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Vorbericht

Actenmäßige Nachrichten von dem Räubergesindel in den Maingegenden, dem Odenwald und den angrenzenden Ländern Besonders in Bezug auf die in Darmstadt in Untersuchung befindlichen Glieder desselben Von C.F. Brill, Großherzogl. Hessischem Kriminal-Richter zu Darmstadt. Zweite Abtheilung. Darmstadt 1815

Wenn die zweite Abtheilung der Aktenmäßigen Nachrichten  zuerst jetzt erscheint, so glaubt der Verfasser, insofern an ihm die Veranlassung dazu liegen kann, zu seiner Entschuldigung bei dem Publico anführen zu müssen, dass seine überhäufte Dienstgeschäfte ihm nur wenig Nebenstunden übrig lassen, die er auf die Arbeit verwenden konnte, und dass außerdem schon längere Zeit anhaltende Kränklichkeit ihn außer Stand setzen mit voller Tätigkeit zu arbeiten; neben diesen Verhältnissen verspätete die Erscheinung der 2ten Abtheilung auch noch der Umstand , dass bei manchen Verbrechen die Verifikations- Protokolle längere Zeit zurück blieben, neue Verbrechen eingestanden wurden, oder durch andere Angaben sich entdeckten ; der Verfasser aber wünschte, das Resultat hinsichtlich der vorgekommenen Verbrechen so vollständig als möglich dem Publico vorzulegen. Da noch neuerdings verschiedene wichtige Verbrechen gegen Johannes Lehn angegeben worden sind, deren Untersuchung besonders hinsichtlich der noch in Freiheit sich bis daher befunden gehabten Teilnehmer noch nicht so weit gediehen ist, dass sie öffentlich mitgeteilt werden konnte, da dies der nämliche Fall mit der Untersuchung gegen den – als Räuber nicht weniger berüchtigten-, Bruder des Johannes Lehn ist , und sich überdies mit Grund erwarten lässt, dass noch weitere bedeutende Verbrechen und ihre Urheber in der Folge dieser Untersuchungen werden entdeckt werden , die bis jetzt noch nicht zum Vorschein gekommen sind , so hätte der Verfasser selbst gewünscht das Erscheinen der 2ten Abtheilung noch so lang zurückhalten zu können, bis die weitere Resultate der Untersuchung auch darin hätten aufgenommen werden können, allein eines Theils drang der Verleger auf das Erscheinen; und andernteils war der Verfasser an die bestimmte Anzahl von Bogen gebunden, so dass auch außerdem manches wegbleiben musste, was er gerne mit aufgenommen gehabt hatte.

In der 1sten Abtheilung ist bei dem pag. 68 erzählten intendierten gewaltsamen Einbruch und Raub bei dem Beamten von Eckardenroth bemerkt, das dieser der nämliche gewesen sei, von dem schon Keil in seiner aktenmäßigen Geschichte erwähne, dass er den Räubern Schutz gewähre. Diese Bemerkung gründete sich teils auf die Angaben der Räuber, teils auf von ihnen angegebene sonstige Tatsachen , die nichts anders annehmen ließen, als dass der Beamte, auf den es abgesehen gewesen, kein anderer sein könne, als jener. Nach, dem Verfasser von dem jetzigen Freiherrlich von Hutrischen Amtmann Herrn Rullmann zugekommenen Nachrichten , ist aber er gewesen, auf dessen Beraubung es abgesehen war; und da dieser Mann gerade das Umgekehrte von seinem Dienstvorfahren ist, so hält der Verfasser es für Schuldigkeit jene Bemerkung zurück zu nehmen.

Dem Rezensenten der 1sten Abtheilung in n. 71 der Heidelberger Jahrbücher von vorigem Jahr dankt der Verfasser, dass er die Arbeit einer näheren und sorgfältigen Prüfung unterworfen hat.

Sind die Ansichten und Meinungen des Rezensenten mit den seinigen hinsichtlich der bei dem Vortrag der Verbrechen gewählten Methode und der in der Einleitung vorgeschlagenen Polizei – Maßregeln verschieden; so will er darüber weiter mit demselben nicht rechten sondern erklärt vielmehr, dass er das Gute behalten und anwenden wird. Das wird aber dem Verfasser gegen die Anregung des Rezensenten zu bemerken erlaubt sein, dass bei der ehemaligen Einrichtung von Deutschland, bei der, namentlich im Odenwalde, die Territorien beinahe jede Stunde Wegs sich durchkreuzten, auch die besten Polizei- Maßregeln in dem hiesigen Staat eben so wenig allen Erfolg haben konnten, wie dies in den übrigen Staaten Deutschlands auch nicht der Fall war, Die Ortschaften in denen die Räuber besonders hausten und ihre Kochemer Baisen hatten, gehörten sämtlich kleineren Ständen, und wo das Unwesen so weit eingerissen war, dass die Räuber, wie namentlich zu Albersbach und Rimbach, in Trupps zu 20 und 30 Köpfen hausten und Aufenthalt hatten , da ist es nichts Leichtes das Uebel mit der Wurzel auszureißen. In andern Staaten hatten die Räuber noch mehr ihre vertrauten Häuser als in dem hiesigen und haben sie zum Theil noch, nur dass sie dort noch nicht so entdeckt und ausgerottet werden konnten, wie die da hier geführte Untersuchung für die hiesige Provinz dazu Gelegenheit gab.

In den althessischen Landesteilen trieben sich die Räuber auch früher wenig herum, und auch in den neuen Landesteilen besteht in Beziehung auf öffentliche Sicherheit in neuerer Zeit ein Zustand ; wie er vielleicht in wenig andern Staaten gefunden wird und dies bewirken doch wohl vorzüglich die bestehende Polizei- Einrichtungen.

Selbst- und Prahlsucht sind so wenig Fehler des Verfassers – und er darf sich schmeicheln, dass er dieses schon bei so vielen Gelegenheiten bestätigt hat – dass er den ihm deshalb von dem Rezensenten wegen dessen; was er von der hier eingeleiteten Untersuchung gegen Veit Krämer gesagt hat, gemachten Vorwurf ganz unbekümmert auf sich beruhen lassen kann. Irrig ist aber der Rezensent, wenn er glaubt, Veit Krämer sei auf die Ausschreiben des Amts Weinheim verhaftet und an das hiesige Kriminal -Gericht nur zur Auslieferung an dasselbe abgegeben worden.

Wie Veit Krämer verhaftet wurde, war man hier von dem vorgefallenen Raubmord zwischen Hemsbach und Laudenbach noch gar nicht unterrichtet. Die Veranlassung zu der Arretierung war vielmehr eine früher von dem Verfasser gegen verschiedene Einwohner von Sickenhofen, weil sie mehrere Kerls, gegen die man damals schon Verdacht hatte, dass sie Urheber des bei Pfister 1ster Thl. pag. 63 vorkommenden Raubangriffs gewesen seien, und unter denen namentlich Veit Krämer, Steffen Hölzerlips, etc. sich befanden, beherbergt hatten ; und gegen den Orts-Schultheißen wegen bezeigter Nachlässigkeit in Handhabung der Polizei, geführte Untersuchung. Die aus dem Wald zurückkehrenden Kinder hatten den Veit Krämer als einen jener Kerls erkannt, und der Schultheiß auf die von dem Aufenthalt der Kerls in dem nahen Wald erhaltene Nachricht denselben nachsetzen lassen , um seinen früheren Fehler wieder gut zu machen. Die

Einlieferung des damaligen Valentin Schmitt an das hiesige Peinl. Gericht war schon verfügt, als dem Verfasser das Verzeichnis von den bei dem Raubmord entkommenen Gegenständen zukam. Er teilte dem Beamten von Babenhausen dieses Verzeichnis sogleich mit, um die bei dem Arrestanten vorgefundene Effekten und namentlich das Leibgerät nach den Zeichen, die in dem Verzeichnis bemerkt waren, zu vergleichen, damit, wenn diese Zeichen; wie zu vermuten sind, schon ausgetrennt waren , die Spuren davon nicht unerkenntlich werden mögten.

Es ist daher wohl sicherlich keine Anmaßung gewesen, wie der Rezensent es hinzustellen sucht , wenn der Verfasser nach Einlieferung des Veit Krämers, nachdem er sich selbst davon überzeugt hatte , dass die Effekten höchstwahrscheinlich von den Geraubten seien, denselben sogleich ins Verhör nahm, und ihn zu einem Geständnis der Tat und seiner Komplizen zu bestimmen suchte, besonders wenn man dabei in Anschlag bringt, dass die mögliche Einfangung der Letzteren mit bezweckt wurde.

Das Großherzogl. Badische Amt Weinheim , so wie der nachherige Untersuchungs-Richter Herr Stadt-Direktor D. Pfister, dürften schwerlich die von dem Verfasser beobachtete Handlungsweise für Anmaßung oder Eingriffe in ihr Geschäft angesehen haben.

Es ist wohl Niemand, der die Verdienste des Herrn Stadt- Direktor D. Pfister, auf dessen Freundschaft der Verfasser ohnehin so viel Wert setzt, und des Herrn Hofgerichtsrat von Grolman mehr erkennt, als der Verfasser, allein er glaubt deshalb doch das, was das Resultat seiner Bemühung ist, in Anspruch nehmen und daher wohl anführen zu dürfen,  ohne dem Vorwurf von Selbstsüchtigkeit und Ostentation ausgesetzt zu seien, dass namentlich durch die Gießer Untersuchung der hiesigen keineswegs vorgearbeitet worden ist.

Über die Bemerkung, welche Rezensent über die Dauer der Untersuchung, ob zu des Verfassers Zurücksetzung oder nicht, lässt er dahin gestellt sein, …, hat er nichts zu sagen, als dass er den Rezensenten wenn es hier der Ort wäre,  leicht überzeugen könnte dass sie bei den andern zu gleicher Zeit vorgekommenen, nicht damit in Verbindung gestandenen Untersuchungen nach der Zahl der vorgekommenen Verbrechen und Inquisiten , wozu namentlich alle in dem Werk vorkommende Diebsheeler und Schärfenspieler gehören, insofern sie Eingesessene der hiesigen Provinz sind, in der möglichst kürzesten Zeit geführt und beendigt worden ist, und dass sie zum wenigsten der Pfisterischen,  noch der von Grolmann’schen, an Legalität, Gründlichkeit und Umfassung nicht nachstehen wird.

Hätte der Verfasser die Untersuchungen gegen alle vorgekommenen Inquisiten in das Werk aufnehmen wollen ; so würde er leicht noch eine schöne Anzahl haben aufführen können 3 allein was können ein Paar unbedeutende Diebstähle, die einem oder dem andern zur Last kommen, oder Lebensbeschreibungen von Individuen für Interesse haben, bei denen zum wenigsten Feine bedeutendere Verbrechen erwiesen sind!

Die Bemerkung, die übrigens Rezensent über die Beschreibung der Teilnehmer an einem Verbrechen in dem Kontext macht, findet der Verfasser wie er gern eingesteht, sehr gegründet, nur konnte der Fehler bei Grasmann nicht mehr abgeändert werden, da der Druck bereits vollendet war; wie ihm die Rezension zu Gesicht kam.

Darmstadt – den 14ten Juni 1815