee, Zucker und 3 fl. bar Geld. Heiden-Peter kaufte die Schnüren und sonstige Kleinigkeiten um einige Gulden aus der Gemeinschaft, und handelte damit. Wert 103 fl. 18 fr.

8.) Einbruch und Diebstahl zu Stangerod, A. Grün. 25/26. März 1810

Teilnehmer:

Conrad Anscchuh

Johann Justus Diez

Dicker Hann-Görg, Sohn des Mahnen-Görg

Joseph Kling, aus Wetzlar

Rotköpfige Nette, aus der Gegend von Siegen

Das Gestohlene bestand meistens in Kleidungsstücken, Wäsche und Garn. Der Bestohlene wurde während des Diebstahls munter und öffnete seine Türe; allein es wurde ihm ein Birkenstock mit der Drohung vor die Stirne gehalten: dass er erschlagen werden solle, sofern er nicht ruhig bleibe. Er zog sich also zurück, und wartete ruhig seine Plünderung ab. – Man fand, nach Abzug der Bande, auf des Mannes Boden, einen Haufen glühender Asche, der von gebrannten Lumpen herrührte, womit die Diebe geleuchtet hatten. – Der Wert des Gestohlenen ist eidlich angegeben auf 71 fl. 58 kr.

Schwarzer Jung hatte den meisten Vorteil von diesem Diebstahl. Er übernahm den größten Teil der Sachen zu verkaufen; brachte aber den Kameraden dafür nur wenige Gulden. Zum Vorwand bediente er sich, dass er sie einem Kochemer Bayser (Diebsherberger) zu Garbenteich um diesen geringen Preis verkauft habe. Im Grund aber hatte er sie in seinen eignen Nutzen verwendet, und zum Teil der rotköpfigen Nette geschenkt, welche den Diebstahl ausgesehen hatte, und damals seine Geliebte war.

9.) Einbruch und Diebstahl zu Niederweisel. 19/20. April 1810. (S. VIII.)

Der Diebstahl geschah bei dem Einwohner Philipp Haupt dem 4ten. Das Gestohlene bestand in Dörrfleisch, einem Südkessel, Garn und Zinn, und wurde auf 84 fl. 41 fr. eidlich gewürdigt. Auch zu diesem Diebstahl hatte Nette die Gelegenheit ausersehen.

10.) Diebstahl zu Hochweisel. Sommer …

Teilnehmer:

Heiden-Peter

Conrad Anschuh

Bruchschneiders Hannes

Wert 25 fl. 14 kr. Es wurde bei diesem Diebstahl ein Kessel ausgebrochen, Zinnwerk u. dergl. entwendet. Der Bestohlene, Conrad Wächtershäuser, gibt an: Noch bis diese Stunde könne er nicht begreifen, wie die Diebe in sein Haus gekommen, sie hätten zwar den Einbruch versucht, – hiervon habe man die Spuren noch an seinem Haus gefunden, – allein ebenso habe der Augenschein bewiesen, dass ihnen der Einbruch nicht gelungen sei, weil sein Haus inwendig verbohlt gewesen; sie müssten also zur Haustüre hineingekommen sein, welche des Morgens nach dem Diebstahl aufgestanden, wie aber dieses möglich gewesen, sei ihm unbegreiflich, da er selbst noch Abends gegen die Haustüre wohl verschlossen habe.

Die Sache ging aber, wie wir aus den hiesigen Geständnissen wissen, ganz natürlich zu. Der Mann hatte die Haustüre zwar gut verschlossen allein statt den Schlüssel mitzunehmen, solchen inwendig an die Türe gehängt. Wie nun die Diebe den versuchten Einbruch vereitelt sahen, probierten sie die Türe zu öffnen. Der Schlüssel war heruntergefallen, und einer der Diebe griff durch das an der Türe angebrachte Hühnerloch, um ihn zu suchen; er fand ihn wirklich, und die Türe wurde so mit Bequemlichkeit geöffnet. Die Diebe behielten nachher den Schlüssel bei sich, – wahrscheinlich in der Absicht, um künftig noch eine Probe damit zu machen.

11.) Dreifach qualifizierter Zinn-Diebstahl auf der Mühle bei Rockenberg. Um Johannis-Tag 1809

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Heiden-Peter

Ludwig Funk

Lumpen Jost

Geislipsen Michel (Michael Schäfer)

Die Diebe stiegen auf einer Leiter Stockwerkshoch in die Höhe, und brachen mit Hilfe eines Meisels ein. Heiden-Peter führte eine Pistole. Das gestohlene Zinnwerk, eidlich taxiert auf 33 fl. 20 kr. war meistens mit den Buchstaben J. W. (Johannes Wolf, dem Namen des Eigentümers) bezeichnet, und über solchen war ein Müllerwappen, mit etwas Laubwerk darunter, eingegraben. Dieses Zinn, (so wie die bei dem vorhergehenden Diebstahl entwendete Sachen) wurde an Münzenberger Juden, (angeblich S** Söhne) verkauft. Auf dem Weg, den die Diebe einschlugen, wurden drei Schwefelhölzer gefunden.

12.) Diebstahl eines Brandwein-Geschirrs mit Einbruch zu Lehrbach, Amts Kirdorf, 23/24. Juli 1809

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Ludwig Funk.

Bruchschneiders Hannes

Zinngießers Hannes

Wert allerwenigstens 50 fl.  Das Kupfer kam an den als Schärfenspieler bekannten Juden L* M* im Rülfenrod.

13.) Wollen- Tuch-Diebstahl zu Grünberg. Frühjahr ..

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Lumpen Jost

Friedberger Karl, (in Marburg verhaftet.)

Wert 66 fl. Das gestohlene graue Biebertuch war dem Tuchmacher Carl Ludwig Bischoff zu Grünberg, und wurde vor dem Ort von den Rahmen abgeschnitten. Der Schwarze Jung sah die Gelegenheit aus. Er bot seinen Anteil zuerst dem Juden H* A* zum Verkauf an. Dieser bot ihm aber zu wenig, daher behielt er ihn für sich, und was er nicht brauchte, schenkte er der Nette. Anschuh verkaufte seinen Anteil an Joh. R** zu Steinbach, einen Diebsherberger, die Elle zu 48 kr. Lumpen-Jost ließ sich von seinem Anteil Kleidung machen. Was der Friedberger Karl mit dem seinen angefangen, ist unbekannt.

14.) Einbruch und Kessel-Diebstahl zu Bettenhausen Amts Hungen. August 1809

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Bruchschneiders Hannes

Heiden- Peter

Wert. 8 fl.

15.) Einbruch zu Dorfgill, A. Hungen, Um Johannis Tag 1809

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Ludwig Funk

Lumpen-Jost

Heiden-Peter

Das Gestohlene bestand in einem Waschkessel und einigen Stücken Tuch. Wert 28 fl. Heiden-Peter führte bei diesem Diebstahl eine Pistole.

16.) Einbruch zu Rabertshausen; A. Nidda, Um Petri Tag 1810

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Joseph Kling, aus Wetzlar

Lumpen-Jost

Das Gestohlene bestand in wenigstens 80 Pfd. Speck und Dörrfleisch, etwas wenigem Zinn und etwa 6 Pfd. Schweine-Schmalz. Wert 34 fl. 42 kr.

27.) Einbruch zu Lehnheim, A. Grünberg, Juli 1809

Teilnehmer:

Conrad Anschuh

Ludwig Funk,

Geschah mittelst Ausbrechung eines Gefachs und Vergiftung des Hofhundes. Es wurde ein kupferner Kessel von etwa 12 Eimern, nebst dem darin zur Wasche befindlichen Weißzeug, und eine Quantität geräuchertes Fleisch aus der Küche entwendet. Der Kessel wurde an eine Juden-Witwe zu Rüdingshausen verkauft. Summa des Wertes 65 fl.

18.) Tentierter, aber nicht gelungener Diebstahl eines Braukessels zu Oberwiddersheim. 1809

Teilnehmer:

Hessen Heinrich

Heiden-Peter

Conrad Anschuh

Schoden-Heinrich

Ludwig Funk

Lumpen-Jost

Dieser Diebstahl war von einem Münzenberger Juden angegeben. Wegen des Bellens eines Hundes, und der Dicke der zu durchbrechenden Mauer, mussten die Diebe, die wegen Müdigkeit schon den größten Teil der Nacht in der Nähe verschlafen hatten, von der Ausführung des Vorhabens abstehen.

19.-20.) Zwei Einbrüche und Diebstähle in einer Nacht, zu Rödches, A. Hungen

In der Nacht auf den Ostern-Sonntag 1810

Teilnehmer:

Lumpen-Jost

Bruchschneiders Hannes

Joseph Kling aus Wetzlar

Dicker Görg, Sohn des Mahnen-Hann-Görg

Der eine Diebstahl betraf den Einwohner Alexander Carl. Die Diebe brachen mit einem Meisel ein Loch neben der Haustüre, griffen hindurch und öffneten solche. Sie stahlen von des Mannes Oberstube seine und seiner Frau sämtliche Kleidung, viele Hemden und ein Knotentuch. Der Wert beträgt laut eidlicher Würdigung 135 fl.

Der andere Diebstahl betraf den Einwohner Johannes Emmerich, Nachbar des Vorigen. Ihm wurde mittelst Einbruch ein Waschkessel, 25 fl. Wert, und eine Holzaxt entwendet.

21.) Gänse-Diebstahl zu Beuern, Busecker Tal

Teilnehmer: Lumpen Jost, Es sollen der entwendeten Gänse 3 gewesen sein.

22.) Qualifizierter Diebstahl eines Braukessels zu Ebsdorf, im Werra-Departement, Königreichs Westphalen, Sommer 1804.

Die Teilnehmer s. XXIV. n. 1. Wert 90 fl. 27 1/2 kr. Die Diebe waren mit einer Pistole und mit einem Säbel bewaffnet.

23.) Diebstahl dreier Schafe aus dem Pferch bei Kirtorf

Teilnehmer:

Heiden-Peter

Heiden-Andres

Bruchschneiders Hannes

Ludwig Funk

Conrad Anschuh

Wert 38 fl.

Viele, meistens ganz andere Diebstähle, hatte Inquisit bei der zu Burggemünden geführten General -Inquisition eingestanden, hier aber hartnäckig widerrufen. Noch anderer Verbrechen, worunter sich der berüchtigte große Raub in dem Pfarrhaus zu Kirchberg ( 2 Stunden von Gießen an der Landstraße nach Marburg) und ein Straßenraub auf der langen Meile, bei Homburg a. d. Höhe, (20ten Sept, 1810) auszeichnen, – ist derselbe in den Akten bezichtigt. Allein aller angewandten Mühe ungeachtet, war er nicht zum Geständnis zu bringen. Auch beruht die erste Bezichtigung bloß auf einer Aussage des in Marburg verhafteten Jost Mein, welcher von dem s. g.  Kölnischen Wilhelm (Krauskopf, eigentlich Wilhelm Meyer,) gehört haben will, dass dieser Raub von diesem und mehreren Räubern der Wetterauer Bande, wovon ihm indessen bloß noch der Schwarze Jung namentlich beifalle, verübt worden. Wir haben allerdings, auch aus anderen datis, Ursache zu glauben, dass bei diesem Raub Räuber von der Wetterauer Bande gewesen sind; allein wir haben noch mehr Gründe, auf unserer anfänglichen Meinung zu beharren, dass die Haupt-Anführer von der Brabanter Bande waren, und dass die Wetterauer Gehilfen nur als Jungens dazu angeworben worden. Und so lässt es sich auch erklären, warum man hier, wo keiner der Brabanter verhaftet ist, nicht zum unumwundenen Geständnis gelangen kann. – Die andere Bezichtigung gegen den Schwarzen Jung wegen Teilnahme an dem Straßenraub auf der langen Meile, beruht auf einer Angabe des in Heidelberg gesessenen Hölzerlips. Indessen war dieser bei dem Straßenraub nicht selbst zugegen, und will zwar die Räuber von der Expedition haben zurückkommen sehen, gesteht jedoch, dass er nicht völlig gewiss sei, ob der Schwarze Jung, wie er meint, darunter gewesen. Wirklich ist die Angabe auch um deswillen etwas unwahrscheinlich, weil der Schwarze Jung schon am 14ten Sept. 1810 in der Frühe, also am 4ten Tag nach dem Raub, bei Ulrichstein im Vogelsberg arretiert worden, ohne dass man etwas bei ihm gefunden, das die Teilnahme an jenem Raub verraten hätte, – Doch hat späterhin auch der in Heidelberg gesessene Veit Krämer, – der aber bei dem Raub so wenig als Hölzerlips zugegen gewesen sein will, – den Inquisiten ebenfalls unter denjenigen genannt, die im Zurückkommen von jenem Raub zu ihm und Konsorten auf dem Feuerplatz gestoßen seien. Auch diese Angabe ist indessen nur auf Vermutung gegründet, und es lässt sich umso weniger darauf bauen, weil es möglich ist, dass sie durch die Suggestion des Hölzerlips ist bewirkt worden.

Den 14ten May 1812 wurden die Untersuchungs-Akten gegen den Schwarzen Jung, in VII. dicken Bänden, zur Entscheidung an Großherzogl. Hofgericht eingeschickt, – und mit solchen I. weiterer Fascikul Untersuchungs-Akten, seine Beischläferin und deren Sohn betreffend. Noch ist das Urteil nicht gefällt.